Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenschaft als Zollschuldner ist ausschließlich an die Förmlichkeit der Anmeldung geknüpft. Verwertung von Feststellungen aus rechtskräftig abgeschlossenen Strafbefehlsverfahren im FG-Verfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Eigenschaft „Zollschuldner” ist ausschließlich an die Förmlichkeit der Anmeldung geknüpft. Auf den guten Glauben des Zollschuldners kommt es nicht an.
2. Zieht das FG Strafakten zum Zwecke der Sachaufklärung bei, ergeht diese Maßnahme als prozessleitende Verfügung oder Aufklärungsanordnung; eines förmlichen Beweisbeschlusses bedarf es hierzu nicht.
3. Das Zueigenmachen der strafgerichtlichen Feststellungen setzt voraus, dass diese zur Überzeugung des Gerichts zutreffend sind und der Kläger keine substantiierten Einwendungen erhoben und entsprechende Beweisanträge gestellt hat.
4. Die Verwertung von Feststellungen aus rechtskräftig abgeschlossenen Strafbefehlsverfahren unterliegt keinen Einschränkungen.
Normenkette
FGO § 96 Abs. 1 S. 1, § 76 Abs. 1 S. 1; StPO § 410 Abs. 3; UStG § 21 Abs. 2; EWGV 2913/92 Art. 201 Abs. 1 Buchst. a; EWGV 2913/92 Art. 201 Abs. 3 S. 1; ZK Art. 201 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 S. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Nacherhebung von Zöllen sowie Einfuhrumsatzsteuer auf der Grundlage höherer Zollwerte als ursprünglich angenommen.
Der Kläger war Empfänger von insgesamt fünf Kraftfahrzeugen, welche in dem Zeitraum von Januar 2010 bis Januar 2011 aus den USA nach Deutschland eingeführt wurden. Die genauen Umstände der jeweiligen Käufe sowie der jeweiligen Zollabwicklungen sind zwischen den Beteiligten streitig.
Die Fahrzeuge (drei BMW und zwei Porsche) wurden jeweils über das Internetversteigerungsportal Copart ersteigert, bei welchem Pkw im Rahmen von Echtzeitauktionen angeboten wurden. Es konnten jedoch lediglich registrierte Personen, sog. Dealer, mitbieten. Der Kläger selber war bei Copart nicht registriert; allerdings war der Zeuge A. registriert, da er bis Februar 2010 gewerblich mit der Vermittlung amerikanischer Fahrzeuge sowie deren Reparatur tätig war. Die Gebotsabgaben bei den jeweiligen Versteigerungen wurden daher nicht durch den Kläger persönlich, sondern durch den Zeugen A. vorgenommen.
Die Zollanmeldungen zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr wurden jeweils durch die Firma C. in B., als Vertreter im Namen und für Rechnung eines Anderen (direkte Vertretung) abgegeben. Der jeweils angegebene Anmelder war stets mit dem angegebenen Empfänger identisch. Als Zollanmelder wurden unterschiedliche Personen benannt. Konkret wurden Herr R. in drei Fällen und in den beiden anderen Fällen Frau M. sowie Herr D. angegeben. Bei diesen Personen handelt es sich um den Vater, die Mutter sowie den Cousin des Klägers.
Folgende Zollanmeldungen wurden abgegeben:
- Zollanmeldung vom 04. Juni 2010 betreffend die Einfuhr eines BMW M3 mit einem angegebenen Zollwert in Höhe von 1.760,39 Euro (Fall 1),
- Zollanmeldung vom 12. Juli 2010 betreffend die Einfuhr eines Porsche Boxter mit einem angegebenen Zollwert in Höhe von 2.078,97 Euro (Fall 2),
- Zollanmeldung vom 25. August 2010 betreffend die Einfuhr eines BMW M3 mit einem angegebenen Zollwert in Höhe von 2.075,37 Euro (Fall 3),
- Zollanmeldung vom 12. Januar 2010 betreffend die Einfuhr eines BMW M3 mit einem angegebenen Zollwert in Höhe von 700,48 Euro (Fall 4) und
- Zollanmeldung vom 17. Januar 2011 betreffend die Einfuhr eines Porsche Boxter mit einem angegebenen Zollwert in Höhe von 3.813,30 Euro (Fall 5).
Wegen der weiteren Einzelheiten der Zollanmeldungen wird auf die Akten der Staatsanwaltschaft S. zu Geschäftszeichen Js …/… Bezug genommen.
Im Januar 2011 meldete sich der Zeuge A. bei der Polizei in S., um freiwillige Angaben zu von ihm begangenen Steuerhinterziehungen zu machen. Die Vorgehensweise stelle sich nach den Angaben des Zeugen A. grundsätzlich wie folgt dar: Der Zeuge A. sei bei mehreren Versteigerungsplattformen in den USA registriert. Sofern er als Meistbietender den Zuschlag erhalte, würde dies an die Firma B. in Amerika gemeldet. Die Firma B. übernehme sodann die weitere Abwicklung bis zum Hafen nach B.; sie zahle zunächst auch den Steigpreis an den jeweiligen Versteigerer. Von dieser Firma erhalte der Zeuge sodann eine Gesamtrechnung über den Steigpreis, Transportkosten sowie sonstiger Gebühren. Die Firma B. informiere in Deutschland die Firma C. über die Fahrzeugverschiffung und teile dieser die erforderlichen Daten der Verschiffung mit. Die Firma C. sei von dem Zeugen A. beauftragt, sich um die Abwicklung in B. zu kümmern. Nach Erhalt der Rechnung von der Firma B. werde diese an die Firma C. zur Verwendung im Rahmen der Zollanmeldung weitergeleitet. Auf der Grundlage dieser Rechnung würden sodann die Zollgebühr und die Einfuhrumsatzsteuer berechnet.
Weiter erklärte der Zeuge, dass er die jeweiligen Rechnungen abgeändert und ca. 2 % des Steigpreis...