Grundstücksbewertung im Vergleichswertverfahren

In einem vom FG Düsseldorf entschiedenen Fall stritten die Beteiligten für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung um die Bewertung eines Grundstücks im Sachwertverfahren bzw. um die Höhe des Vergleichswerts.

Folgender Fall wurde verhandelt: Die Antragsteller sind je zur Hälfte Rechtsnachfolger des am 22.7.2022 verstorbenen P. Zum Nachlass gehörte ein Einfamilienhaus. Die Erbschaft- und Schenkungssteuerstelle des Finanzamts C. fragte beim Antragsgegner die Feststellung eines Grundbesitzwerts auf den 22.7.2022 an. Die Antragsteller reichten eine Bedarfswerterklärung zur Bewertung dieses Grundstücks ein.

Bewertung des Einfamilienhauses

Der Wert ergab sich aus einem vorläufigen Sachwert unter Anwendung einer Wertzahl in Höhe von 0,90. Der Antragsgegner erließ am 27.11.2023 einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts für Zwecke der Erbschaftsteuer. Hierin stellte er den Wert der wirtschaftlichen Einheit auf X EUR fest.

Zur Begründung verwies er auf eine dem Bescheid beigefügte Anlage. In dieser Anlage befand sich ein Auszug aus dem unter der Webseite www.boris.nrw.de aufzufindenden Immobilienpreiskalkulator.

Gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller Einspruch ein, über den der Antragsgegner noch nicht entschieden hat. Sie beantragten ferner die Aussetzung der Vollziehung, die der Antragsgegner ablehnte. Die Antragsteller haben bei Gericht die Aussetzung der Vollziehung beantragt

Zur Begründung machten sie geltend, dass das Haus – wie in der eingereichten Bedarfswerterklärung – im Sachwertverfahren zu bewerten sei. Die Bewertung mithilfe des Immobilienpreiskalkulators sei nicht zulässig. Dieser Wert werde ausdrücklich als Schätzwert ausgewiesen. Auch der Marktbericht des Gutachterausschusses der Stadt G. erwähne diesen Immobilienpreiskalkulator nicht. Vielmehr verweise er auf Umrechnungskoeffizienten zum Vergleichswertfaktor.

Prüfberechnung des Werts

Des Weiteren habe der Antragsgegner zu Unrecht den Grundstücksmarkt für das Jahr 2022 herangezogen. Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen. Er hat im Rahmen des Antragsverfahrens eine Prüfberechnung im Sachwertverfahren vorgelegt. Daraus ergibt sich ein Sachwert, der von einem vorläufigen Sachwert in Höhe von X EUR ausgeht, wendet aber eine Wertzahl laut Gutachterausschuss von 1,14 EUR aus dem Grundstücksmarktbericht für 2022 an.

Keine Bewertung im Sachwertverfahren

Die von den Antragstellern angestrebte Bewertung im Sachwertverfahren kommt nach dem Beschluss des FG Düsseldorf nicht in Betracht. Nach § 182 Abs. 2 Nr. 3 BewG seien Ein- und Zweifamilienhäuser grundsätzlich im Vergleichswertverfahren zu bewerten. Im Sachwertverfahren seien Grundstücke im Sinne von § 182 Abs. 2 Nr. 3 BewG zu bewerten, wenn kein Vergleichswert vorliegt (§ 182 Abs. 4 Nr. 1 BewG). Danach sei die Bewertung im Sachwertverfahren bereits ausgeschlossen, da ein Vergleichswert vorliegt.

Vergleichswert ist nicht zu beanstanden

Der im Vergleichsfaktorverfahren festgestellte Vergleichswert sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

Gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG sind bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen (Vergleichsgrundstücke). Grundlage sind nach § 183 Abs. 1 Satz 2 BewG vorrangig die von den Gutachterausschüssen im Sinne der §§ 192 ff. BauGB mitgeteilten Vergleichspreise.

Anwendung des Vergleichspreisverfahrens

Das Gesetz beschreibt in § 183 Abs. 1 BewG das sog. Vergleichspreisverfahren. Anstelle von Preisen für Vergleichsgrundstücke können gemäß § 183 Abs. 2 Satz 1 BewG von den Gutachterausschüssen für geeignete Bezugseinheiten, insbesondere Flächeneinheiten des Gebäudes, ermittelte und mitgeteilte Vergleichsfaktoren herangezogen werden. § 183 Abs. 2 BewG enthält danach die Vorgaben für das sog. Vergleichsfaktorverfahren.

Das FG Düsseldorf hält das Vergleichspreisverfahren gemäß § 183 Abs. 1 BewG und das Vergleichsfaktorverfahren gemäß § 183 Abs. 2 BewG für gleichrangig nebeneinanderstehende Verfahren.

Der mithilfe des Immobilienpreiskalkulators festgestellte Vergleichswert erfüllt nach Ansicht des Gerichts die Anforderungen von § 183 Abs. 2 Satz 1 BewG. Für die Anwendung des Vergleichsfaktorverfahrens gemäß § 183 Abs. 2 Satz 1 BewG ermittelt der Gutachterausschuss für Grundstückswerte geeignete Vergleichsfaktoren und teilt diese dem Finanzamt mit. Die maßgebenden Vergleichswertfaktoren ergeben sich aus den jeweiligen Grundstücksmarktberichten der örtlichen Gutachterausschüsse. Häufig wird der örtliche Gutachterausschuss nicht nur Vergleichsfaktoren veröffentlichen, sondern ebenfalls angeben, unter welchen Voraussetzungen die Vergleichsfaktoren angewandt werden können.

Die Anwendung der Vergleichsfaktoren setzt voraus, dass die wertbeeinflussenden Merkmale der Vergleichsgrundstücke beziehungsweise der Grundstücke, für die Vergleichsfaktoren bebauter Grundstücke abgeleitet worden sind, mit dem Zustand des zu bewertenden Grundstücks übereinstimmen. Liegen hier Abweichungen vor, sind diese durch Zu- oder Abschläge (Umrechnungskoeffizienten) zu berücksichtigen. Dabei sind die Vorgaben des örtlichen Gutachterausschusses für Grundstückswerte maßgebend.

Typische Abweichungen

Typische Abweichungen können beispielsweise bei der maßgebenden Wohnungsgröße vorliegen. In diesen Fällen wird der örtliche Gutachterausschuss häufig auch Indexreihen oder Umrechnungskoeffizienten zur Verfügung stellen, damit die Vergleichsfaktoren für möglichst viele Fallkonstellationen angewandt werden können. Diesen Anforderungen wird der mithilfe des Immobilienpreiskalkulators ermittelte Vergleichswert gerecht.

Niedersächsisches FG, Beschluss v. 12.3.2024, 11 V 78/24 A (BG)


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