Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollschuldentstehung bei Entfernung einer sich in vorübergehender Verwahrung befindender Ware vom Verwahrungsort. Ausübung des Auswahlermessens bei Gesamtschuldnern. Zollrecht
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Ware, die sich im Status der vorübergehenden Verwahrung befindet, wird der zollamtlichen Überwachung i.S. von Art 203 ZK entzogen, sobald sie vom Verwahrungsort entfernt wird, ohne dass die zuständige Zollbehörde dem zugestimmt oder die Ware durch Anmeldung zu einem bestimmten Zollverfahren eine zollrechtliche Bestimmung erhalten hat.
2. Bei einer Zollschuldentstehung nach Art. 203 ZK hat das FA zu prüfen, ob weitere Personen als Schuldner dieser Zollschuld in Betracht kommen und gegebenenfalls eine Auswahl bei der Heranziehung zu treffen und zu begründen.
Normenkette
ZK Art. 203 Abs. 3, Art. 204, 236, 239, 213; ZKDV Art. 859 Nr. 5; AO 1977 §§ 5, 44
Nachgehend
Tenor
Der Steuerbescheid vom in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt eine Spedition. Mit ihrer Klage wendet sie sich gegen die Festsetzung von Eingangsabgaben gegen sie als Zollschuldnerin, die der Beklagte darauf stützt, dass der für den Weitertransport eingesetzte Fahrer Waren, die bei der beauftragten Fa. … angeliefert, von dieser gestellt und summarisch angemeldet und dieser damit zur vorübergehenden Verwahrung überlassen worden waren, anweisungswidrig nicht bei der Zoll-Abfertigungsstelle zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren angemeldet hat, obwohl der Beklagte per Stempelaufdruck auf dem bei ihm vorgelegten Versandpapier T-1 angeordnet hatte, „durch Anmelder an Amtsstelle vorzuführen”.
Im Auftrag der Klägerin gestellte die Fa. …, die Zugelassener Empfänger ist, eine Sammelgut-Sendung mit 771 Kartons aus China beim Zollamt Industriehafen und meldete diese am summarisch an.
Für den Weitertransport zur Fa. …, erstellte die Klägerin eine Versandanmeldung T-1 und legte diese dem Zollamt -hafen vor. Dort wurde das Versandpapier unter der VAB Nr. registriert. Das Papier erhielt den Aufdruck
Hauptzollamt
- Zollamt -hafen -
Durch den Anmelder
an Amtsstelle vorzuführen
und die Fa. … wurde – entsprechend einer zwischen der Zollverwaltung und der Fa. … getroffenen generellen Vereinbarung – durch einen Laufzettel über diese Vorführverpflichtung informiert.
Der Fahrer des von der Fa. … mit dem Weitertransport beauftragten Fuhrunternehmens unterschrieb jeweils am gleichen Tag die Übernahme der Sendung in Kenntnis ihrer Zollguteigenschaft und die Verpflichtung, das Zollgut unverzüglich und unverändert dem Zollamt -hafen vorzuführen. Gleichwohl transportierte er die Waren ohne Vorführung direkt zur Fa. …, die am eine summarische Anmeldung beim Hauptzollamt, Zollamt Abfertigungsstelle abgab.
Mit Schreiben vom teilte die Klägerin dem Beklagten mit,
„Bis auf 2 Sendungen wurden alle Partien zum freien Verkehr beim Zollamt abgefertigt, die F-Nummern sind auf der anliegenden Ladeliste vermerkt. Eine Partie wurde auf Versandschein abgefertigt, die zweite der Spedition übergeben.”
Mit Steuerbescheid vom, wegen hier nicht interessierender Umstände geändert am und am nahm der Beklagte die Klägerin auf Zahlung von zuletzt DM … gem. Artikel 204 VO Nr. 2913/92 (ZK) in Verbindung mit Artikel 184 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2454/93 (ZK-DVO) in Anspruch. Den Einspruch der Klägerin wies er mit Einspruchsentscheidung vom
zurück. Dagegen hat die Klägerin am Klage erhoben.
Sie wendet – bezugnehmend auf das Parallelverfahren 299326K 3 – gegen die Festsetzung der Eingangsabgaben im wesentlichen ein, sie sei nicht Zollschuldnerin geworden, da die Pflichten aus der vorübergehenden Verwahrung nicht sie, sondern die Fa. getroffen hätten und die Waren auch nicht ihr mit der Verpflichtung zur Vorführung übergeben worden seien, sondern dem Fahrer. Dessen fahrlässiges Verhalten sei unbeachtlich. Außerdem hätten die Bescheide nicht erlassen werden dürfen, weil die Verfehlung sich wegen der unstreitigen Ausfuhr in ein Drittland auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung nicht wirklich ausgewirkt habe und dem Fiskus demzufolge kein Nachteil entstanden sei.
In der Erörterung in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, der Beklagte habe die Steuerbescheide auf die falsche Rechtsgrundlage gestützt. Allerdings könne die Klägerin nicht mehr nach Artikel 203 VO Nr. 2913/92 (ZK) herangezogen werden, da die erforderliche Ausübung des Auswahlermessens bei der Heranziehung der mehreren möglichen Schuldner dieser Steuerschuld nicht nachgeholt werden könne.
Die Klägerin beantragt,
die St...