Entscheidungsstichwort (Thema)
Entstehen der Zollschuld
Leitsatz (redaktionell)
Eine Ware, die sich im Status der vorübergehenden Verwahrung befindet, wird der zollamtlichen Überwachung entzogen, sobald sie vom Verwahrungsort entfernt wird, ohne dass die zuständige Zollbehörde dem zugestimmt oder die Ware durch Anmeldung zu einem bestimmten Zollverfahren eine zollrechtliche Bestimmung erhalten hat.
Normenkette
ZK Art. 203 Abs. 3, Art. 204; ZKDV Art. 895 Nr. 5, Art. 184 Abs. 2; ZK Art. 236, 239; EWGV 2913/92 Art. 203 Abs. 3, Art. 204, 236, 239; EWGV 2454/93 Art. 895 Nr. 5, Art. 184 Abs. 2
Tatbestand
Die Klägerin betreibt eine Spedition. Mit ihrer Klage wendet sie sich in zwei Fällen gegen die Festsetzung von Eingangsabgaben gegen sie als Zollschuldnerin, die der Beklagte darauf stützt, daß der für den Weitertransport eingesetzte Fahrer Waren, die bei der beauftragten Fa. T angeliefert, von dieser gestellt und summarisch angemeldet und dieser damit zur vorübergehenden Verwahrung überlassen worden waren, anweisungswidrig nicht bei der Zoll-Abfertigungsstelle zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren angemeldet hat, obwohl der Beklagte per Stempelaufdruck auf dem bei ihm vorgelegten Versandpapier T-1 angeordnet hatte, „durch Anmelder an Amtsstelle vorzuführen“.
Im Auftrag der Klägerin gestellte die Fa. T, die Zugelassener Empfänger ist, vier Sammelgutsendungen beim Zollamt I und meldete diese am 27. 10. 1994 (GB 01422), 3. 11. 1994 (1816 und 01834) und am 4. 11. 1994 (GB 1879) summarisch an. Gleiches geschah mit einer weiteren Sammelgutsendung vom 23. 11. 1994 (GB 02803).
Für den Weitertransport nach B erstellte die Klägerin zwei Versandanmeldungen T-1 und legte diese dem Zollamt I vor. Dort wurde das Versandpapier für die ersten vier Sammelgutsendungen am 9. 11. 1994 unter der VAB Nr. X und das für die zweite Sendung am 30. 11. 1994 unter der VAB Nr. Y registriert. Beide Papiere erhielten den Aufdruck
Hauptzollamt Bremen-Nord
- Zollamt I -
Durch den Anmelder
an Amtsstelle vorzuführen
und die Fa. T wurde - entsprechend einer zwischen der Zollverwaltung und der Fa. T getroffenen generellen Vereinbarung - durch einen Laufzettel über diese Vorführverpflichtung informiert.
Der Fahrer des von der Fa. T mit dem Weitertransport beauftragten Fuhrunternehmens unterschrieb jeweils am gleichen Tag die Übernahme der Sendung in Kenntnis ihrer Zollguteigenschaft und die Verpflichtung, das Zollgut unverzüglich und unverändert dem Zollamt I vorzuführen. Gleichwohl transportierte er die Waren ohne Vorführung direkt nach B. Dort erhielt das Exemplar des Versandpapiers VAB X „Kopie für Beförderer“ den Stempelaufdruck
Hauptzollamt B
Zollamt R
09. Nov. 1994.
Sodann wurde die Ware auf die MSC ... verladen und nach USA verschifft.
Auch die Ware zum Papier VAB Y wurde nach USA verschifft.
Mit Steuerbescheid vom 30. 10. 1997 nahm der Beklagte die Klägerin auf Zahlung von DM ... Zoll und DM ... EUSt und vom 21. 10. 1997 auf Zahlung von DM ... Zoll und DM ... EUSt gem. Artikel 204 VO Nr. 2913/92 (ZK) in Verbindung mit Artikel 859 Nr. 5 der Verordnung Nr. 2454/93 (ZK-DVO) in Anspruch. Den Einspruch der Klägerin wies er mit Einspruchsentscheidungen vom 1. 4. 1998, zugestellt am 6. 4. 1998, zurück. Dagegen hat die Klägerin am 5. 5. 1998 Klage erhoben.
Sie wendet gegen die Festsetzung der Eingangsabgaben im wesentlichen ein, sie sei nicht Zollschuldnerin geworden, da die Pflichten aus der vorübergehenden Verwahrung nicht sie, sondern die Fa. T getroffen hätten und die Waren auch nicht ihr mit der Verpflichtung zur Vorführung übergeben worden seien, sondern dem Fahrer. Außerdem hätten die Bescheide nicht erlassen werden dürfen, weil die Verfehlung sich wegen der unstreitigen Ausfuhr in ein Drittland auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung nicht wirklich ausgewirkt habe und dem Fiskus demzufolge kein Nachteil entstanden sei.
In der Erörterung in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, der Beklagte habe die Steuerbescheide auf die falsche Rechtsgrundlage gestützt. Allerdings könne die Klägerin nicht mehr nach Artikel 203 VO Nr. 2913/92 (ZK) herangezogen werden, da die erforderliche Ausübung des Auswahlermessens bei der Heranziehung der mehreren möglichen Schuldner dieser Steuerschuld nicht nachgeholt werden könne.
Die Klägerin beantragt,
die Steuerbescheide vom 30. 10. 1997 und 21. 10. 1997 in der Fassung der Einspruchsentscheidungen vom 1. 4. 1998 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die streitigen Bescheide auf der Grundlage des Artikels 204 Abs. 3 ZK für rechtmäßig. Die Klägerin sei ihrer Verpflichtung nach Artikel 184 Abs. 2 ZK-DVO nicht nachgekommen. Durch Abgabe der von ihr unterschriebenen Versandanmeldung habe sie die Verpflichtung zur Beförderung der Waren und damit auch zur Vorführung an Amtsstelle übernommen. Einer Ermessenserwägung für ihre alleinige Inanspruchnahme habe es angesichts der Garantenstellung der Klägerin nicht bedurft und die Klägerin habe eine solche ...