Entscheidungsstichwort (Thema)
Anteilsvereinigung nicht nach § 3 Nr. 6 GrEStG steuerfrei. Erfüllung der Anzeigepflicht infolge einer steuerpflichtigen Anteilsvereinigung durch Anzeige bei dem nach § 17 GrEStG örtlich zuständigen FA. Anlauf der Festsetzungsfrist für die Grunderwerbsteuer trotz unvollständiger Anzeige
Leitsatz (redaktionell)
1. Führt die Übertragung von Anteilen an einer grundbesitzenden GmbH vom Vater auf ein Kind zu einer nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbaren Anteilsvereinigung, ist hierauf die personenbezogene Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG nicht anwendbar.
2. Das Kind hat seine Anzeigepflicht als Steuerschuldner infolge der steuerpflichtigen Anteilsvereinigung nach § 13 Nr. 5 i. V. m. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 GrEStG auch dann erfüllt, wenn es seine Anzeige an das nach § 17 GrEStG für das Grundstück der GmbH örtlich zuständige FA gerichtet hat, obwohl in dem Bundesland nach § 17 FVG i. V. m. der Verordnung über die Zuständigkeit der FA für Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 3 GrESG eigentlich ein anderes FA örtlich zuständig ist.
3. Die Anzeige über eine steuerpflichtige Anteilsvereinigung führt auch dann zum Anlaufen der Festsetzungsfrist i. S. v. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO für die Grunderwerbsteuer, wenn sie nicht in vollem Umfange den inhaltlichen Anforderungen des § 20 GrEStG genügt, weil sie insbesondere nicht die nach § 20 Abs. 1 GrEStG notwendige Angabe der Anschriften des Veräußerers und des Erwerbers, die Katasterangabe sowie die nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG erforderliche Angabe der Größe des Grundstücks, enthält.
Normenkette
GrEStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Abs. 4, § 17 Abs. 1 S. 1, § 1 Abs. 3 Nr. 1, § 3 Nr. 6, § 20 Abs. 1; AO § 169 Abs. 2 Nr. 2, § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 7. Dezember 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. März 2008 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Der als Urteil wirkende Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid nach Eintritt der Festsetzungsverjährung ergangen ist.
Die Klägerin war seit 1979 neben ihrem Vater (künftig: V) zu 50 % an der grundbesitzenden M & Co. GmbH (künftig: GmbH) mit Sitz in N beteiligt. Zum Vermögen der GmbH gehörte das Grundstück X-straße in N. Mit notarieller Urkunde vom 3. November 2000 übertrug V der Klägerin seine Geschäftsanteile. Die Klägerin war danach Alleingesellschafterin der M-GmbH. Mit Schreiben vom 3. November 2000 zeigte V die Übertragung der Geschäftsanteile gegenüber dem für die Besteuerung der GmbH zuständigen Finanzamt Neunkirchen an. Nach Aktenlage wurde am 8. November 2000 eine diesbezügliche Kontrollmitteilung an das Finanzamt Saarbrücken Mainzer Straße und (einem handschriftlichen Vermerk zufolge) an die Grunderwerbsteuerstelle gerichtet.
Nachdem der Beklagte offenbar anlässlich einer Prüfung des Rechnungshofs des Saarlandes von der Übertragung der Geschäftsanteile Kenntnis erlangt hatte, setzte er mit Bescheid vom 7. Dezember 2007 die Grunderwerbsteuer in Höhe von 3.283 Euro fest (Bl. 7 GA).
Mit Schreiben vom 19. Dezember 2007 legte die Klägerin Einspruch ein (Bl.1 Rbh), den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 5. März 2008 (Bl.2) als unbegründet zurückwies.
Am 4. April 2008 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie beantragt sinngemäß (Bl. 1),
den Grunderwerbsteuerbescheid vom 7. Dezember 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. März 2008 aufzuheben.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, der Grunderwerbsteuerbescheid hätte wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht mehr ergehen dürfen. Den Anzeigepflichten nach §§ 18 ff GrEStG sei mit Schreiben vom 3. November 2000 nachgekommen worden. Der Umstand, dass für den hier in Rede stehenden Erwerb das Finanzamt Saarbrücken, Mainzer Straße als Grunderwerbsteuerstelle zuständig gewesen sei, sei der Klägerin nicht anzulasten. Das Finanzamt Neunkirchen als Adressat der Anzeige habe sich nicht für unzuständig erklärt. Die Finanzverwaltung habe damit ihre Mitwirkungspflichten verletzt. Die Klägerin könne sich demnach zumindest auf Treu und Glauben berufen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Bei der Übertragung der Geschäftsanteile an der GmbH handele es sich um einen nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerpflichtigen Vorgang. Bei Erlass des Grunderwerbsteuerbescheids sei noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten, denn die Klägerin habe ihrer Anzeigepflicht nach § 19 GrEStG nicht genügt. Es sei hierfür nach der Rechtsprechung des BFH (BFH vom 11. Juni 2008 II R 55/06) nicht ausreichend, den Kaufvertrag über den Erwerb von Gesellschaftsanteilen an einer grundbesitzenden GmbH statt an die Grunderwerbsteuerstelle des Finanzamts ...