Entscheidungsstichwort (Thema)
Über dem Verkehrswert liegende Schätzung des Einheitswerts eines Geschäftsgrundstücks im Beitrittsgebiet. Aussetzung der Vollziehung (Einheitswertsbescheid und Grundsteuermessbescheid auf den 1.1.1991)
Leitsatz (amtlich)
Lässt sich der Einheitswert eines im Beitrittsgebiet gelegenen Geschäftsgrundstücks, für das der Ansatz eines Werts auf der Grundlage von Jahresrohmieten ebenso nicht in Betracht kommt, wie eine Wertermittlung anhand von stichtagsnahen Verkäufen, nur schätzen, ist der nach der RBewDV zu ermittelnde gemeine Wert möglichst wirklichkeitsnah zu bestimmen. Eine vom FA vorgenommene Schätzungsmethode erscheint ernstlich zweifelhaft, wenn der sich daraus ergebende Einheitswert offensichtlich über dem Verkehrswert des Grundstücks liegt, weil unbeachtet geblieben ist, dass sich das Grundstück infolge von dessen Kontaminierung und Bebauung mit unbrauchbaren Gebäuden als nahezu unverkäuflich erwiesen hat und dass es vom Gesamtvollstreckungsverwalter aus der der Gesamtvollstreckung unterliegenden Vermögensmasse auf Dauer freigegeben wurde, was dessen Wert- oder Ertragslosigkeit oder aber schädliche Konsequenzen für die der Gesamtvollstreckung unterliegende Vermögensmasse indiziert.
Normenkette
BewG 1991 § 129 Abs. 2; BewG DDR § 10 Abs. 1; AO 1977 § 162; RBewDV §§ 3a, 32 Abs. 1 Nr. 2, § 33 Abs. 2 S. 1; BewG § 9 Abs. 2; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2
Tenor
Die Vollziehung des Einheitswertbescheides vom 9. Juni 2000 wird mit Wirkung vom 30. Juni 2000 bis zum Ablauf eines Monats nach Abschluss des Einspruchsverfahrens ausgesetzt, soweit darin ein höherer Einheitswert als 25.000 DM festgestellt wird.
Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens haben der Antragsteller und der Antragsgegner je zur Hälfte zu tragen.
Der Wert des Verfahrensgegenstands wird auf 40.800 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die zutreffende Höhe des Einheitswerts für das Geschäftsgrundstück in der Gemarkung … Flur … Flurstück … Das Grundstück ist mit drei Hallen, einem Verwaltungs- und einem Sozialgebäude, einem Heizhaus, einem B. renn Stoff lag er, einem Pförtnerhaus, einem Trafogebäude und einem Öllager bebaut.
Mit Nachfeststellungsbescheid auf den 1.1.1991 vom 30. Juni 1999 wurde der Einheitswert auf 488.100 DM festgestellt und das Grundstück der … gesellschaft mbH zugerechnet, der das Grundstück durch Vermögenszuordnungsbescheid vom 21. Dezember 1995 zugeordnet worden war. Gleichzeitig erging im Wege der Nachveranlagung auf den 1.1.1991 ein Grundsteuermessbescheid. Beide Bescheide enthielten in den Erläuterungen einen Hinweis darauf, dass wegen Eintritts der Verjährung die in diesen Bescheiden getroffenen Feststellungen bzw. der Steuermessbetrag für die Grundsteuer erst ab dem 1. Januar 1993 wirksam seien. Im September 1999 beantragte die … gesellschaft mbH, den Bescheid aufzuheben. Eigentümer des Grundstücks sei nach wie vor die … bau und Vertriebes GmbH i.A. Da über das Vermögen dieser Gesellschaft das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet worden sei, habe sie, die … gesellschaft mbH, das Grundstück nicht übernehmen können.
Unter Hinweis auf die Bindungswirkung des Zuordnungsbescheids wies der Antragsgegner diesen Antrag mit Bescheid vom 11. Oktober 1999 zurück. Nachdem die … gesellschaft mbH nachgewiesen hatte, dass der Zuordnungsbescheid bereits am 30. September 1999 aufgehoben worden war, hob der Antragsgegner den Einheitswertbescheid und den Grundsteuermessbescheid vom 30. Juni 1999 mit Bescheid vom 24. Mai 2000 auf. Zuvor hatte er den Antragsteller in seiner Eigenschaft als Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der … bau und Vertriebs GmbH i.A. nach § 174 Abs. 4 und 5 Abgabenordnung –AO– zum Verfahren hinzugezogen. Das Gesamtvollstreckungsverfahren war am 10. Dezember 1991 eröffnet worden; der Prüfungstermin hatte am 25. März 1992 stattgefunden.
Am 9. Juni 2000 erließ der Antragsgegner gegen den Antragsteller in seiner Eigenschaft als Gesamtvollstreckungsverwalter einen – im übrigen unveränderten – Nachfeststellungsbescheid auf den 1.1.1991, mit dem er das Grundstück der … bau und Vertriebs GmbH i.A. zurechnete. Gleichzeitig erging gegen den Antragsteller – ebenfalls in seiner Eigenschaft als Gesamtvollstreckungsverwalter – im Wege der Nachveranlagung auf den 1.1.1991 ein Grundsteuermessbescheid. Beide Bescheide enthielten in den Erläuterungen einen Hinweis darauf, dass sie erst nach Ablauf der Feststellungsfrist/Festsetzungsfrist ergangen seien und gemäß § 181 Abs. 5 AO nur solchen Steuerfestsetzungen zugrunde gelegt werden könnten, deren Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen gewesen sei.
Gegen diese Bescheide legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide. Der ermittelte Einheitswert sei viel zu hoch, er liege vermutlich sogar über dem Verkehrswert. Mit Bescheid vom 11. Juli 2000 wies der Antragsgegner den Antrag auf Aussetzung der Vollz...