Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollbefreiung für Übersiedlungsgut – Befristete Abordnung an ausländisches Konzernunternehmen – Rückverlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes in das Gemeinschaftsgebiet
Leitsatz (redaktionell)
- Eine Einfuhrabgabenbefreiung für Übersiedlungsgut (hier: aus den USA überführtes Motorrad) scheidet aus, wenn ein befristet an ein Konzernunternehmen in den USA abgeordneter Arbeitnehmer seinen gewöhnlichen Wohnsitz nicht von dort in das Zollgebiet der Gemeinschaft verlegt hat, als er nach Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit für die Gastgebergesellschaft wieder in die EU einreiste.
- Der Begriff des „gewöhnlichen Wohnsitzes” im Sinne der VO (EWG) 918/83 ist nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift zu bestimmen.
Normenkette
ZK Art. 184, 201 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 S. 1; UStG § 21 Abs. 2; VO (EWG) 918/83 Art. 1 Abs. 2 Buchst. a, c, Art. 2; EUStBV § 1 Abs. 1; VO (EWG) 83/182 Art. 7; AO § 9
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine Nacherhebung mit der Begründung, er habe Umzugsgut eingeführt.
Der Arbeitgeber des Klägers setzte den Kläger im Rahmen seines konzerninternen internationalen Austauschs vom 16.07.2008 bis zum 30.10.2009 zu einer Gesellschaft in den USA (Gastgebergesellschaft) um und vereinbarte mit dem Kläger an Stelle eines in den USA unüblichen schriftlichen Arbeitsvertrags die arbeitsvertraglichen Bedingungen seiner Tätigkeit für die Gastgebergesellschaft. Dabei wurde der Arbeitsvertrag mit seinem bisherigen Arbeitgeber für die Zeit des Austauschs, die auf Anforderung des Arbeitgebers auch abgekürzt werden konnte, ruhend gestellt, der Kläger weiter im Rahmen des Pensionsprogramms und der betrieblichen Altersversorgung geführt, wobei die Beiträge von der Gastgebergesellschaft zu zahlen waren. Der Kläger erhielt sein Gehalt mit dem Beginn der Umsetzung in den USA von der Gastgebergesellschaft und wurde dort auch unbeschränkt steuerpflichtig. Er erhielt Urlaub nach den Regeln der Gastgebergesellschaft, und zwar 20 Arbeitstage im Jahr, für 2008 anteilig neun Tage. Die Gastgebergesellschaft übernahm die Umzugskosten.
Zudem wurde dem Kläger freigestellt, nach seinem Urlaub in den USA ein Motorrad mitzubringen. Für Heimaturlaub erhielt der Kläger ein jährliches Budget von 15.680 US$, aber keinen weiteren Urlaub. Der Urlaub sollte in dem Jahr, in dem der Aufenthalt endet, im Zusammenhang mit der Rückreise genommen werden.
Rechtsgültiger Wohnsitz sollte die Heimatadresse sein.
Der Kläger trat seine Tätigkeit bei der Gastgesellschaft am 16.07.2008 an und beendete sie am 16.10.2009. Er mietete in der Nähe des im zugewiesenen Arbeitsplatzes bei seiner Gastgebergesellschaft in ..../ USA ein möbliertes Haus an, das Platz für ihn und seine Familie bot. Aufgrund seines geringen Urlaubsanspruchs reiste der Kläger nur zweimal für etwa eine Woche nach Deutschland, während seine Familie ihn in den Herbst-, Weihnachts- und Sommerferien besuchte.
Die Familie des Klägers wohnte weiterhin in ...../Deutschland und die Kinder des Klägers gingen auch in ...../Deutschland zur Schule. Von dieser Adresse meldete sich der Kläger während seines Aufenthalts in den USA nicht ab.
Am 15.08.2008 erwarb der Kläger ein Motorrad in den USA zu einem Preis von 13.500 US$, dessen Wert im Oktober 2009 nach Schätzungen des Klägers noch 7.900 EUR betrug.
Am 01.12.2009 beantragte der Kläger beim Zollamt X des Hauptzollamts Y die Überführung von Umzugsgut (Bruttogewicht 590 kg) einschließlich des Motorrades in den zollrechtlich freien Verkehr, dem die Zollstelle stattgab.
Mit Bescheid vom 25.02.2010 nahm der Beklagte, der für das Umzugsgut die Aufgaben der überwachenden Zollstelle wahrnimmt, den Kläger für das von ihm eingeführte Motorrad auf 474 EUR Zoll und 1.591,06 EUR Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) in Anspruch, da eine Zollbefreiung als Umzugsgut nicht gegeben sei. Eine Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes in das Zollgebiet der Gemeinschaft habe nicht stattgefunden. Insoweit genügte eine berufliche Tätigkeit nicht. Vielmehr sei auf die persönlichen, insbesondere familiären Bindungen abzustellen.
Den dagegen fristgerecht eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 30.04.2010 als unbegründet zurück, da der Kläger im Rahmen eines Arbeitgeberprogramms befristet abgeordnet bzw. umgesetzt worden sei und sein bisheriges Arbeitsverhältnis nur für diese Zeit geruht habe. Der damit verbundene Aufenthalt in den USA habe nicht dazu geführt, dass sein gewöhnlicher Wohnsitz von dort in das Zollgebiet der Gemeinschaft verlegt worden sei. Der Kläger habe weiter enge Beziehungen zu seinem bisherigen Wohnsitz, an dem seine Familie verblieben sei, unterhalten. Mit ihm seien besondere Regelungen für den Heimaturlaub getroffen worden. Seine Tätigkeit in den USA hätte auf Wunsch seines Arbeitgebers jederzeit beendet werden können. Er habe seine Vermögensinteressen in Deutschland weiter verfolgt, denn sein Vermögen (Konten, Depots, Immobilien) habe sich dort befunden. Zudem habe er sich den Erwerb eines Motorrades zusichern l...