Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuererstattungsanspruch bei nachträglicher Feststellung einer umsatzsteuerrechtlicher Organschaft. Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 1993

 

Leitsatz (amtlich)

Wird das Bestehen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft nachträglich festgestellt, sind bereits ergangene Umsatzsteuerfestsetzungen gegenüber der Organgesellschaft aufzuheben und bisher bei dieser erfasste Umsätze und Vorsteuerabzüge dem Organträger zuzurechnen. Ein etwaiger Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt steht dem Organträger auch dann zu, wenn die Organgesellschaft die Umsatzsteuer aufgrund eines an sie gerichteten Umsatzsteuervorauszahlungsbescheids gezahlt hatte.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 1, 2 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.08.2001; Aktenzeichen VII R 94/99)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Die X.. Gesellschaft für schlüsselfertiges Bauen (im folgenden: Gemeinschuldnerin) wurde im Jahre 1991 als Tochtergesellschaft mit Alleinbeteiligung der X.. Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH (im folgenden: GmbH) gegründet. Am 17.12.1991 schloß sie mit dieser GmbH einen Beherrschungs- und Abführungsvertrag ab. Auf die in den beigezogenen Steuerakten befindlichen Kopien der Verträge wird verwiesen. Ab dem 18.05.1995 firmierte die GmbH unter Y.. Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH.

Für das Jahr 1993 meldete die Gemeinschuldnerin Umsatzsteuern in Höhe von insgesamt 799.814,– DM an. Sie leistete Vorauszahlungen in Höhe von insgesamt 937.761,58 DM. Der Beklagte erfaßte die Voranmeldungen bis zum Voranmeldungszeitraum Oktober 1993 zunächst bei der Gemeinschuldnerin, stornierte diese dann aber im Januar 1994 und rechnete sie der GmbH als Organträgerin zu. Gleichzeitig buchte er die von der Gemeinschuldnerin geleisteten Vorauszahlungen auf das Erhebungskonto der GmbH um. Die Gemeinschuldnerin und die GmbH wurden davon unterrichtet.

Im Rahmen einer im Jahre 1994 für den Zeitraum Januar 1993 bis April 1994 bei der GmbH durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurde Einvernehmen über das Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen dieser und der Gemeinschuldnerin ab dem 01.01.1993 erzielt.

Im Jahre 1996 reichte die Gemeinschuldnerin eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1993 ein, wonach sich zunächst ein Überschuß in Höhe von 304.814,19 DM ergab. Diese Erklärung berichtigte die Gemeinschuldnerin nach einer Erörterung mit dem Beklagten. Die berichtigte Umsatzsteuererklärung wies Umsätze und Vorsteuern in Höhe von jeweils 0,– DM aus. Sie gelangte zu einem Erstattungsbetrag in Höhe von 799.813,– DM.

In der Folgezeit gingen beim Beklagten Anzeigen über die jeweils teilweise Abtretung des bestehenden Erstattungsbetrages an die X.. Holding AG, die X.. Bauplanung GmbH und die Aktiv Immobilien Vertriebs GmbH ein. Der Beklagte teilte der Gemeinschuldnerin mit, daß kein Guthaben bestehe.

Am 29.10.1996 erließ der Beklagte auf Antrag der Gemeinschuldnerin einen Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 1993. Darin wurden die gezahlten und die erstatteten Beträge ausgewiesen. Hinsichtlich der überzahlten Beträge in Höhe von 947.760,58 DM wurde mitgeteilt, daß eine Umbuchung auf das Steuerkonto der GmbH erfolgt sei. Einen von der Gemeinschuldnerin gestellten Antrag auf Veranlagung lehnte der Beklagte im Hinblick auf die im Streitjahr bestehende Organschaft mit Bescheid vom 30.10.1996 ab.

Die Gemeinschuldnerin legte gegen den Abrechnungsbescheid Einspruch ein und führte aus, daß die vorgenommenen Umbuchungen rechtswidrig seien. Eine Umbuchung könne nur unter den Voraussetzungen einer Abtretung oder unter den Voraussetzungen einer Aufrechnung vorgenommen werden. Sie, die Gemeinschuldnerin, habe keine Abtretungserklärung abgegeben. Eine Aufrechnungslage bestehe nicht.

Der Beklagte wies den Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid als unbegründet zurück. Er führte aus, daß dem von der Gemeinschuldnerin geltend gemachten Erstattungsanspruch ein Verrechnungsvertrag entgegenstehe. Neben der einseitigen Aufrechnung gebe es die Möglichkeit der zweiseitigen vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Finanzamt und dem Steuerpflichtigen über die Verrechnung der wechselseitigen Forderungen. Eine solche Vereinbarung sei auch möglich, wenn die Voraussetzungen für die Aufrechnung nicht erfüllt seien. Ein solcher Verrechnungsvertrag liege hier vor. Die GmbH habe als Organmutter ihm, dem Beklagten, gegenüber in der Erklärung zur Umsatzsteuer 1993 ein entsprechendes Verrechnungsangebot unterbreitet, welches er, der Beklagte, in der Abrechnung zur Umsatzsteuer angenommen habe. Dabei habe er, der Beklagte, unterstellt, daß die von der Organmutter abgegebene Willenserklärung auch im Namen der Gemeinschuldnerin erfolgt sei. Mit dem Abschluß des Beherrschungsvertrages habe die Gemeinschuldnerin die Leitung ihrer Gesellschaft der GmbH unterstellt, die insoweit berechtigt gewesen sei, der Gemeinschuldnerin jegliche Weisung zu erteilen. Der Verrechnungsvertrag zur Umbuchung von Er...

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