Entscheidungsstichwort (Thema)
Unentgeltliche Übertragung von Anteilen an der Arbeitgeber-GmbH als Arbeitslohn. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VI R 21/22)
Leitsatz (redaktionell)
1. Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer ohne seine berufliche Tätigkeit weder die Gesellschafter der Arbeitgeberin kennengelernt noch die Anteile übertragen bekommen hätte, reicht für die Annahme von steuerpflichtigem Arbeitslohn nicht aus.
2. Im Streitfall lag eine Übertragung der Anteile im Rahmen der Unternehmensnachfolge vor, die den Fortbestand des Unternehmens sichern sollte, bei der gesellschaftsrechtliche strategische Überlegungen im Vordergrund standen und die sich daher aufgrund der gewählten Vertragsgestaltung aus objektiver Sicht nicht als Arbeitslohn darstellt.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1
Tenor
Der Bescheid für 2014 über Einkommensteuer vom 13. April 2016 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2021 werden dahingehend abgeändert, dass die Einkommensteuer für 2014 unter Berücksichtigung von um EUR verminderter Einkünfte der B. aus nichtselbständiger Arbeit herabgesetzt wird. Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die der B. von den Gesellschaftern mit Vertrag vom 19. Dezember 2013 zum 1. Januar 2014 unentgeltlich übertragenen Anteile an einer GmbH, deren Arbeitnehmerin sie ist, als Arbeitslohn im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu versteuern sind, oder ob es sich bei der Übertragung vielmehr um einen (lediglich) der Schenkungsteuer unterliegenden Vorgang handelt.
Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammenveranlagt.
Die B ist seit vielen Jahren für die C im Bereich Vertrieb/Personal tätig und erzielte hieraus im Streitjahr 2014 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.
Die C (im folgenden auch GmbH) mit Sitz in Z wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 27. Dezember 1994 von D und E gegründet. Das Stammkapital betrug DM. Nach Umstellung auf Euro hielt D vom Stammkapital von nunmehr EUR einen Anteil von EUR und E einen Anteil von EUR. Gegenstand des Unternehmens der GmbH war und ist die (vgl. Handelsregister).
Am 24. November 2013 fand eine Gesellschafterversammlung statt, deren Thema die Unternehmensnachfolge war, weil der Gesellschafter-Geschäftsführer D am 19. November 2012 das 65. Lebensjahr vollendet hatte. Im Protokoll der Gesellschafterversammlung wird ausgeführt, dass im Rahmen der Regelung der Unternehmensnachfolge die Übertragung von Geschäftsanteilen geplant sei, wodurch die Unternehmensfortführung gesichert werden solle. Die Übertragung der Geschäftsanteile solle zum einen an den gemeinsamen Sohn der beiden Gesellschafter, F, der als Arzt tätig ist, und zum anderen an die Mitglieder der Geschäftsleitung erfolgen. Hierzu sind neben der B vier weitere Personen namentlich benannt. Die beiden bisherigen Gesellschafter hielten die Absicht fest, dass die genannten Personen das Unternehmen nach dem Wechsel in der Geschäftsleitung verantwortlich führen und leiten sollen. Eine Führung und Leitung des Unternehmens nur durch den Sohn sei u.a. wegen der fehlenden unternehmerischen Erfahrung nicht gewährleistet. Deshalb werde der Erfolg der Gesellschaft in Zukunft von der stärkeren persönlichen Einbindung der bisher in der Geschäftsleitung tätigen Mitarbeiter abhängig sein, die vor diesem Hintergrund an der Gesellschaft beteiligt werden sollen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 24. November 2013 Bezug genommen.
In einer weiteren Gesellschafterversammlung vom 19. Dezember 2013 beschlossen die beiden Gesellschafter zudem diverse Änderungen des Gesellschaftsvertrages (vgl. UR Nr. des Notars G mit Amtssitz in Y).
Ebenfalls am 19. Dezember 2013 schlossen die B und die weiteren bisher in der Geschäftsleitung tätigen Mitarbeiter der GmbH mit den Gründungsgesellschaftern einen Geschäftsanteilsübertragungs- und Abtretungsvertrag (UR.Nr. des Notars G mit Amtssitz in Y). Nach Teilung ihrer Geschäftsanteile (vgl. § 2 des Vertrages) übertrugen D und E von den nach Teilung entstandenen Anteilen jeweils Geschäftsanteile im Nennwert von EUR, insgesamt Anteile im Nennwert von EUR (5,08 v.H.) u.a. an die B „mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten mit schuldrechtlicher und wirtschaftlicher Wirkung ab dem 1. Januar 2014”. F bekam Anteile im Nennwert von insgesamt EUR (74,6 v.H.) übertragen. Die Übertragung war an keinerlei Bedingungen oder Beschränkungen, auch nicht im Hinblick auf einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, geknüpft. Lediglich in § 7 Abs. 2 des Vertrages war eine ...