rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erweiterung des Prüfungszeitraums; Nachkalkulation bei Speisegaststätte
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird der Prüfungszeitraum auf vorangehende Jahre erweitert, hat das FA grundsätzlich den zeitlichen Umfang der Außenprüfung nach seinem Ermessen zu bestimmen. Das Ermessen des FA ist allerdings durch die BpO eingeschränkt. Die Erweiterung des Prüfungszeitraums muss substantiiert begründet werden.
2. Die Erweiterung des Prüfungszeitraums darf an den bei Vorliegen etwaiger Steuerstraftaten erweiterten Festsetzungsfristen entsprechend § 169 Abs. 2 Satz 2 AO orientiert werden.
3. Eine vom FA erstellte Nachkalkulation in Form einer "Ausbeutekalkulation", bei der übliche Schank-, Abfall- oder Putzverluste in ausreichendem Maß berücksichtigt sind, ist grundsätzlich geeignet, Grundlagen für die Besteuerung eines Speisegaststättenbetriebs zu ermitteln und damit auch eine Aussage darüber zu treffen, ob die erklärten Umsätze zu niedrig angegeben wurden.
Normenkette
BpO § 4 Abs. 3 S. 2; AO 1977 § 169 Abs. 2 S. 2, §§ 196, 5, 162
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte eine bei der Klägerin laufende Betriebsprüfung auf weitere Zeiträume ausdehnen darf.
Die Klägerin betreibt drei italienische Speiserestaurants (A, B, C). Am 04.09.1998 ordnete der Beklagte eine Betriebsprüfung an, mit der er den Prüfungszeitraum auf die Jahre 1995 bis 1997 bestimmte.
Die Prüfung begann am 26.10.1998. Am 21.01.1999 fand zwischen dem Prüfer und dem steuerlichen Berater der Klägerin in dessen Büro eine Besprechung statt. Danach fanden weitere Prüfungshandlungen nicht mehr statt. Am 02.02.1999 leitete sodann die Bußgeld- und Strafsachenstelle gegen die beiden Gesellschafter der Klägerin ein Strafverfahren ein. Aufgrund des Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts vom 15.02.1999 wurden am 24.03.1999 die Betriebsräume der Klägerin von der Steuerfahndung durchsucht. Daraufhin erließ der Beklagte am 16.04.1999 eine ergänzende Prüfungsanordnung, mit der der Prüfungszeitraum auf die Vorjahre 1989–1994 ausgedehnt wurde. Zur Begründung der Erweiterung führte der Beklagte an, es sei mit nicht unerheblichen Steuernachforderungen zu rechnen und es bestehe der Verdacht einer Steuerstraftat.
Gegen die ergänzende Prüfungsanordnung legte die Klägerin am 19.04.1999 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 26.05.1999 als unbegründet zurückwies. In dem anschließenden Klagverfahren 200123K 2 vertrat das Finanzgericht die Auffassung, die in der Einspruchsentscheidung enthaltenen Ermessenserwägungen gäben Anlass zu Zweifeln darüber, ob sie hinreichend deutlich machten, aus welchen Gründen die Prüfunganordnung um die vorangegangenen Jahre ergänzt worden sei.
Daraufhin hob am 10.08.1999 der Beklagte die erweiterte Prüfungsanordnung vom 16.04.1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.05.1999 auf und erließ gleichzeitig eine erneute erweiterte Prüfunganordnung. Damit endete das Klageverfahren vor dem Finanzgericht. Auf den Inhalt der erneuten erweiterten Prüfungsanordnung vom 10.08.1999, mit der der Beklagte die Ausweitung der Prüfung auf Vorjahre im wesentlichen mit dem Hinweis auf die nach seiner Meinung feststellbaren Kalkulationsdifferenzen in den Jahren des ursprünglichen Prüfungszeitraums begründete, wird Bezug genommen. Gegen die erneute erweiterte Prüfungsanordnung legte die Klägerin am 18.08.1999 mit der Begründung Einspruch ein, nach ihren eigenen Ermittlungen seien Kalkulationsdifferenzen in den Jahren 1995 bis 1997 praktisch nicht gegeben. Sie bezog sich dazu auf eine von ihr gefertigte Einzelkalkulation des Restaurants A, aus der sich nach ihrer Auffassung lediglich eine geringfügige Differenz zwischen kalkuliertem und tatsächlich erzieltem Umsatz ergeben soll. Die Klägerin meint, der Beklagte sei deshalb nicht berechtigt gewesen, den Prüfungszeitraum zu erweitern. Auf den Inhalt der Einspruchsbegründung wird Bezug genommen.
Mit der Einspruchsentscheidung vom 20.03.2000 beschränkte der Beklagte die Ergänzung der Prüfungsanordnung auf die Jahre 1989–1992, da die Jahre 1993 und 1994 zwischenzeitlich von der Steuerfahndungsprüfung erfaßt wurden. Im übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, aufgrund der bisherigen Betriebsprüfung seien Mängel der Buchführung, geringe Rohgewinnaufschläge und Gelder, deren Herkunft nicht nachgewiesen worden sei, festgestellt worden. Schon danach seien nicht unerhebliche Steuernachforderungen, nämlich mehr als DM 3.000 pro Veranlagungszeitraum, zu erwarten. Aufgrund des sich daraus ergebenden Gesamtbildes der Verhältnisse sei zu erwarten, dass sich dieses Ergebnis auch in den davor liegenden Jahren einstellen werde. Außerdem erhärte die Auswertung der durch die Steuerfahndung beschlagnahmten Registrierkasse den Verdacht einer Steuerhinterziehung. Soweit die Steuerfahndungsstelle wegen der Strafverfolgungsverjährung für die Jahre 1989 bis 1992 kein Strafverfahren eingeleitet habe, führe dies nicht zur Unzulässigkeit der Erweiterung des Prüfu...