Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen und Lebensversicherungsbeiträgen bei der Ermittlung der kindergeldrechtlichen Einkünfte im Jahr 1999. Kindergeld

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Begriff der „Einkünfte” in § 32 Abs. 4 S. 2 EStG entspricht der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG. Er ist nicht als „zu versteuerndes Einkommen” i.S. des § 2 Abs. 5 EStG oder als „Einkommen” i.S. des § 2 Abs. 4 EStG (Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen) zu verstehen.

2. Die Sozialversicherungsbeiträge des Kindes sind im Kalenderjahr 1999 in verfassungsrechtlich ausreichendem Umfang bereits bei der Bemessung des Jahresgrenzbetrags –13020 DM– berücksichtigt (Anschluss an das BFH-Urteil vom 4. November 2003 VIII R 59/03, BFH/NV 2004, 407, hinsichtlich der Berechnungsmethode zur Überprüfung des Jahresgrenzbetrags an verfassungsrechtlichen Vorgaben).

 

Normenkette

EStG 1999 § 32 Abs. 4 S. 2, § 2 Abs. 2, 5, 4, § 10; GG Art. 6 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 03.08.2004; Aktenzeichen VIII B 103/04)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Auslegung des in § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz 1999 (EStG) enthaltenen Begriffs der „Einkünfte”.

Die Tochter des Klägers, … beendete am 08. Juli 1999 ihre Ausbildung bei der …, als Industriemechanikerin.

Den Antrag des Klägers auf Kindergeld für den Zeitraum Januar – Juli 1999 lehnte der Beklagte ab und wies auch den Einspruch des Klägers zurück, weil Einkünfte und Bezüge den anteiligen Grenzbetrag übersteigen würden.

Dagegen hat der Kläger am 26. Oktober 1999 Klage erhoben. Im Klageverfahren wurden sich die Beteiligten unter Beachtung der zwischenzeitlich ergangenen höchstrichterlichen Urteile über die Höhe des zu berücksichtigenden Arbeitslohns und der Werbungskosten einig:

Ausbildungsvergütung

(01-02/99 mtl. 1.716,00 DM

10.696,00 DM

03-06/99 mtl. 1.816,00 DM)

Urlaubsgeld (gezahlt 05/99)

455,00 DM

Summe der Einnahmen

11.151,00 DM

abzüglich Werbungskosten (01-06/99)

4.136,00 DM

Einkünfte

7.015,00 DM

Der Kläger ist jedoch der Ansicht, dass von den Einkünften noch Sonderausgaben, die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung i.H.v. 2.575,65 DM und zur Lebensversicherung in Höhe von 291 DM, abzuziehen seien.

In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt, bis zum Ergehen der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerde mit dem Aktenzeichen 2 BvR 167/02 das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

Der Kläger hat beantragt,

unter Änderung des Bescheides vom 20. August 1999 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 08. Oktober 1999 Kindergeld für seine Tochter … für die Monate Januar bis Juli 1999 festzusetzen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Seiner Ansicht nach stünde der Wortlaut des Gesetzes der vom Kläger begehrten Auslegung des Begriffs der Einkünfte entgegen. Dem Antrag auf Ruhen des Verfahrens könne er sich nicht anschließen, denn dieser sei unzweckmäßig.

Nach übereinstimmendem Antrag der Beteiligten und entsprechendem Beschluss durch das Gericht ruhte das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am 30. September 2002 über die Verfassungsbeschwerde mit dem Aktenzeichen 2 BVR 1781/00.

Dem Gericht hat die vom Beklagten für den Kläger geführte Kindergeldakte vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Ein Ruhen des Verfahrens war nicht anzuordnen.

Gemäß § 155 Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung hat das Gericht das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist.

Im Streitfall mangelt es an übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten. Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, er wünsche eine Entscheidung.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht kein Kindergeld gewährt, weil die Einkünfte der Tochter des Klägers für den streitigen Zeitraum in Höhe von 7.015 DM den anteiligen Grenzbetrag in Höhe von 6.510 DM (6/12 von 13.020 DM) übersteigen.

Da die anzusetzenden Einnahmen und Werbungskosten der Tochter des Klägers zwischen den Beteiligten unstreitig sind, braucht das Gericht darauf nicht weiter einzugehen.

Ein Anspruch auf Kindergeld gemäß §§ 62 Abs. 1; 63 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG ist gegeben, wenn zuzüglich zum Vorliegen anderer hier nicht streitiger Voraussetzungen das Kind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 13.020 DM im Kalenderjahr hat, bzw. im Streitfall von nicht mehr als 6.510 DM hat, § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG.

Die maßgebenden Einkünfte der Tochter des Klägers betragen 7.015 DM. Zu Recht hat der Beklagte von der erzielten Ausbildungsvergütung in Höhe von 11.151 DM nur die Werbungsk...

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