rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Unmittelbares Drohen der Vollstreckung i.S. des § 69 Abs. 4 FGO. Grunderwerbsteuer. Aussetzung der Vollziehung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beim Gericht ohne vorherige Antragstellung beim FA ist u.a. nur dann zulässig, wenn die Vollstreckung so unmittelbar bevorsteht, dass dem Steuerpflichtigen eine vorherige Antragstellung nicht mehr zugemutet werden kann. Eine routinemäßige Mahnung mit Ankündigung der Vollstreckung bedeutet noch kein Drohen der Vollstreckung i.S. des § 69 Abs. 4 FGO.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 4

 

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsgegner (FA) hatte gegen die Antragsteller (Ast.) mit zwei Bescheiden vom 14. April 1999 – jeweils geändert durch zwei Bescheide vom 29. Juli 1999 – Grunderwerbsteuer in Höhe von jeweils 2.127 DM festgesetzt. Im Rahmen der gegen diese Festsetzungen gerichteten Einspruchsverfahren hatte das FA antragsgemäß die festgesetzte Steuer in Höhe von jeweils 1.252 DM von der Vollziehung ausgesetzt; die Aussetzung der Vollziehung war formularmäßig befristet bis zur Entscheidung über den jeweiligen Einspruch. Mit den Einspruchsentscheidungen vom 04. Juli 2003 setzte das FA die Grunderwerbsteuer sodann erhöht auf jeweils 2.281,38 EUR fest. Mit zwei Formularschreiben vom 27. August 2003, die jeweils als „Mahnung mit Ankündigung der Vollstreckung” überschrieben waren, forderte das FA die Ast. zur Zahlung der nach seiner Auffassung jeweils fälligen Beträge auf. Dabei handelte es sich beim Ast. um einen Schuldbetrag von 1.834 EUR (ohne Nebenleistungen) und bei der Ast. um einen Schuldbetrag von 553,72 EUR (ohne Nebenleistungen); wegen des weiteren Inhalts dieser beiden Schreiben wird auf die in Fotokopie bei der Gerichtsakte befindlichen Kopien der Schreiben Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 04. September 2003 begehren die Ast. unter Vorlage der erwähnten Mahnungen vom 27. August 2003 die Aussetzung der Vollziehung der jeweils angeforderten Beträge.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist unzulässig. Denn die Zugangsvoraussetzungen gemäß § 69 Abs. 4 Finanzgerichtsordnung – FGO – sind nicht gegeben. Im Einzelnen:

Das FA hatte vor Stellung des Antrags bei Gericht einen Antrag der Ast. auf Aussetzung der Vollziehung weder ganz noch teilweise abgelehnt. Die in den an die Ast. gerichteten Schreiben des FA vom 22. Juli 2003 enthaltenen Hinweise über das bevorstehende Ende der gewährten Aussetzung der Vollziehung stellt keine derartige Ablehnung dar.

Der Antrag bei Gericht ist auch nicht ausnahmsweise deswegen zulässig, weil die Vollstreckung drohte. Zwar hat das FA am 27. August 2003 an beide Ast. Jeweils Mahnungen „mit Ankündigung der Vollstreckung” versandt. Dabei handelt es sich jedoch offenbar um formularmäßige reine Routinemaßnahmen, wie sie in jedem Fall, in dem Steuern bis zum Fälligkeitszeitpunkt nicht entrichtet werden, erfolgen. Nach Auffassung des Senats ist bei derartigen Routinemaßnahmen aus der Sicht des betroffenen Steuerpflichtigen nicht davon auszugehen, dass die Vollstreckung durch das FA unmittelbar bevorsteht (Beschluss des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 1997 2 V 44/96, EFG 1997, 547). Nach Sinn und Zweck der in § 69 Abs. 4 FGO enthaltenen Regelung soll jedoch eine Antragstellung bei Gericht ohne vorherige Antragstellung beim Finanzamt (unter anderem) nur dann zulässig sein, wenn die Vollstreckung so unmittelbar bevorsteht, dass dem Steuerpflichtigen eine vorherige Antragstellung beim Finanzamt nicht mehr zugemutet werden kann.

Zwar hat der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 22. November 2000 V S 15/00 (BFH/NV 2001, 620) entschieden, dass die von einem Finanzamt an einen Steuerpflichtigen gerichtete „Ankündigung der Vollstreckung” die Voraussetzung des unmittelbaren Drohens der Vollstreckung im Sinne von § 69 Abs. 4 FGO erfüllt. Sofern dies dahingehend zu verstehen sein sollte, dass jede routinemäßige Mahnung mit Androhung der Vollstreckung bereits ein Drohen der Vollstreckung auslöst, folgt der Senat dem nicht

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Zulassung der Beschwerde erfolgt gemäß §§ 128 Abs. 3 S. 2, 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1089143

EFG 2004, 278

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge