Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftfahrzeugsteuer
Tenor
Der Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 01.11.1994 und die Einspruchsentscheidung vom 05.04.1995 werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Beschluß:
Der Streitwert wird auf 659,– DM festgesetzt.
Gründe
Der Kläger ist Inhaber eines Heizungs- und Sanitärunternehmens sowie einer Bauklempnerei. Er war in der Zeit vom 05. November 1991 bis zum 04. November 1993 im Beitrittsgebiet Halter des unter dem amtlichen Kennzeichen … zugelassenen Fahrzeuges.
Mit Bescheid vom 01. November 1994 setzte das Finanzamt A gemäß § 12 a Abs. 4 Kraftfahrzeugsteuergesetz -KraftStG- i. V. m. § 12 KraftStG die Kraftfahrzeugsteuer für den oben genannten Zeitraum auf 659,– DM mit der Begründung fest, der Kläger habe trotz Aufforderung des Finanzamtes Herzberg vom 12. September 1994 die Original-Kraftfahrzeugsteuerkarte für den fraglichen Zeitraum nicht vorgelegt. Der dagegen gerichtete Einspruch, der von dem durch die Kreisgebietsreform zuständig gewordenen Beklagten beschieden wurde, blieb erfolglos.
Am 04. Mai 1995 hat der Kläger Klage erhoben, die er folgendermaßen begründet: Er habe die Steuer in Höhe von 659,– DM bereits durch Erwerb von Steuermarken in entsprechender Höhe und Aufkleben derselben in die Originalsteuerkarte entrichtet. Seiner Nachweispflicht sei er schon früher nachgekommen, indem er mit Anschreiben vom 20. September 1994 die Kraftfahrzeugsteuerkarte im Original an das Finanzamt A… übersandt habe. Dies könne seine Sekretärin, Frau L…, bezeugen. Wenn die Steuerkarte beim Beklagten bzw. dem vormals zuständigen Finanzamt A… nicht auffindbar sei, so müsse sie dort verloren gegangen sein. Dies gehe zu Lasten des Beklagten.
Der Kläger beantragt,
den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 01. November 1994 und die Einspruchsentscheidung vom 05. April 1995 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen und hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er beruft sich auf den als Urteil wirkenden Gerichtsbescheid des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 20. September 1994 VII R 29/94 (Bundessteuerblatt -BStBl.- II 1995, Seite 79 ff.). Der Kläger habe den nach dieser Rechtsprechung allein durch Vorlage der Originalsteuerkarte zu führenden Nachweis der Steuerzahlung nicht erbracht. Dem Beklagten lägen weder die Originalsteuerkarte noch das Anschreiben vom 20. September 1994 im Original vor. Nach der Kreisgebietsreform seien aber nach Auskunft des Finanzamtes A… alle Unterlagen an den nunmehr zuständigen Beklagten übergeben worden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin L…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 05.12.1995 verwiesen.
Die zulässige Klage ist begründet. Der Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 01.11.1994 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 05.04.1995 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).
Die Voraussetzungen des § 12 a Abs. 4 Satz 3 KraftStG zum Erlaß eines Steuerfestsetzungsbescheides sind nicht erfüllt. Nach § 12 a Abs. 4 Satz 3 KraftStG ist die Kraftfahrzeugsteuer festzusetzen, wenn sie im Markenverfahren nicht oder nicht zutreffend entrichtet worden ist. Der Nichtentrichtung steht es gleich, wenn die Entrichtung nicht in der gesetzlich vorgesehenen Form nachgewiesen wird (BFH, Urteil vom 20.09.1994 a.a.O.). Dies ist hier nicht der Fall. Der Senat ist vielmehr nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon überzeugt, daß der Kläger die Kraftfahrzeugsteuer im Markenverfahren zutreffend entrichtet hat.
Allerdings hat der Kläger den erforderlichen Nachweis nicht durch Vorlage der mit Steuermarken in entsprechender Höhe versehenen amtlichen Original-Kraftfahrzeugsteuerkarte geführt, was der BFH in seiner vom Beklagten zitierten Entscheidung vom 20.09.1994 (a.a.O.) infolge des strikten Zeichenzwangs grundsätzlich als den einzig möglichen Nachweis angesehen hat.
Aus der Bekundung der Zeugin L… und dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung ergibt sich aber ein hier genügender Nachweis der Steuerentrichtung. Der Senat folgt insoweit der Ansicht des Thüringer Finanzgerichts (vgl. Urteil vom 15. Dezember 1993 I K 48/93, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1994, 413; a.A. und mit Hinweis auf in solchen Fällen lediglich in Betracht kommende Billigkeitsmaßnahmen: Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, 1994, § 12 a Rnr. 12), das im Fall des unverschuldeten Verlustes der Originalsteuerkarte andere Beweismittel wie auch Glaubhaftmachung der Steuerentrichtung im Hinblick auf interne Verwaltungs...