Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigte Besteuerung einer Lohnabfindung bei Zahlung einer vom Lohn unabhängigen Prämie im nächsten Veranlagungszeitraum. Keine Änderung eines Einkommensteuerbescheids nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 bei Verletzung der Aufklärungspflicht des FA. Einkommensteuer 1995
Leitsatz (amtlich)
1. Einigt sich ein Fußballtrainer im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens mit seinem Verein auf Zahlung einer künftigen Lohn abgeltenden Abfindung und einer nicht in Zusammenhang mit der Lohnabfindung stehenden Prämie, die nur beim Aufstieg des Vereins fällig wird, kann die Abfindung auch dann ermäßigt besteuert werden, wenn die Prämie erst im Jahr nach dem Erhalt der Abfindung gezahlt wird.
2. Fordert das FA bei der Einkommensteuerveranlagung die einer auf der Lohnsteuerkarte bescheinigten Lohnabfindung zugrundeliegende Vereinbarung nicht zur Einsicht an und lässt es die ermäßigte Besteuerung der Lohnabfindung zu, ist das FA an einer Änderung des bestandskräftigen Bescheides nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 wegen nachträglicher Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich der Besteuerung der Abfindung durch den Grundsatz von Treu und Glauben gehindert.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a; AO 1977 § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; BGB § 242; EStG § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2; AO 1977 § 88
Beteiligte
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 27.05.2002; Aktenzeichen XI R 73/00) |
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid 1995 in der Fassung vom 22.02.1999 und die Einspruchsentscheidung vom 26.05.1999 werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Mit ihrer Klage wollen die Kläger erreichen, daß eine Abfindungszahlung, die der Kläger im Jahre 1995 erhalten hat, mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Ziffer 2 EStG besteuert wird.
Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger bezog im Streitjahr 1995 unter anderem Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Fußballtrainer.
Mit Anstellungsvertrag vom 16.05.1994 wurde der Kläger vom Vorstand des Fußballvereins A für die Zeit vom 01.07.1994 bis 30.07.1996 als Fußballtrainer befristet eingestellt. Nach Ziffer 3 des Vertrages erhält der Kläger ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von DM 17.500 (Regionalliga) und DM 22.500 (2. Bundesliga) außerdem erhält er danach für jeden gewonnenen Punkt in einem Meisterschaftsspiel eine Bruttoprämie in doppelter Höhe wie die Mannschaftsprämie und für den Aufstieg in die 2. Bundesliga eine Bruttoprämie von DM 85.000, für den Aufstieg in die 1. Bundesliga eine Bruttoprämie DM 100.000. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag (Bl. 43 GA) Bezug genommen.
Der Anstellungsvertrag wurde seitens des Vereins zu Beginn des Jahres 1995 gekündigt. Der Kläger erhob daraufhin Kündigungsschutzklage. Am 19. September 1995 einigten sich der Kläger und der Verein im Schlichtungsverfahren dahingehend, daß das Arbeitsverhältnis zum 30.09.1995 beendet wurde. In Ziffer 2 der Vereinbarung heißt es:
Der (Verein) zahlt in entsprechender Anwendung der §§ 9/10 Kündigungsschutzgesetz und §§ 3 Nr. 9 und 24 Nr. 1 sowie 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG an den Kläger eine Abfindung in Höhe von
DM 222.500,00
als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes.
Für den Fall des Aufstiegs des Vereins in die Bundesliga am Ende der Spielzeit 1995/96 erhöht sich die Abfindung um DM 50.000,00.
In der Abfindung ist weder Arbeitsentgelt noch Urlaubsabgeltung enthalten. Von dem Gesamtbetrag werden DM 24.000,00 brutto/netto gezahlt. Der verbleibende Betrag ist zum halben Steuersatz zu versteuern.
Nachstehende Fälligkeiten werden verabredet:
- • DM 110.000,00 sofort
- • DM 112.500,00 am 30. Dezember 1995
- • die Bundesliga-Aufstiegsprämie bei Feststehen des Aufstiegs
Auf der Anlage N seiner am 28.06.1996 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärung trug der Kläger in Zeile 11 (Entschädigungen, die ermäßigt zu besteuern sind) 198.500 DM ein. Dies entsprach der Eintragung auf seiner Lohnsteuerkarte durch den Arbeitgeber, die der Kläger mit der Steuererklärung beim Beklagten einreichte. Nachfragen hinsichtlich dieser Position stellte der Veranlagungsbeamte auch anläßlich persönlich vom Bevollmächtigten des Klägers abgegebener Erläuterungen zu sonstigen Positionen der Einkommensteuererklärung nicht.
Mit Einkommensteuerbescheid vom 20.09.1996 besteuerte der Beklagte die Abfindung gemäß § 34 Abs. 2 EStG mit einem Steuersatz von 19, 3352 v. H. Der Bescheid erging nach § 165 Abs. 1 AO teilweise vorläufig wegen hier nicht interessierender Rechtsfragen.
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1996, zu der der Kläger ebenfalls unter Vorlage der Lohnsteuerkarte wiederum E...