Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemengehaus sowie Ofen- und Maschinenhalle einer Glasfabrikationsanlage kein Gebäude
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Bauwerk ist ein Gebäude, wenn es Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und standfest ist. Ein Gemengehaus einer Glasfabrikationsanlage, das aus Stahlträgern errichtet, darin Silos eingehängt worden sind und mit Aluminiumplatten außen verkleidet worden ist, ist kein Gebäude, wenn die Stahlträger und die Silos eine Betriebsvorrichtung bilden, weil im Falle ihrer Entfernung den Aluminiumplatten keine Standfestigkeit verbleibt.
2. Ein Bauwerk gestattet nicht den mehr als nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen, wenn während des stetigen Betriebsablaufs wegen des Lärmpegels der Aufenthalt von Menschen in dem Bauwerk höchstens während weniger Minuten möglich ist. Das ist auch der Fall, wenn der Schallpegel den gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 Verordnung über Arbeitsstätten vom 20.3.1975 (BGBl I 1975, 729) arbeitsrechtlich zulässigen Beurteilungspegel für Arbeitsplätze in Arbeiträumen übersteigt. Hier: Ofen- und Maschinenhalle einer Fabrikationsanlage.
Normenkette
BewG § 129 Abs. 2 Nr. 1; BewG DDR § 50 Abs. 1; BewG § 68; ArbStättV § 15 Abs. 1 Nr. 3
Gründe
Die Klägerin errichtete auf ihrem Betriebsgrundstück in L. eine Glasfabrikationsanlage. Die Produktionsstätte befindet sich in einer rund 170 m langen baulichen Anlage, die sich in drei wesentliche Bestandteile, nämlich das Gemengehaus, die Ofen- und Maschinenhalle sowie die Kühlofen- und Sortierhalle, gliedert. In dem Gemengehaus befinden sich achtzehn Silos unterschiedlicher Höhe und Größe sowie im Untergeschoss der Scherbenbunker. In der Ofen- und Maschinenhalle sind der Schmelzofen sowie die zur Produktion der Gläser notwendigen weiteren Maschinen und technischen Anlagen installiert. Im Untergeschoss der Ofen- und Maschinenhalle (Grundrissebene) befinden sich das Auffangbecken für den Schmelzofen und die für den Produktionsprozess erforderlichen Lüftungsanlagen. Für den Betriebsablauf notwendige regelmäßige Arbeiten werden dort nicht ausgeführt. Aus diesem Grunde wird das Untergeschoss von den in der Ofen- und Maschinenhalle tätigen Arbeitnehmern der Klägerin lediglich zu dem Zweck genutzt, über Treppen auf die Maschinenebene zu gelangen. Auf der Maschinenebene findet der gesamte Produktionsprozess statt; die Gläser werden im 24-Stunden-Schichtbetrieb produziert. Die dort tätigen Arbeitnehmer der Klägerin steuern den Produktionsprozess von vier verschieden großen schallisolierten Steuer- und Wartungsräumen aus. Diese Räume verlassen die Arbeitnehmer je nach Bedarf für die erforderlichen Wartungs- und Kontrollarbeiten am Schmelzofen und den IS-Maschinen für die Glasfabrikation. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll des Beweiserhebungstermins vom 23. August 2000 sowie den Bauplan vom 17. Februar 1992, die Anlagen 1 und 2 zu dem Messbericht des Hygieneinstituts Cottbus GmbH vom 7. November 2000 und die zu den Akten gereichten Fotografien des Gemengehauses Bezug genommen.
Mit Bescheiden vom 22. April 1998 setzte der Beklagte den Einheitswert für das vorbezeichnete Betriebsgrundstück auf den 1. Januar 1995 auf DM 1 435 000,– und auf den 1. Januar 1996 auf DM 1 587 000,– fest. Hierbei bewertete er sowohl das Gemengehaus (Wert DM 65 420,–) als auch die Ofen- und Maschinenhalle (Wert DM 314 496,–) als Gebäude. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, die Stahlträger und die darin eingehängten Silos bildeten eine Betriebsvorrichtung. Die Aluminiumplatten der Außenverkleidung des Gemengehauses seien nicht standfest. Daher handele es sich bei dem Gemengehaus nicht um ein Gebäude. In der Ofen- und Maschinenhalle herrsche ein hoher Wärme- und insbesondere Lärmpegel, der einen Aufenthalt für Menschen nicht bzw. nur kurzfristig mit entsprechendem Schutz zuließe. Die Halle sei des Weiteren an die besonderen technischen Erfordernisse des Produktionsprozesses angepasst. Eine hochqualitative Produktion könne nicht ohne eine Überdachung stattfinden.
Die Klägerin beantragt,
die Einheitswertbescheide auf den 1. Januar 1995 und den 1. Januar 1996 vom 22. April 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Januar 1999 dahingehend zu ändern, dass das Gemengehaus und die Ofen- und Maschinenhalle nicht als Gebäude in die Bewertung mit einbezogen werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist nunmehr nach einer erneuten Überprüfung durch den Bausachverständigen an Amtsstelle wieder der Ansicht, nur die Silos selbst stellten eine Betriebsvorrichtung dar. Die Silos stützten sich auf tragende Gebäudeteile, da das Gebäude nämlich aus den die Silos tragenden Stahlträgern und der Außenverkleidung gebildet werde. Dies werde zudem dadurch bestätigt, dass das Gemengehaus ...