Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftliches Eigentum an Grundstück im Beitrittsgebiet bei Einräumung eines lebenslänglichen Nutzungsrechts durch staatlichen Verwalter vor der Wiedervereinigung. Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag 1991
Leitsatz (amtlich)
Ehegatten als Nutzungsberechtigte aus einem im Beitrittsgebiet vor dem 3. Oktober 1990 geschlossenen Vertrag, mit dem ihnen durch einen staatlichen Verwalter gegen Hinterlegung eines Geldbetrages ein bebautes Grundstück zur lebenslänglichen Wohnnutzung überlassen wurde (sog. Überlassungsvertrag), waren 1991 als wirtschaftliche Eigentümer des Gebäudes berechtigt, für von ihnen vorgenommene Arbeiten an dem Gebäude den Abzugsbetrag nach § 7 Fördergebietsgesetz in Anspruch zu nehmen.
Normenkette
AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 10e; FördG § 7 Abs. 1; VermG § 16 Abs. 2 S. 2
Tenor
Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 01.06.1993 und Änderung des Bescheides vom 03.08.1992 wird die Einkommensteuer 1991 derart neu festgesetzt, daß ein Betrag von 577 DM in Sonderausgaben abgezogen wird. Die Neuberechnung der Steuer wird dem Beklagten auf getragen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die klagenden Eheleute sind 1942 und 1944 geboren. Sie schossen mit dem … als staatlichem Verwalter am 16.03.1971 einen Überlassungsvertrag über das 545 qm große und mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück… in … ab. Dadurch wurde den Klägern das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück zur eigenen Nutzung für persönliche Wohn- oder Erholungszwecke überlassen. Die Kläger waren berechtigt, das Grundstück zu bebauen oder an den vorhandenen Gebäuden bauliche Veränderungen vorzunehmen, wenn hierzu eine staatliche Baugenehmigung vorliege. Die Kläger wurden verpflichtet, das Grundstück in einem einwandfreien Zustand zu erhalten. Sämtliche Aufwendungen für die Instandhaltung und notwendige Instandsetzung wurden ihnen auferlegt, ebenso die Verpflichtung, alle Abgaben, Öffentlichen Lasten und Versicherungen zu tragen.
Miete oder Pacht wurde nicht erhoben. Der Wert des Grundstücks wurde mit 17.500,00 Mark ermittelt. Diesen Betrag hatten die Kläger an den staatlichen Verwalter zu entrichten, und zwar in Höhe von 30,00 Mark für den käuflich zu erwerbenden Aufwuchs, in Höhe von 5066,53 Mark zur Ablösung eines Grundpfandrechts gegen Eintragung einer Hypothek zugunsten der Kläger, die für die Dauer des Überlassungsvertrages unverzinslich und unkündbar war, und in Höhe von 12.403,47 Mark zur Einzahlung auf das Hinterlegungskonto des staatlichen Verwalters. Der Vertrag wurde auf Lebenszeit der Kläger unkündbar festgesetzt. Eine vorzeitige Aufhebung sollte nur im beiderseitigem Einverständnis unter bestimmten weiteren Voraussetzungen möglich sein, Untervertragsverhältnisse waren grundsätzlich nicht gestattet. Beim Tod eines der Kläger sollten Rechte und Pflichten aus dem Vertrag auf den anderen Kläger allein übergehen. Mit dessen Tod sollte der Vertrag enden, wobei sich der staatliche Verwalter bereit erklärte, einen Vertrag mit einem Erben unter bestimmten Voraussetzungen abzuschließen. Der staatliche Verwalter erklärte sich weiter bereit, für herbeigeführte Werterhöhungen zugunsten der Kläger eine Höchstbetragssicherungshypothek eintragen zu lassen. Schließlich wurde den Klägern während der Dauer des Vertrages ein Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall eingeräumt, das grundbuchlich zu sichern sei.
Es wurde bestimmt, daß der Überlassungsvertrag nicht mit der Aufhebung der staatlichen Verwaltungen. Er sei sowohl dem Grundstückseigentümer als auch dessen Erben gegenüber weiterhin wirksam. Während der Dauer der staatlichen Verwaltung würden die Befugnisse des Eigentümers ruhen.
Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Bestimmungen wird auf die in den Steuerakten enthaltene Kopie des Vertrages Bezug genommen. Seit 1971 nutzen die Kläger das bebaute Grundstück zu eigenen Wohnzwecken.
Am 08.11.1971 wurde unter Abteilung II Post 3 für die Kläger ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle während der Nutzungsdauer eingetragen und in Abteilung III Post 5 zu Gunsten der Kläger eine Hypothek in Höhe von 5066,00 Mark.
In ihrer Einkommensteuererklärung 1991 machten die Kläger Herstellungs- und Erhaltungsaufwendungen im Sinne des § 7 Fördergebietsgesetz in Höhe von 5765,00 DM geltend. Der Beklagte versagte einen entsprechenden Sonderausgabenabzug. Hiergegen richtet sich die von den Klägern nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage.
Die Kläger machen im wesentlichen geltend, sie seien aufgrund des Überlassungsvertrages wirtschaftliche Eigentümer des Grundstücks und könnten damit die steuerlichen Begünstigungen verlangen.
Hilfsweise begehren sie Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf das anhängige Verfahren zum Erlaß eines Schuldrechtsänderungsgesetzes. Weiter hilfsweise bitten sie um „Stundung unserer Herstellungs- und Erhaltungsaufwendungen, bis wir Eigentümer sind”. Sie hätten bereits einen Antrag auf Umwandlung des Überlassungsvertrages i...