Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1993
Nachgehend
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid 1993 vom 25. April 1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. September 1996 wird dahingehend geändert, daß die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten Abzugsbeträge i.S.d. § 10 e EStG neu festzusetzen ist. Die Berechnung wird dem Beklagten auferlegt.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Die Kostenentscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beschluß:
Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Gründe
Der Kläger errichtete im Streitjahr 1993 im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ein Einfamilienhaus auf dem Grundstück seiner Mutter. Am 18. Januar 1993 schloß er mit seiner Mutter zunächst eine privatschriftliche Vereinbarung, nach der er auf seinen Aufwendungsersatzanspruch nach § 951 i.V.m. § 812 BGB verzichtete und seine Mutter ihm dafür das Nutzungsrecht an Grundstück und Gebäude für fünfzig Jahre mit einer Verlängerungsoption für weitere zehn Jahre einräumte. Für den Fall, daß nach Ablauf von sechzig Jahren zwischen der Mutter des Klägers bzw. ihren Erben und dem Kläger eine weitere Vereinbarung über die Nutzung des Grundstücks nicht zustandekommt, sollte der Kläger Anspruch auf Vergütung des Restwerts des Gebäudes haben. Ende 1995 übertrug die Mutter des Klägers diesem das Eigentum an dem Grundstück unentgeltlich.
Der Kläger beantragte in seiner Steuererklärung die Berücksichtigung eines Abzugsbetrages nach § 10e Abs. 1 EStG in Höhe von DM 15.799, von Vorkosten gemäß § 10e Abs. 6 EStG in Höhe von DM 42.886 und von Schuldzinsen nach § 10e Abs. 6a EStG in Höhe von DM 5.106. Der Beklagte versagte die Anerkennung der genannten Beträge. Der Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg.
Der Kläger trägt vor, daß er aufgrund der zwischen ihm und seiner Mutter abgeschlossenen Vereinbarung wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes geworden sei, denn der Herausgabeanspruch seiner Mutter sei danach praktisch wertlos. Er verweist insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu Mietereinbauten, nach der der Mieter als wirtschaftlicher Eigentümer der Einbauten anzusehen sei, wenn er bei Beendigung des Mietvertrages vom zivilrechtlichen Eigentümer mindestens die Erstattung des gemeinen Werts des Einbaus verlangen kann.
Der Kläger hat Klage erhoben und beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 1993 vom 25. April 1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09. September 1996 dahingehend zu ändern, daß die Einkommensteuer auf 0,– DM festgesetzt wird,
hilfsweise,
für den Fall des Unterliegens die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
für den Fall des Unterliegens die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Der Beklagte ist der Auffassung, daß der Kläger keine Wohnung im eigenen Haus hergestellt habe, weil er weder zivilrechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes geworden sei.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Dem Kläger stehen die beantragten Abzugsbeträge nach § 10 e Abs. 1, 6, 6 a EStG zu.
1. Die sog. Grundförderung nach § 10 e Abs. 1 EStG steht Steuerpflichtigen zu, die eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine eigene Eigentumswohnung hergestellt oder angeschafft haben. Eine eigene Wohnung in diesem Sinne ist eine Wohnung, die zivilrechtlich im Eigentum des Steuerpflichtigen steht oder ihm gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO steuerlich zuzurechnen sind (sog. wirtschaftliches Eigentum; BFH X R 61/91 vom 21. Mai 1992, BStBl. 1992 II, 944; X R 94/92 vom 20. September 1995, BStBl. 1996 II, 186; FG Münster 16 K 265/95 E vom 21. Mai 1996, EFG 1996, 1027; Drenseck in: L.Schmidt, EStG, 15. Auflage 1996, § 10 e Rdnr. 25).
a. Der Kläger war unstreitig nicht der zivilrechtliche Eigentümer des Gebäudes, sondern dies ging durch Verbindung mit dem Grund und Boden gemäß §§ 93, 94, 946 BGB in das zivilrechtliche Eigentum seiner Mutter über.
b. Entgegen der Auffassung des Beklagten war der Kläger jedoch wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes.
aa. Der Begriff des wirtschaftlichen Eigentums ist auch im Rahmen des § 10 e EStG nach den allgemeinen Grundsätzen zu § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zu beurteilen (BFH X R 94/92 aaO., 187; Drenseck aaO., Rdnr. 42). Wirtschaftliches Eigentum ist danach anzunehmen, wenn nach dem Gesamtbild der Umstände ein anderer als der rechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaftsgewalt über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausüben kann, daß er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer ausschließen kann, so daß der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat (BFH X R ...