rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksame Klageerhebung durch per E-Mail an das FG übermittelten Datensatz mit „unterzeichneter” Klageschrift im „jpg”-Format als Mailanhang
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch wenn die E-Mail-Adresse des FG auf der Homepage des FG zusammen mit dem Hinweis veröffentlicht ist, dass die Homepage zumindest derzeit nicht dazu gedacht sei, Klagen, Schriftsätze usw. an das FG zu leiten, und dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine wirksame Übersendung elektronischer Dokumente (i. S. d. § 52a FGO) noch nicht geschaffen seien, genügt ein per E-Mail an diese FG-Mailadresse übermittelter Datensatz, der im Anhang eine „unterzeichnete” Klageschrift im „jpg”-Format enthält, jedenfalls dann dem Schriftformerfordernis des § 64 Abs. 1 FGO, wenn der per E-Mail übermittelte Schriftsatz des Klägers von der Geschäftsstelle des Gerichts noch innerhalb der einmonatigen Klagefrist ausgedruckt wird.
2. Mit der Einrichtung einer E-Mail-Adresse hat das Gericht eine Möglichkeit geschaffen, die elektronisch übermittelte Klageerhebung in schriftlicher Form einzureichen. Der Absender trägt bei der E-Mail-Übermittlung allerdings das Risiko dafür, dass die Urkunde im Gericht fristgerecht ausgedruckt wird, denn allein die Aufzeichnung des E-Mail-Eingangs auf dem Server des Gerichts stellt noch keine wirksame Klageerhebung dar, wenn die Voraussetzungen des § 52a FGO noch nicht erfüllt sind.
Normenkette
FGO §§ 52a, 47 Abs. 1, § 64 Abs. 1
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage zulässig ist.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist verheiratet und erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Nach vorausgegangenem Schätzbescheid reichten der Kläger und seine Ehefrau ihre Einkommensteuererklärung für 2005 ein. Der Beklagte erließ daraufhin am 2. Januar 2014 einen Änderungsbescheid. In diesem erkannte er verschiedene vom Kläger geltend gemachte Aufwendungen nicht an. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 22. Juli 2015 als unbegründet zurück (Bl. 2 ff).
Am 25. August 2015 sandte der Kläger eine E-Mail an das Finanzgericht (poststelle@fg.justiz.saarland.de). Im Anhang dieser E-Mail befanden sich mehrere Bilddateien im „jpg”-Format, wovon eine (KL1 001.jpg) die vom Kläger unterschriebene und sodann eingescannte Klage gegen den Einkommensteuerbescheid für 2005 enthielt. Der E-Mail-Anhang, welcher zusammen mit der E-Mail um 23:43 Uhr auf dem E-Mailserver des Finanzgerichts einging, wurde am 26. August 2015 in der Geschäftsstelle des Finanzgerichts ausgedruckt. Die E-Mail-Adresse des Finanzgerichts ist auf der Homepage des Finanzgerichts zusammen mit dem Hinweis veröffentlicht, dass die Homepage – zumindest derzeit – nicht dazu gedacht sei, Klagen, Schriftsätze o.ä. an das Finanzgericht zu leiten. Hierzu seien die rechtlichen Voraussetzungen noch nicht geschaffen. Mit der Eingangsverfügung des Senatsvorsitzenden vom 28. August 2015 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass bei einer Klageerhebung per E-Mail § 52a FGO zur Anwendung käme und diese nur unter den dort genannten Voraussetzungen möglich sei. Da die hiernach erforderliche Zulassung durch Rechtsverordnung (noch) nicht erfolgt sei, wurde um Stellungnahme zur Zulässigkeit der Klage gebeten.
Am 25. September 2015 hat der Kläger sinngemäß beantragt (Bl. 25),
festzustellen, dass die Klage zulässig ist.
Er ist der Ansicht, dass die Klageerhebung nicht per E-Mail erfolgt sei, da das Gericht im E-Mail-Anhang eine Kopie der handschriftlich unterschriebene Klage erhalten habe. Diese Form sei der Übertragung per Telefax gleichgestellt. Die E-Mail-Adresse sei ihm von der Staatskanzlei mitgeteilt worden, so dass er davon ausgegangen sei, diese auch verwenden zu können. Zudem sei in der Rechtsbehelfsbelehrung der Einspruchsentscheidung nicht darauf hingewiesen worden, dass die Klage ausschließlich über die angegebene Postanschrift oder per Telefax eingereicht werden könne (Bl. 25).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingereicht. Der per E-Mail übermittelte Schriftsatz des Klägers vom 24. August 2015, welcher von der Geschäftsstelle des Gerichts am 26. August 2015 ausgedruckt wurde, genügt dem Schriftformerfordernis des § 64 Abs. 1 FGO und hat die Klagefrist des § 47 Abs. 1 FGO gewahrt.
1. Erst der vollständige Ausdruck des E-Mail-Anhangs mit der Bezeichnung „KL1 001.jpg” (Klageerhebung) am 26. August 2015 und nicht schon der Eingang der E-Mail am 25. August 2015 um 23:43 Uhr bewirkte eine formwirksame Klageerhebung. Denn die E-Mail stellt ein elektronisches Dokument dar, für welches § 52a FGO u. a. bestimmt, dass ein solches „nur” dann (wirksam) übermittelt werden kann, wenn dies für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich durch Rechtsverordnung der Bundesregierung oder Landesregierung zugelassen wurde. Eine solche Rechtsverordnung ist für den Zuständigkeitsbereich dieses Gerichts (noch) ni...