rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmtheit eines Vorläufigkeitsvermerks. Wirksamkeit eines unzureichend begründeten Vorläufigkeitsvermerks bei Angabe des Umfangs der Vorläufigkeit. Pflicht zur materiell-rechtlich fehlerfreien Festsetzung bei wirksamer Änderungsmöglichkeit gem. § 165 AO
Leitsatz (redaktionell)
1. Umfasst die Vorläufigkeit eines – wegen der Geltendmachung erheblichen Erhaltungsaufwands an vermieteten Grundstücken u.a. negative Vermietungseinkünfte ausweisenden – Einkommensteuerbescheids die gesamten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und wird dies mit der ausstehenden Beurteilung der Überschusserzielungsabsicht begründet, wird der Vorläufigkeitsvermerk mit dem Eintritt der Bestandskraft des Bescheids unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit – außerhalb der Nichtigkeit – durch die Angabe des Umfangs wirksam. Ändert das FA den bestandskräftigen Bescheid gem. § 165 Abs. 2 AO wegen der Beurteilung des Erhaltungsaufwands als Herstellungskosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG), bestehen keine ernstlichen Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO an der Änderungsbefugnis des FA. Die Frage der Rechtmäßigkeit des wirksamen Vorläufigkeitsvermerks ist unbeachtlich.
2. Der eine gesamte Einkunftsart umfassende und nicht oder nicht ausreichend begründete Vorläufigkeitsvermerk ist hinsichtlich seines Umfangs nicht inhaltlich unbestimmt und damit nicht unwirksam (entgegen BFH-Urteil vom 12.7.2007 X R 22/05).
3. Soweit ein wirksamer Vorläufigkeitsvermerk reicht, ist das FA nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO unzweifelhaft berechtigt – wenn nicht sogar verpflichtet –, eine materiell-rechtlich fehlerhafte Festsetzung durch die materiell-rechtlich zutreffende Festsetzung zu ersetzen.
Normenkette
AO § 165 Abs. 1 S. 3, Abs. 2, § 119 Abs. 1, § 125 Abs. 2; EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1a, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1
Nachgehend
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller wehren sich gegen die Änderung eines Einkommensteuerbescheides, mit der der Antragsgegner unter Berufung auf einen Vorläufigkeitsvermerk Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemindert hat, und begehren hierfür die Aussetzung der Vollziehung.
Im Jahre 2004 erwarben die Antragsteller ein Einfamilienhaus (Altbau) in der … Str. 4 in H. für EUR 140.000,00. Nach Abzug des auf den Grund und Boden entfallenden Anteils und Hinzurechnung der anteiligen Anschaffungsnebenkosten betrugen die Anschaffungskosten des Gebäudes unstreitig EUR 119.035,00. Sie sanierten das Objekt durch Erneuerung der Bäder, Fußböden und Elektroinstallation. Dach, Fenster und Heizung wurden nicht erneuert. Vom 01. März 2006 an vermieteten sie es.
In ihrer am 05. Mai 2006 eingegangenen Steuererklärung für das Jahr 2005 machten die Antragsteller für dieses Objekt Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von EUR 40.838,00 geltend, die mangels Einnahmen den Werbungskosten entsprachen. In diesen Betrag war unter anderem Erhaltungsaufwand von EUR 33.733,00 eingeflossen. Nach eigener Angabe (zu der nach Aktenlage auch Belege vorgelegen haben) war insgesamt im Jahre 2005 Erhaltungsaufwand von EUR 67.466,00 angefallen. In einer Anlage zur Erklärung hatten die Antragsteller erklärt, den Erhaltungsaufwand auf zwei Jahre aufzuteilen. Der Bearbeiter des Antragsgegners vermerkte hierzu handschriftlich „Erhaltungsaufwand (keine originären HK) geprüft”.
Mit Bescheid vom 11. Juli 2006 setzte der Antragsgegner Einkommensteuer von EUR 11.546,00 fest und berücksichtigte hierbei Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von insgesamt EUR – 39.129,00, von denen EUR – 41.443,00 auf das streitige Objekt und vermutlich EUR 2.304,00 auf ein anderes Objekt – die entsprechende Anlage V befindet sich nicht in den Akten – entfielen. Die Änderung gegenüber dem angegebenen Verlust beruhte auf einer Erhöhung des Afa-Satzes von 2 % auf 2,5 %.
Im Kopf des Bescheides heißt es „Der Bescheid ist nach § 165 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO teilweise vorläufig.” Unter den Erläuterungen heißt es eingangs „Die Festsetzung der Einkommensteuer ist vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, weil zurzeit die Überschusserzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden kann.” Weitere Erläuterungen zur Vorläufigkeit (beschränkte Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen etc.) stehen mit der Vermietung und Verpachtung nicht in Zusammenhang.
Mit der am 26. Juni 2007 eingegangenen Steuererklärung für das Jahr 2006 machten die Antragsteller für dieses Objekt einen Verlust von insgesamt EUR 47.298,00 geltend, der sich aus Einnahmen von EUR 4.300,00 und Werbungskosten von EUR 51.598,00 zusammensetzte. In die Werbungskosten war der zweite Teil des Erhaltungsaufwandes aus dem Jahre 2005, mithin wieder ein Betrag von EUR 33.733,00 eingegangen...