rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein „gewöhnlicher Wohnsitz” i. S. v. Art. 3 der ZollbefreiungsVO durch mehrere mehrmonatige Motorrad-Reiseaufenthalte eines Pensionärs in den USA unter Beibehaltung der Wohnung im Inland

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Begriff des „gewöhnlichen Wohnsitzes” im Sinne von Art. 3 ZollbefreiungsVO (Verordnung –EG– Nr. 1186/2009) ist nicht anhand von § 8 bzw. § 9 AO oder nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 83/182/EWG (Verkehrsmittelrichtlinie), sondern unionsrechtlich nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift zu bestimmen (vgl. Urteile des FG Düsseldorf v. 18.3.2011, 4 K 1954/10 Z,EU; des FG Hamburg v. 6.11.2008, 4 K 72/08).

2. Der „gewöhnliche Wohnsitz” ist der Ort, zu dem eine Person regelmäßig zurückkehrt, weil dort der Mittelpunkt der Lebensinteressen liegt, insbesondere also persönliche und berufliche Bindungen bestehen. Damit kann auch ein von vorneherein zeitlich begrenzter Aufenthalt einen gewöhnlichen Wohnsitz im Drittland begründen, wenn die weiteren Umstände diesen Schluss zulassen (z. B. Aufgabe der Wohnung im Mitgliedstaat der Europäischen Union, Umzug mit Familienangehörigen, Umzug mit Hab und Gut etc.).

3. Längere mehrmonatige Motorrad-Reiseaufenthalte eines Pensionärs in den USA, bei denen er keinen eigenen Hausstand in den USA begründet, sondern sich vielmehr bei Freunden, in Motels oder Mobilwohnanlagen aufhält, sind typisch für Reisen aus touristischen Gründen und ein Indiz gegen die Begründung eines gewöhnlichen Wohnsitzes in den USA; dass das Motorrad in den USA auf den Namen des Penionärs zugelassen sowie versichert ist, ist insoweit unerheblich.

 

Normenkette

EGV 1186/2009 Art. 3; EGV 1186/2009 Art. 5 Abs. 1; Richtlinie 83/182/EWG Art. 7 Abs. 1; AO §§ 8-9

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Einfuhrabgabenfreiheit für ein in den USA erworbenes Motorrad.

Der Kläger, ein Pensionär, erwarb Ende 2012 in Florida/USA ein Motorrad der Marke Harley Davidson Ultra Glide. Zunächst fuhr er circa drei Monate mit einer Art Überführungsnummernschild, dann ließ er das Motorrad 2013 in Phoenix/Arizona auf seinen Namen zu.

In der Folgezeit bereiste er mit seinem Motorrad die USA; Ausgangspunkt seiner Fahrten war in der Regel der Gold Canyon. Während zeitlich länger andauernder Touren mit weiteren Entfernungen wohnte der Kläger in Motels, in Mobilwohnanlagen oder bei Freunden. Ende 2014 übersiedelte er zurück nach Deutschland. Das Motorrad überführte er sodann im März 2015 nach Deutschland.

Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 25. März 2015 setzte der Beklagte bei der Überführung des Motorrads nach Deutschland Zoll und Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von insgesamt … EUR fest. Zur Begründung führte er aus, dass der Nachweis als Umzugsgut vom Kläger nicht habe erbracht werden können.

Mit einem Schreiben, das am 1. April 2015 beim Beklagten einging, legte der Kläger hiergegen Einspruch ein.

Er habe Anfang 2013 bei amerikanischen Freunden in Georgia gewohnt, weil er ohne eine entsprechende feste Adresse und Wohnung in den USA weder eine Zulassung für das Motorrad noch eine Versicherung bekommen hätte. Bei der Zulassung des Kraftrads in den USA habe er etwa 1.000,00 USD Steuern zahlen müssen.

Während seines Aufenthalts in den USA habe er diese erkundet, denn dies sei Sinn einer längeren Reise. Es sei jedoch geplant, das Motorrad in 2016 oder 2017 wieder in die USA zu schicken, um dann eventuell auch mit seiner Ehefrau ein ganzes Jahr je nach Wetterlage in den USA herumzufahren. Auch würden er und seine Frau dann sicher einen festen Wohnsitz anmieten und nicht wie bisher nur sechs oder drei oder sieben Monate dort verbringen. Dann werde er sich auch um ein festes Visum bemühen, weil er nicht länger als sechs Monate im Land bleiben könne.

Auf Nachfrage des Beklagten im Rahmen des Einspruchsverfahrens erklärte der Kläger, er könne keine Belege über die konkreten Anwesenheitszeiten in den USA vorlegen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 3. Juli 2015 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Voraussetzung für die Gewährung einer Abgabenbefreiung sei nach Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 vom 16. November 2009 (sog. ZollbefreiungsVO) die Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes in das Zollgebiet der Gemeinschaft. Nach Art. 5 dieser Verordnung könne die Befreiung nur Personen gewährt werden, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz zuvor mindestens zwölf aufeinanderfolgende Monate außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft gehabt hätten.

Nach der Rechtsprechung sei der gewöhnliche Wohnsitz der Ort, zu dem eine Person regelmäßig zurückkehre, weil dort der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen bestehe. Dabei könne auch ein von vornherein zeitlich begrenzter Aufenthalt einen gewöhnlichen Wohnsitz begründen, wenn die weiteren Umstände diesen Schluss zuließen, zum Beispiel Aufgabe der Wohnung im Mitgliedstaat, Umzug mit Familienangehörigen, Umzug mit Hab und Gut et cetera.

Nach den Einlassungen des Klägers habe...

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