rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1993
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Beschluß:
Der Streitwert wird auf 876,00 DM festgesetzt.
Gründe
Der Kläger begehrt die Anerkennung von Aufwendungen zum Erwerb des Führerscheins Klasse 3 als Werbungskosten.
Der Kläger ist von Beruf Bautischler. Er wurde im Jahr 1992 arbeitslos. Vo 14. September 1992 bis zum 27. November 1992 (Bl. 3 und Akten d. Bekl., Anlage zur Steuererklärung 1993), vom 04. Januar bis zum 25. Februar 1993 (Akten d. Bekl., Anlage zur Steuererklärung 1993) und ab dem 10. Mai 1993 (Akten d. Bekl., Anlage zur Steuererklärung 1993) hatte er erneut Beschäftigung als Bautischler bei drei verschiedenen Tischlereien; seit dem 24. März 1994 ist er in ungekündigter Stellung tätig (Bl. 33).
Im Jahr 1992 entschloß der Kläger sich, den Führerschein Klasse 3 zu erwerben. Er bestand zunächst die theoretische Prüfung; die praktische Prüfung bestand er jedoch erst beim dritten Mal im Jahr 1993. Ihm entstanden dafür Kosten in Höhe von insgesamt DM 4.433,60 (Beleg in den Akten d. Bekl.).
Der Kläger trägt vor, daß er den Führerschein allein aus beruflichen Gründen erworben habe. Er habe wegen einer Aversion gegen das Autofahren bis zu seinem 28. Lebensjahr keine Anstrengungen unternommen, einen Führerschein zu machen. Insbesondere habe er darauf verzichtet, dies für einen geringen Geldbetrag innerhalb der vormilitärischen Ausbildung während seiner Lehrzeit in der ehemaligen DDR zu tun (Bl. 25). Nachdem er arbeitslos geworden sei, habe er jedoch erkennen müssen, daß er eine neue Anstellung nur werde finden können, wenn er im Besitz eines Führerscheins sei (Bl. 9). Die am 14. September angetretene Stellung habe er wegen des zweimaligen Nichtbestehens der praktischen Fahrprüfung wieder verloren (Bl. 3).
Der Kläger hat eine Bescheinigung des Arbeitsamtes A… vorgelegt (Bl. 20), in der es heißt:
„Herr B… war bis 31.03.1994 arbeitslos als Tischler gemeldet. Eine Vermittlung in Arbeit wurde erschwert, da o.g. keinen Führerschein hatte; was in diesem Berufsbereich für die Arbeitsaufnahme in den meisten Fällen dringend erforderlich ist.”
Der Kläger hat Klage erhoben und beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid vom 30. Mai 1994 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 07. Oktober 1994 aufzuheben und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung weiterer DM 4.434,00 als Werbungskosten auf DM 1.164,00 festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, daß die Kosten für den Erwerb des Führerscheins gemäß § 12 Nr. 1 EStG insgesamt nicht abzugsfähig seien.
§ 12 Nr. 1 EStG verbiete den Werbungskostenabzug für Aufwendungen, die sowohl der privaten Lebensführung als auch dem beruflichen Fortkommen des Steuerpflichtigen dienten (Bl. 16).
Zu diesen Kosten gehörten auch diejenigen für den Erwerb des Führerscheins, und zwar selbst dann, wenn der Führerschein aus beruflichen Gründen erforderlich sei und der Steuerpflichtige ein Kraftfahrzeug überwiegend für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutze (Bl. 17). Nur in besonderen Ausnahmefällen, z.B. bei der Ausübung des Berufs des Taxi- oder Lkw-Fahrers, komme eine Anerkennung der Kosten des Führerscheinerwerbs als Werbungskosten in Betracht; ein solcher Ausnahmefall sei hier jedoch nicht gegeben (Bl. 17).
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Aufwendungen des Klägers für den Erwerb des Führerscheins der Klasse 3 sind gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht als Werbungskosten abzugsfähig.
§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG wird von der Rechtsprechung über seinen Wortlaut hinaus dahingehend interpretiert, daß alle Kosten, die sowohl beruflich als auch durch die private Lebensführung veranlaßt sind (sog. gemischte Aufwendungen), insgesamt nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind (Nachweise, auch zu den Ausnahmen zu diesem Grundsatz, bei Drenseck in: Schmidt, EStG, 14. Auflage 1995, § 12 Rdnr. 11 ff.).
Danach sind die Kosten für den Erwerb eines Führerscheins der Klasse 3 grundsätzlich nicht als Werbungskosten abzugsfähig, selbst wenn der Steuerpflichtige ein Kraftfahrzeug ganz überwiegend beruflich einsetzt, weil ein einmal erworbener Führerschein in aller Regel auch privat genutzt wird (BFH IV R 119/66 vom 20. Februar 1969, BStBl. 1969 II, 433, 434; FG Köln V K 75/84 vom 24. Juli 1984, EFG 1985, 120, 121).
Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Erwerb des Führerscheins die unmittelbare Voraussetzung für die Möglichkeit der Berufsausübung ist (Drenseck aaO., § 19 Rdnr. 60, Stichwort „Führerschein”) oder das berufliche Fortkommen von ihm abhängt (BFH VI 251/63 U vom 08. April 1964, BStBl. 1964 III, 431) und der Steuerpflichtige ihn auch ausschließlich beruflich nutzt. Einzelne Finanzgerichte haben den Abzug von Aufwendungen für den Führerscheinerwerb dementsprechend zugelassen, wenn der Arbeitgeber des Steuerpflichtigen dies ausdrücklich zur Voraussetzung für die Aufnahme der Tätigkeit überhaupt oder einer besser qualifizierten Tätigkeit gemacht hatte ...