rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug trotz fehlender Angabe des Lieferzeitpunkts in der Eingangsrechnung
Leitsatz (redaktionell)
Eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung muss grundsätzlich unter anderem das Leistungsdatum enthalten. Der Vorsteuerabzug ist aber auch dann zu gewähren, wenn zwar in der Rechnung der Lieferzeitpunkt nicht angegeben ist, definitiv nicht mit dem Rechnungsdatum übereinstimmt und sich daher auch nicht aus dem Rechnungsdatum ableiten lässt, wenn sich der Lieferzeitpunkt jedoch aus anderen vorliegenden Unterlagen ergibt und somit feststeht, dass die materiellen Voraussetzung für den Vorsteuerabzug unzweifelhaft gegeben sind (gegen BFH-Rechtsprechung und gegen UStAE 15.2a; Anschluss an EuGH-Rechtsprechung).
Normenkette
UStG § 14 Abs. 4 S. 1 Nrn. 4, 6, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sätze 1-2; MwStSystRL Art. 178 Buchst. a, Art. 226 S. 1 Nrn. 2, 6-7
Tenor
Der Bescheid über Umsatzsteuer für 2007 vom 19. Januar 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Mai 2016 wird dahingehend abgeändert, dass die Umsatzsteuer um EUR auf EUR herabgesetzt wird.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten sich über die Berechtigung der Klägerin zum Vorsteuerabzug i.H.v. EUR aus zwei Rechnungen derselben Rechnungsnummer (ohne konkrete Angabe des Lieferzeitpunktes) über eine im Jahr 2007 erfolgte und vollständig bezahlte Lieferung einer CNC Wälzstoßmaschine.
Die Klägerin wurde im Jahr 1995 gegründet.
Die Klägerin versteuerte ihre Umsätze im Streitjahr 2007 nach vereinbarten Entgelten.
Sie bestellte bei der B am 20. April 2006 eine CNC-Wälzstoßmaschine für einen Gesamtkaufpreis von EUR zzgl. Umsatzsteuer. Sie beabsichtigte, einen Teil des Kaufpreises durch staatliche Fördermittel (Investitionszulage) zu finanzieren. Die Auftragsbestätigung datiert auf den 25. April 2006. Hierin wurde als Liefertermin der 31. Dezember 2006 bestätigt, gleichzeitig aber unter „interne Anmerkungen” folgendes ausgeführt: „Die Maschine wird durch Fördermittel finanziert. Der externe Liefertermin muss deshalb 31.12.2006 lauten. Intern wird die Maschine wie vereinbart für Lieferung in KW 04/2007 geplant. Wir erhalten zu gegebenem Zeitpunkt eine Übernahme von A”. In dem im Zusammenhang mit der Übersendung der Auftragsbestätigung übersandten Anschreiben der Lieferantin vom 11. Mai 2006 wurde zum einen auf die Geltung der beigefügten VDW-Nr. 502 Lieferbedingungen hingewiesen und eine Vor- und Endabnahme vereinbart. Die Lieferbedingungen regeln unter Ziffer IV Nr.1, dass die Abnahme für den Gefahrübergang maßgeblich ist, sofern eine solche zu erfolgen hat. Die Maschine wurde bereits in der Auftragsbestätigung mit einer Seriennummer (29 690) individualisiert. Diese Nummer ist in allen weiteren Dokumenten (insbesondere in Rechnungen und im Abnahmeprotokoll) angegeben.
Ausweislich eines in den Akten befindlichen Lieferscheines wurde die Maschine am 20. Februar 2007 am Sitz der Klägerin übergeben. Es existiert zudem ein Protokoll über eine Endabnahme am 30. März 2007.
Die B stellte hinsichtlich der vereinbarten Lieferung folgende Rechnungen aus:
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Rechnung Nr. 95270702 vom 11.05.2006 (Anzahlungsrechnung) |
EUR zzgl. EUR USt |
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Rechnung Nr. 95223832 vom 29.12.2006 (2. Anzahlung) |
EUR zzgl. EUR USt |
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Rechnung Nr. 95223832 vom 31.12.2006 (Abschlussrechnung) |
EUR zzgl. EUR USt |
Sämtliche o.g. Rechnungen enthielten keine Angabe des Lieferzeitpunkt, sondern lediglich den Hinweis „Lieferung durch Spedition”. Die Klägerin zahlte die erste Rechnung noch im Jahr 2006, die weiteren Rechnungen am 20. März 2007 bzw. am 4. Mai 2007.
Daneben existiert eine Rechnung vom 31. Dezember 2006 i.H.v. EUR zzgl. EUR USt, Rechnung Nr. 95223832, die als Lieferdatum „Jan/Feb. 2007” auswies. Diese Rechnung wurde von der Rechnungsausstellerin im Jahr 2007 storniert. Ferner existiert eine „Abschlussrechnung” vom 29.12.2006 i.H.v. EUR zzgl. EUR USt (Rechnung Nr. 95223832). Diese Rechnung enthielt zusätzliche Werkzeugausrüstungen und wurde von ebenfalls von der Lieferantin mit Schreiben vom 26. Juli 2007 storniert.
Die Klägerin reichte die Umsatzsteuerjahreserklärung für 2007, mit der sie eine festzusetzende Umsatzsteuer i.H.v. EUR erklärte, am 27. Juni 2008 beim Beklagten ein. Hierin enthalten war u.a. ein Vorsteuerbetrag von EUR aus den o.g. Rechnungen (jeweils Nr. 95223832) vom 29. Dezember 2006 und 31. Dezember 2006. Die Erklärung stand damit gem. § 168 Abgabenordnung (AO) einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
Der Beklagte führte bei der Klägerin in der Zeit vom 30. September 2011 bis 21. Dezember 2011 eine steuerliche Betriebsprüfung durch, die sich neben der Investitionszulage für 2006 u.a. auf Umsat...