Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsaufgabe wegen Fortfalls der Betriebsaufspaltung in Folge der Einräumung einer Mehrheitsbeteiligung an der Betriebs-GmbH gegenüber einem Dritten. Einkommensteuer 1993
Leitsatz (redaktionell)
Verzichten die Gesellschafter einer Betriebs-GmbH gegen Entgelt auf die Ausübung eigener Bezugsrechte, so dass einem Dritten eine Mehrheitsbeteiligung an der Betriebs-GmbH eingeräumt wird, die vom Einzelunternehmer des bisherigen Besitzunternehmens treuhänderisch gehalten wird, gehört das für die Einräumung der Mehrheitsbeteiligung gezahlte Entgelt zu dem wegen des Übergangs der Mehrheitsbeteiligung und der daraus folgenden Beendigung der Betriebsaufspaltung entstehenden, tarifbegünstigten Betriebsaufgabegewinn der Besitzgesellschaft.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 3, §§ 15, 34 Abs. 1, 2 Nr. 1; BGB §§ 133, 157
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid vom … in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom … wird dahin geändert, dass der an den Kläger gezahlte Betrag in Höhe von 1.660 TDM als begünstigter Veräußerungsgewinn besteuert wird.
Die Neuberechnung wird dem Finanzamt übertragen.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die ertragsteuerliche Behandlung eines Entgelts, welches B. im Zuge der Übernahme der Mehrheitsbeteiligung an einer GmbH für den Verzicht auf die Ausübung eigener Bezugsrechte durch die Mitgesellschafter (den Kläger und seine Ehefrau) gezahlt hat.
Dem Rechtsstreit liegt der nachstehende Sachverhalt zugrunde:
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war im Streitjahr 1993 Mitgesellschafter der … GmbH (im Folgenden: GmbH). Gegenstand des Unternehmens der GmbH war der „Vertrieb von Getränken aller Art. sowie Nahrungs – und Genussmitteln …”.
Bereits im November 1985 erwarb der Kläger eine Beteiligung an der GmbH, deren Gesellschaftsverhältnisse sich daraufhin wie folgt darstellten:
Beteiligung des Klägers |
15 TDM |
Beteiligung der Klägerin: |
15 TDM |
Beteiligung des Sohnes T.: |
20 TDM |
Insgesamt |
50 TDM |
Außerdem betrieb der Kläger unter der Firmenbezeichnung „…” ein Einzelunternehmen.
Im Jahr 1991 wurde eine Betriebsaufspaltung wie folgt begründet:
Mit Ausnahme einiger anderer Wirtschaftsgüter und der Betriebsgrundstücke wurde das Einzelunternehmen – mit Vertrag vom 1. Juni 1991 – zum 1. Januar 1991 der GmbH übertragen. Die Betriebsgrundstücke wurden von der Einzelfirma des Klägers langfristig an die GmbH verpachtet (vgl. Bp-Bericht über die Einzelfirma v. 03.07.1998, A. Tz. 10.1). Des weiteren fassten die o.g. GmbH-Gesellschafter am 16. März 1991 einen Beschluss, der
- eine Erhöhung der Geschäftsanteile an der GmbH um eine Stammeinlage von 400 TDM auf insgesamt 450 TDM sowie
- die Zahlung der neuen Stammeinlage durch den Kläger
vorsah und aufgrund dessen sich nunmehr die nachstehenden Beteiligungsverhältnisse an
der GmbH ergaben:
Beteiligung des Klägers: |
415 TDM |
Beteiligung der Klägerin: |
15 TDM |
Beteiligung des Sohnes T.: |
20 TDM |
Insgesamt |
450 TDM |
Die Kapitalerhöhung auf 450 TDM wurde am 02. Juli 1991 in das Handelsregister eingetragen.
Am 20. November 1992 schlossen der Kläger und B. eine Grundsatzvereinbarung …, in der für die GmbH die folgenden Änderungen vorgesehen waren:
1.) B. beteiligt sich mit Wirkung ab 1.1.1993 zu 51 % an der GmbH.
2.) Das Stammkapital der GmbH wird von derzeit 450 TDM um 550 TDM auf 1.000 TDM erhöht.
Für die Kapitalerhöhung von 550 TDM werden neue Geschäftsanteile gebildet, und zwar in Höhe von 40 TDM und 510 TDM, die beide vom Kläger übernommen werden.
Den Geschäftsanteil von 510 TDM übernimmt der Kläger treuhänderisch für B.
3.) Für den Erwerb des Geschäftsanteils von nominell 510 TDM leistet B. ein Aufgeld in Höhe von 1.500 TDM, das in eine Rücklage eingestellt wird.
4.) Für die Einräumung der Mehrheitsbeteiligung zugunsten B. erhalten die gegenwärtigen Gesellschafter der GmbH ein Entgelt in Höhe von 1.800 TDM, das an die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Beteiligung an dem Stammkapital von derzeit 450 TDM zu leisten ist.
Für das vereinbarte Entgelt in Höhe von 1.800 TDM ergab sich seinerzeit nach den bestehenden Mehrheitsverhältnissen entsprechend Ziff. 4.) der Grundsatzvereinbarung vom 20. November 1992 die nachstehende Aufteilung:
|
Beteiligung am |
(anteiliges) Entgelt |
|
Stammkapital |
|
Kläger |
415 TDM |
1.660 TDM |
Klägerin |
15 TDM |
60 TDM |
Sohn T. |
20 TDM |
80 TDM |
Gesamt |
450 TDM |
1.800 TDM |
Die Grundsatzvereinbarung vom 20. November 1992 wurde von den Vertragsparteien – teilweise in modifizierter Form – sodann wie folgt umgesetzt:
Durch Gesellschafterbeschluss vom 28. Dezember 1992 wurde das Stammkapital der GmbH um DM 75.000,– auf DM 525.000,– erhöht und entsprechend § 3 des Gesellschaftsvertrags geändert. Die Beteiligungsverhältnisse stellten sich nunmehr wie folgt dar (vgl. notariellen Vertrag vom...