Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterliegensgebühr bei einer unzulässigen Gegenvorstellung
Leitsatz (redaktionell)
1. Seit In-Kraft-Treten des Zivilprozessreformgesetzes ist im Falle einer unzulässigen Gegenvorstellung dem Rügeführer eine pauschale Unterliegensgebühr in Höhe von 50 EUR aufzuerlegen (analoge Anwendung von § 321 a ZPO i.V.m. Nr. 1960 des Kostenverzeichnisses, Anl. 1 zu § 11 Abs. 1 GKG).
2. Zur Statthaftigkeit einer Gegenvorstellung.
Normenkette
ZPO § 321a; FGO § 135 Abs. 1, § 155; GKG KV Nr. 1960
Tenor
Die Gegenvorstellung wird verworfen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Tatbestand
I.
Der Senat hat mit Beschluss vom 29. April 2003 den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Gewerbesteuermessbescheides 1998 abgelehnt und im Übrigen das Verfahren eingestellt. Die Beschwerde ist nicht zugelassen worden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses Bezug genommen. Der Beschluss ist mit einfachem Brief der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zugesandt worden (Absendung bei Gericht am 12. Mai 2003).
Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16. Mai 2003 (bei Gericht am 19. Mai 2003 eingegangen) hat die Antragstellern Gegenvorstellung wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit erhoben. Die Antragstellerin rügt, dass der Senat in dem Beschluss vom 29. April 2003 die Beschwerde hätte zulassen müssen. Der Senat sei von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH-Urteil vom 11. Juli 1961 I 226/60 U, BStBl III 1961, 463) abgewichen, die die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes (RFH-Urteil vom 11. September 1934 I A 26/34, RStBl 1934, 1443) fortgeführt habe. Wegen der weiteren Ausführungen der Antragstellerin wird auf den Schriftsatz vom 16. Mai 2003 verwiesen.
Die Antragstellerin hat sinngemäß beantragt,
den Beschluss vom 29. April 2003 dahingehend zu korrigieren, dass die Beschwerde zugelassen wird.
Der Antragsgegner hält die Gegenvorstellung für nicht statthaft.
Entscheidungsgründe
II.
Der Rechtsbehelf ist als Gegenvorstellung analog § 321 a der Zivilprozessordnung – ZPO – zu verstehen. Als solcher ist er statthaft, wenn gegen die angefochtene Entscheidung kein förmlicher Rechtsbehelf gegeben ist und ein schwerwiegender Verfahrensfehler von dem unterlegenen Beteiligten gerügt wird oder die Entscheidung aus sonstigen Gründen „greifbar gesetzwidrig” ist. Insoweit ist die Gegenvorstellung seit In-Kraft-Treten des Zivilprozessreformgesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl I 2001, 1887) an die Stelle der nach der früheren Rechtsprechung möglichen außerordentlichen Beschwerde getreten (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 05. Dezember 2002 IV B 190/02, BStBl II 2003, 269; BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2002 V B 185/02, BStBl II 2003, 270; BFH-Beschluss vom 29. Januar 2003 I B 114/02 BStBl II 2003, 317).
Die Gegenvorstellung ist als unzulässig zu verwerfen, denn die Antragstellerin hat keinen Grund substantiiert vorgetragen, der zu einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit führen könnte.
Die Antragstellerin macht ausschließlich geltend, der Senat habe zu Unrecht die Beschwerde nicht zugelassen; sie sieht hierin eine greifbare Gesetzeswidrigkeit. Das ist jedoch nicht der Fall.
Eine greifbare Gesetzeswidrigkeit ist anzunehmen, wenn die erstinstanzliche Entscheidung jeglicher Grundlage entbehrt und damit eine nicht hinnehmbare Gesetzeswidrigkeit zur Folge hat. Der kraft Gesetzes unanfechtbare Beschluss muss demgemäß unter schwerwiegender Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen sein oder auf einer Gesetzesauslegung beruhen, die offensichtlich dem Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes widerspricht und die eine Gesetzesanwendung zur Folge hat, die durch das Gesetz ersichtlich ausgeschlossen werden sollte (ständige BFH-Rechtsprechung; vgl. statt vieler BFH-Beschluss vom 04. Juli 2002 XI B 17/02, BFH/NV 2002, 1477). Letzteres ist beispielweise der Fall, wenn eine Entscheidung dieser Art, dieses Inhalts, dieser Stelle oder aufgrund eines derartigen Verfahrens im Gesetz überhaupt nicht vorgesehen ist (BFH-Beschluss vom 10. Juli 2002 IX B 73/02, BFH/NV 2002, 1341). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Die vom Senat zur Zulassung der Beschwerde getroffene Entscheidung ist nach § 128 Abs. 2 FGO möglich. Mit der Rüge, dass der Senat die Beschwerde hätte zulassen müssen, macht die Antragstellerin auch keinen als grobes prozessuales Unrecht zu wertenden Verfahrensfehler geltend (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Februar 2002 IX S 2/01, nicht veröffentlicht). Auch wenn der Auffassung der Antragstellerin folgend die Beschwerde hätte zugelassen werden müssen, würde kein solch schwerwiegender Fehler vorliegen, der zu einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit führen würde. Denn allein der Umstand, dass eine Entscheidung inhaltlich rechtsfehlerhaft ist, führt nicht notwendigerweise zu einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit im Sinne der Rechtsprechung (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Januar 2000 I B 119/99, BFH/NV 2000, 858).
Im Übrigen hat der Senat zu Recht die Beschwerde nicht zugelassen. Das auf Seite 2 ...