Entscheidungsstichwort (Thema)
Auszahlung eines Erstattungsbetrags im Falle von zusammenveranlagten Ehegatten. Rückforderungsbescheides
Leitsatz (redaktionell)
Sind Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden, wirkt die Auszahlung des Erstattungsbetrags an einen Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten. Das Finanzamt darf demgegenüber den Erstattungsbetrag dann nicht mehr an den materiell nicht erstattungsberechtigten Ehegatten auszahlen, wenn es erkennt oder erkennen muss, dass der andere Ehegatte mit dieser Verfahrensweise aus beachtlichen Gründen nicht einverstanden ist. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Ehegatte die Erstattung an den anderen Ehegatten nicht billigt. Dann ist die widerlegbare gesetzliche Vermutung hinsichtlich einer Einziehungsvollmacht des einen Ehegatten für den anderen Ehegatten widerlegt und das Finanzamt wird bei Auszahlung an den anderen Ehegatten von seiner Zahlungspflicht gegenüber dem materiell Erstattungsberechtigten nicht frei.
Normenkette
EStG § 36 Abs. 4 S. 3, §§ 26, 26b; AO 1977 § 37 Abs. 2, § 47
Tenor
Der Rückforderungsbescheid vom 27. Juni 2002 und der Einspruchsbescheid vom 09. Oktober 2002 werden aufgehoben.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rückforderung von erstatteter Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für das Kalenderjahr 2000.
Der Kläger wurde im Streitjahr mit seiner Ehefrau … zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Jedenfalls ab März 2002 lebten die Eheleute dauernd getrennt.
Mit Einkommensteuerbescheid vom 08. November 2001 wurde die Einkommensteuer 2000 auf 1.940 DM festgesetzt. Es ergab sich ein Erstattungsanspruch von 11.590 DM an Einkommensteuer und von 645,12 DM an Solidaritätszuschlag zu Gunsten des Klägers und seiner Ehefrau. In der Einkommensteuererklärung hatten der Kläger und dessen Ehefrau ein Konto bei der … in … angegeben. Am 24. Oktober 2001 teilte der Kläger dem Beklagten schriftlich mit:
„Wir rechnen in diesem Jahr mit einer Einkommensteuer-Rückerstattung. Unsere Bankverbindung hat sich geändert.”
Es folgte die Angabe eines Kontos bei der … Das Schreiben war nur vom Kläger unterschrieben. Die Beteiligten streiten darum, ob diese Mitteilung vom Einverständnis der Ehefrau des Klägers gedeckt war.
Der Beklagte überwies den Gesamtbetrag von 12.235,12 DM auf das angegebene Konto bei der …, bei welchem es sich um ein Konto des Klägers handelte.
Am 04. März 2002 teilte die Ehefrau des Klägers dem Beklagten mit, dass der Erstattungsbetrag für 2000 nicht auf „unserem gemeinsamen Konto” eingegangen sei. Am 24. Mai 2002 hat sich die Ehefrau des Klägers schriftlich abermals an den Beklagten gewandt und mitgeteilt, dass es sich bei dem Erstattungskonto um ein privates Konto des Klägers gehandelt habe und dass sie von der Änderung der Bankverbindung gegenüber dem Finanzamt nichts gewusst habe und hiermit nicht einverstanden sei. Ihr Ehemann habe gegenüber dem Finanzamt falsche Angaben gemacht.
Der Beklagte erließ daraufhin am 09. Oktober 2002 einen Abrechnungsbescheid gegenüber der Ehefrau des Klägers, wonach ihr ein anteiliger Erstattungsbetrag von 3.902,69 EUR an Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag zustehe. In eben dieser Höhe erließ der Beklagte gegenüber dem Kläger einen Rückforderungsbescheid am 27. Juni 2002. Der Einspruch hiergegen blieb erfolglos. Die Einspruchsentscheidung datiert vom 09. Oktober 2002.
Mit der am 12. November 2002 eingegangenen Klage macht der Kläger geltend, dass die Vermutung des § 36 Abs. 4 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Streitfall gelte. Der Beklagte sei durch die Erstattung auf das besagte Konto frei geworden. Entscheidend für ein mutmaßliches Einverständnis der Ehefrau mit der Änderung der Kontoangabe gegenüber dem Finanzamt sei der Stichtag 24. Oktober 2001, als nämlich der Kläger die Änderung mitteilte. Dass die Ehefrau später nicht mehr einverstanden gewesen sei, sei unerheblich. Zumindest müsse über die Frage der Vermutung des Einverständnisses Beweis erhoben werden. Zwar habe es sich formal um das Konto des Klägers gehandelt, jedoch habe es sich in der Sache damals um ein Familienkonto gehandelt, von welchem die Haushaltsausgaben einvernehmlich bestritten worden seien. Es sei also defacto ein gemeinsames Konto gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Rückforderungsbescheid vom 27. Juni 2002 und den Einspruchsbescheid vom 09. Oktober 2002 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt weiterhin die Ansicht, dass das Konto, auf welches die Erstattung ursprünglich tatsächlich geflossen sei, nicht als Erstattungskonto legitimiert gewesen sei. Das gemeinsam angegebene Erstattungskonto …, später geändert in sei nur vom Kläger widerrufen worden. Dies sei aber nicht ausreiche...