Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Anwendung der Grundsätze der „Drei-Objekt-Grenze” bei der Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels
Leitsatz (redaktionell)
Der Bau und die Aufteilung eines Mehrfamilienhauses in Eigentumswohnungen, von denen bis zu drei Einheiten zur Entschuldung des Restobjekts veräußert werden, haben nach der früheren Rechtsprechung des BFH (breite Mehrheit der Senate) in der Regel nicht zur Annahme gewerblicher Grundstückgeschäfte geführt. Dies hat sich nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10.12.2001, GrS 1/98 und dessen Berücksichtigung im BMF-Schreiben vom 26.3.2004, IV A 6-S 2240/46/04 geändert. Unter Rdnr. 28 führt das Schreiben aus: Abweichend von den Grundsätzen der „Drei-Objekt-Grenze” kann auch der Verkauf von weniger als vier Objekten in zeitlicher Nähe zu ihrer Errichtung zu einer gewerblichen Tätigkeit führen”. Diese Änderung der Rechtsauffassung soll nach der in Rdnr. 36 des BMF-Schreibens enthaltenen Anweisung jedoch erst auf Veräußerungen anwendbar sein, die nach dem 31.5.2002 stattgefunden haben. Einem Steuerpflichtigen, der drei Grundstücksobjekte lange vor diesem Zeitpunkt (hier in 1998) verkauft hatte, ist bei summarischer Prüfung im Hinblick auf Rdnr. 36 des BMF-Schreibens vom 26.3.2004 Vertrauensschutz zu gewähren.
Normenkette
EStG § 15; AO §§ 163, 227; FGO § 69 Abs. 2
Tenor
Die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1998 vom 20. November 2006 wird bis einen Monat nach Ergehen der Einspruchsentscheidung ausgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Die Entscheidung ergeht unanfechtbar.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller werden beim Antragsgegner zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Antragsteller erzielte als Maurermeister / Polier bei der Bauuntenehmung G KG, S-Stadt, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Am 12. Mai 1993 erwarb der Antragsteller von der Gemeinde X den Bauplatz „I-Straße 10, G-Stadt”. Von 1993 bis 1998 errichtete er dort ein Gebäude mit sieben Wohneinheiten für 645.323 DM. Hiervon veräußerte er 1998 die Wohneinheiten 1, 2 u. 5 für insgesamt 504.800 DM noch vor ihrer endgültigen Fertigstellung. Die Wohneinheiten 3, 4 u. 6 vermietete er an Dritte. Die Wohneinheit Nr. 7 wird von den Antragstellern selbst genutzt.
Die Einkommensteuer-Erklärung 1998 enthielt keine Angaben über gewerbliche Grundstücksgeschäfte der Antragsteller. Der Antragsgegner, dem die Veräußerungen aufgrund der Mitteilungspflichten der Notare bekannt geworden waren, erließ am 18. Februar 2000 den Einkommensteuerbescheid 1998 – wie auch den Änderungsbescheid vom 6. Juni 2001 – hinsichtlich der Wohnungsveräußerungen gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO vorläufig. Am 20. November 2006 änderte der Antragsgegner den Einkommensteuerbescheid 1998 nach § 165 Abs. 2 AO, in dem er im Hinblick auf die Wohnungsverkäufe Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 239.036 DM ansetzte.
Dagegen legten die Antragsteller am 12. Dezember 2006 Einspruch ein und beantragten Aussetzung der Vollziehung. Den Aussetzungsantrag lehnte der Antragsgegner am 20. Dezember 2006 ab und wies mit Entscheidung vom 27. Februar 2007 auch den hiergegen gerichteten Einspruch zurück. Über den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1998 ist noch nicht entschieden.
Am 27. März 2007 beantragten die Antragsteller bei Gericht sinngemäß (Bl. 1),
die Vollziehung des Änderungsbescheides vom 20. November 2006 zur Einkommensteuer 1998 bis einen Monat nach Ergehen der Einspruchsentscheidung auszusetzen.
Der Antragsteller habe von Anfang an nur die Absicht gehabt, eine Einheit selbst zu bewohnen und die restlichen Einheiten zu vermieten. Das Objekt habe der Altersversorgung der Antragsteller dienen sollen. Bei den Vermietungsverhandlungen hätten aber zwei Interessenten den Wunsch nach einem Eigentumserwerb geäußert, dem der Antragsteller schließlich nachgekommen sei, auch um einen Leerstand und einen Ausfall an Finanzierungsmitteln zu vermeiden (Bl. 2).
Die Verkäufe hätten die 3-Objekt-Grenze nicht überschritten. Die zusätzliche Voraussetzungen, von denen die BFH-Rechtsprechung in solchen Fällen ein gewerbliches Handeln abhängig mache, würden nicht vorliegen. Im übrigen habe der Antragsgegner die Höhe der Einkünfte unzutreffend ermittelt und die Festsetzungsfrist sei spätestens am 31. Dezember 2003 abgelaufen. Denn der BMF habe die Finanzverwaltung mit Schreiben vom 26. März 2004 IV A 6-S 2240/46/04 angewiesen, die neue Sichtweise der 3-Objekt-Grenze nur auf Veräußerungen anzuwenden, die nach dem 31. Mai 2002 stattgefunden hätten. Da der Verkauf der drei Grundstücksobjekte lange vor diesem Zeitpunkt erfolgt sei, hätte der Antragsteller darauf vertrauen können, dass eine Änderung des Steuerbescheides 1998 trotz der Vorbehaltsanordnung nicht mehr erfolgen werde (Bl. 3, 28 f.).
Der Antragsgegner beantragt (Bl. 24),
den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet zurückzuweisen.
Unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung vom 27. Februar 2007 weist er darauf hin, dass an der Rechtmäßigkeit ...