rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufspraktische Tätigkeit mit anschließender externer Abschlussprüfung bei der IHK nach § 45 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) als kindergeldrechtliche Berufsausbildung
Leitsatz (redaktionell)
Kann der volljährige Sohn seine reguläre Ausbildung zum Koch trotz mehrmaligen Wechsels der Ausbildungsstelle und einiger erfolgloser Bewerbungen um eine Ausbildungsstelle nicht beenden, so befindet er sich weiter in einer Berufsausbildung i. S. v. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG, wenn er sich anschließend im Rahmen berufspraktischer Tätigkeiten und vertraglicher Vereinbarungen mit einer Gaststätte in einem Zeitraum von ca. einem Jahr ernsthaft und nachhaltig auf die externe Abschlussprüfung bei der IHK nach § 45 Abs. 2 BBiG vorbereitet und letztendlich die Abschlussprüfung im staatlich anerkannten Ausbildungsberuf Koch besteht.
Normenkette
EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; Berufsbildungsgesetz § 45 Abs. 2
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Streitgegenstand Kindergeld Juli 2007 betroffen ist.
Der Aufhebungsbescheid vom 08. Oktober 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. November 2007 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, Kindergeld für den Sohn S. der Klägerin für den Zeitraum August 2007 bis Januar 2009 in gesetzlicher Höhe festzusetzen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Kindergeld (noch) von August 2007 bis Januar 2009 für ihren am 11. Juni 1987 geborenen Sohn S.
Am 16. August 2004 begann der Sohn eine Lehre als Koch. Diese beendete er auf Anraten der Prüfungskommission der Zwischenprüfung durch eigene Kündigung zum 15. April 2006 und setzte sie sogleich bei einer anderen Gaststätte (B.) am 16. April 2006 fort. Zum 15. August 2006 wurde dieses Ausbildungsverhältnis betriebsbedingt gekündigt. Am 01. September 2006 konnte die Ausbildung sodann bei der … Hotel GmbH fortgesetzt werden. Auch dort erfolgte zum 15. Dezember 2006 eine Kündigung des Ausbildungsverhältnisses. Anschließend war der Sohn arbeitslos gemeldet und bezog vom 01. Januar 2007 bis 17. Juni 2007 Arbeitslosengeld in Höhe von 676,31 EUR.
Seit Mai 2007 übte der Sohn eine geringfügige Beschäftigung von 18 Stunden pro Monat als Küchenhilfe in der Gaststätte B. aus und erhielt hierfür eine monatliche Vergütung von 90 EUR.
Gleichzeitig bemühte er sich nach eigenem Vortrag schriftlich und mündlich darum, ein Unternehmen zu finden, in welchem er seine Ausbildung fortsetzen könne. Vier Bewerbungs- und Absageschreiben aus dem Zeitraum Mai bis Juli 2007 legte er vor. Da sein Bemühen erfolglos blieb, setzte er sich mit der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) in Verbindung, um Möglichkeiten der Beendigung der Ausbildung zu finden. Voraussetzung war insoweit, dass der Sohn einen Nachweis für eine 4,5-jährige Berufstätigkeit als Koch erbringe, um die theoretische und praktische Prüfung absolvieren zu können.
Zur Erlangung der erforderlichen Kenntnisse erhielt er neben seiner geringfügigen Beschäftigung in der Gaststätte B. theoretische und praktische Unterrichtsstunden durch die Facharbeiterin Köchin der Gaststätte. Aufgrund der angedachten Übernahme des Sohnes nach Bestehen der Prüfung wurde am 15. Juli 2007 eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag getroffen, nach der sich der Sohn verpflichtete, die Abschlussprüfung im Jahr 2008 abzulegen und nach festgelegtem Plan Unterrichtsstunden zu nehmen. Entsprechend dieser Verpflichtung wurde ein Ausbildungsplan aufgestellt, der sich am Ausbildungsplan für Köche des dritten Lehrjahres orientierte.
Mit Schreiben vom 28. Juli 2007 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass bisher trotz intensiver Eigenbemühungen keine Ausbildungsstelle gefunden worden sei, der derzeitige Arbeitgeber jedoch die Möglichkeit eingeräumt habe, die begonnene Ausbildung zu beenden.
Mit Bescheid vom 08. Oktober 2007 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung ab Juli 2007 auf und forderte überzahltes Kindergeld Juli 2007 zurück. Zur Begründung verwies sie auf die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) und gab an, dass der Sohn bei der zuständigen Agentur für Arbeit seit dem 26. Juni 2007 nicht mehr als arbeitssuchend geführt werde und einer Einladung der Arbeitsvermittlung ohne Angaben von Gründen nicht gefolgt sei.
Nachfolgend legte der Sohn mit Schreiben vom 20. Oktober 2007 seine Eigenbemühungen und die weiteren Ausbildungsgestaltungen dar und wurde mit Schreiben vom 02. November 2007 durch die Klägerin Einspruch eingelegt.
Mit Einspruchsentscheidung vom 15. November 2007 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Sie wie...