Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der anspruchsschädlichen Kindeseinkünfte beim Wechsel von der Ausbildung in den Beruf während des Monats
Leitsatz (redaktionell)
Wechselt ein Kind während eines Kalendermonats von der Ausbildung in den Beruf, bleiben bei der Berechnung der anspruchsschädlichen Kindeseinkünfte nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG die Einkünfte für diesen Monat insoweit außer Ansatz, als sie auf die Zeit nach der Beendigung des Ausbildungverhältnisses entfallen.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 Sätze 2, 6-7, § 63 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rückzahlung von Kindergeld in Höhe von 1.400 DM, welches die Klägerin für ihre Tochter Daniela, geb. am 26. Januar 1977, für den Zeitraum von Januar bis Juli 1996 erhalten hat.
Daniela ...; hat im Jahre 1996 bei der Stadt ...; Berufsausbildung zur Verwaltungsfachangestellten durchgeführt und diese am 02. Juli 1996 erfolgreich abgeschlossen. Unmittelbar im Anschluß hieran wurde sie ab dem 03. Juli 1996 von der Stadt ...; ein reguläres Arbeitsverhältnis übernommen. Von Januar bis Juni 1996 hat die Tochter der Klägerin eine monatliche Ausbildungsvergütung in Höhe von 1.022,98 DM bezogen. Im Monat Juli 1996 erhielt sie ein Gehalt in Höhe von 2.239,30 DM brutto. Ein Urlaubsgeld in Höhe von 500 DM sowie 66 DM Ausbildungsvergütung für den 1. – 2. Juli waren hierin enthalten.
Mit Bescheid vom 14. Februar 1996 hatte der Beklagte der Klägerin für deren Tochter Daniela ab Januar 1996 Kindergeld in Höhe von monatlich 200 DM bewilligt und hatte diesen Bescheid als einen vorläufigen nach § 165 der Abgabenordnung (AO) erlassen.
Nach Ansicht des Beklagten war die maßgebliche Einkunftsgrenze von 7.000 DM bei der Tochter der Klägerin überschritten. Deshalb hob der Beklagte mit Bescheid vom 24. Juli 1996 den Bescheid vom 14. Februar 1996 gem. § 165 Abs. 2 AO auf und forderte das für Januar bis Juli 1996 gezahlte Kindergeld von 1.400 DM zurück. Das Einspruchsverfahren ist erfolglos geblieben.
Mit der Klage macht die Klägerin geltend, dass der Beklagte bei der Berechnung der zu berücksichtigenden Einkünfte der Tochter zu Unrecht das im Juli 1996 gezahlte Urlaubsgeld von 500 DM in voller Höhe einbezogen habe. Nach Ansicht der Klägerin entfalle das Urlaubsgeld auf den Zeitraum vom 03. Juli bis 31. Dezember 1996 und dürfte somit nach Ansicht der Klägerin lediglich anteilig für den Monat Juli in Höhe von 71,43 DM berücksichtigt werden. Im übrigen sei für den Monat Juli nur die bis zum 02. Juli 1996 erhaltene Ausbildungsvergütung von 66 DM anzusetzen.
Der Senat hat mit Beschluß vom 17. März 1997 die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides abgelehnt. Auf den Beschluß (Az.: II 70/97 V) wird ergänzend Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 24. Juli 1996 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 21. Oktober 1996 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt Bezug auf seine Begründung im Einspruchsbescheid vom 21. Oktober 1996 und macht sich im übrigen die Begründung des Senatbeschlusses vom 17. März 1997 zu eigen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).
Die Klägerin hat für den Zeitraum von Januar bis Juli 1996 nach § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 63 Abs. 1 S. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) Anspruch auf Kindergeld für ihre Tochter Daniela.
Die Einkünfte und Bezüge des Kindes, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet waren, überstiegen nicht den in § 32 Abs. 4 S. 2 – 5 EStG maßgeblichen Grenzbetrag. Dieser beträgt im Streitfall 7.000 DM, denn der Betrag von 12.000 DM nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG war um 5/12 zu kürzen, da die Tochter der Klägerin nur in den Monaten Januar bis Juli 1996 in einem Ausbildungsverhältnis gestanden hat. Entgegen der Ansicht der Arbeits- und Finanzverwaltung hat nach Ansicht des Senats bei der Berechnung der anspruchsschädlichen Kindeseinkünfte nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG der Teil der Einkünfte auszuscheiden, die das Kind erst nach Abschluß der Ausbildung, aber im Monat des Ausbildungsabschlusses erzielt hat.
In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, in welchem Ausmaß die Einkünfte des Kindes angerechnet werden, wenn das Ende der Ausbildung und die Arbeitsaufnahme in denselben Monat fallen (Schmidt/Glanegger, EStG, 17. Aufl. 1998, § 32 Rz. 29) vertreten die Auffassung, dass in diesen Fällen der in dem „Mischmonat” angefallene Arbeitslohn insgesamt zu den zu berücksichtigenden eigenen Einkünften zählt. In der Dienstanweisung zur Durchführung des steuerlichen Familienlastenausgleichs (DA 63.4.1.1. – BStBl I 1997, 7 ff., 16) vertritt die Verwaltung ebenfalls die Auffassung, dass bei der wirtschaftlichen Zurechnung alle Kindeseinkünfte anzurechnen seien, die Kalendermonaten zuzuordnen sind, für die ein Kindergeldanspruch bestehe. Dem ist das Finanzgericht Baden-Württemberg gefolgt (Urteil vom 18. März 1999, 2 K 346...