rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist möglich, dass die Anwendung des § 22 EStG in der Fassung des AltEinkG in bestimmten Fällen zu einer sogenannten doppelten Besteuerung führt. Im Streitfall begegnet die Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung jedoch bei summarischer Betrachtung keinen ernstlichen Zweifeln.
2. Die Feststellungslast für das Vorliegen einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung liegt bei dem Steuerpflichtigen, der eine solche geltend macht.
3. Maßgebend für die Ermittlung der voraussichtlichen Lebenserwartung des Rentenbeziehers dürfte die im Zeitpunkt des Renteneintritts letztverfügbare Sterbetafel sein.
4. Eine doppelte Besteuerung wird vermieden, wenn die Summe der steuerunbelastet bleibenden Teile der voraussichtlichen künftigen Rentenbezüge des jeweiligen Steuerpflichtigen die Summe der von ihm aus versteuertem Einkommen geleisteten entsprechenden Altersvorsorgeaufwendungen übersteigt. Maßgeblich sind die absoluten Zahlen („Summe”) anhand typisierender Betrachtungsweise.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa; GG Art. 3 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2
Nachgehend
Tenor
Der Antrag wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die am … geborene Antragstellerin ist seit … 2018 berentet und erzielt ausschließlich sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) Doppelbuchstabe aa) EStG in Form einer Leibrente. Steuerlich wird sie bei dem Antragsgegner geführt.
Am … 2020 reichte die Antragstellerin die Einkommensteuererklärung für 2019 ein und erklärte darin u.a. Renteneinkünfte in Höhe von 31.944 EUR (ESt III Bl. 130 ff.). Der Antragsgegner veranlagte die Antragstellerin weitestgehend erklärungsgemäß und erließ mit Datum vom … 2020 einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid für 2019 (ESt III Bl. 137 ff.). Den steuerfreien Teil der Rente berücksichtigte der Antragsgegner dabei in Höhe von 7.667 EUR und den steuerpflichtigen Teil in Höhe von 24.277 EUR. Darüber hinaus wurden u.a. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt. Die festgesetzte Einkommensteuer betrug … EUR. Dies führte zu einer entsprechenden Nachzahlung. Darüber hinaus wurden Vorauszahlungen für das IV. Quartal 2020 in Höhe von … EUR sowie in Höhe von … EUR je Quartal des Jahres 2021 festgesetzt.
Gegen diese Bescheide legte die Antragstellerin am … 2020 Einspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2019 in Höhe von … EUR (ESt III Bl. 139) sowie des Bescheides über Vorauszahlungen für das IV. Quartal 2020 und für 2021 in Höhe von … EUR p. a.
Mit Bescheid vom … 2020 lehnte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides über Einkommensteuer 2019 sowie über Vorauszahlungen für das IV. Quartal 2020 und das I. Quartal 2021 ab (ESt III Bl. 141). Darüber hinaus gewährte der Antragsgegner mit Verfügung vom … 2021 die Stundung der Einkommensteuervorauszahlungen für das IV. Quartal 2020 bis zum … 2021. In Bezug auf den Einspruch der Antragstellerin teilte der Antragsgegner des Weiteren mit, dass dieser gemäß § 363 AO aufgrund anhängiger gerichtlicher Verfahren einstweilen ruhe (Rbh Bl. 5).
Am … 2021 hat sich die Antragstellerin an das Gericht gewandt.
Sie beantragt sinngemäß (Bl. 1),
die Vollziehung des Bescheids über Einkommensteuer für 2019 und des Bescheides über Vorauszahlungen zur Einkommensteuer für das IV. Quartal 2020, beide vom 4. November 2020, hinsichtlich der Einkommensteuer in Höhe von … EUR und hinsichtlich der Vorauszahlungen in Höhe von … EUR bis einen Monat nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung auszusetzen.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, der v.g. Bescheid sei rechtswidrig, da in ihrem Fall eine verfassungswidrige doppelte Besteuerung der Rente erfolgt sei. § 22 EStG sei insoweit verfassungswidrig. Die Doppelbesteuerung lasse sich anhand mathematischer Tabellen des Finanzmathematikers … hinreichend abschätzen. Die gesamten gezahlten Rentenbeiträge ihres gesamten Arbeitslebens und die erhaltenen Bruttoarbeitslöhne seien in Form eines Versicherungsverlaufs entsprechend nachgewiesen, so dass sich die aus versteuertem Einkommen geleisteten Beitragszahlungen errechnen ließen (Bl. 25 ff.). Diesbezüglich sei von Einzahlungen in Höhe von 390.177 EUR auszugehen, welche in Höhe von 154.189 EUR aus versteuertem Einkommen stammen würden. Diesem Betrag stünden hingegen lediglich steuerfreie Rentenzahlungen in Höhe von 130.334 EUR gegenüber, sodass sich eine Doppelbesteuerung von 23.854 EUR ergebe (Bl. 29 ff.). Bei der Berechnung des Anteils der steuerfreien Rentenzahlungen sei vorliegend von einer statistischen Lebenserwartung der Antragstellerin von 17 bis 18 Jahren auszugehen (Bl. 8). Die Berechnung der Doppelbesteuerung sei anhand einer selbst erstellten Tabelle über die „E...