Entscheidungsstichwort (Thema)
Schätzungsbefugnis des Finanzamts bei nur kalkulatorischer Ermittlung der Umsätze. Schätzungsrahmen. Einkommensteuer 1991 bis 1993. Umsatzsteuer 1991 bis 1993. Gewerbesteuermessbetrag 1992 und 1993
Leitsatz (amtlich)
1. Kommt ein Steuerpflichtiger seiner Verpflichtung, Aufzeichnungen über die Höhe seiner Betriebseinnahmen zu führen, nicht nach, sondern ermittelt er die Einnahmen lediglich kalkulatorisch durch Anwendung von Rohgewinnaufschlagsätzen auf den Wareneinsatz, so hat das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen.
2. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, die Schätzung an den Rohgewinnaufschlagsätzen der amtlichen Richtsatzsammlung zu orientieren, wenn die Besonderheiten des Einzelfalles dabei in ausreichendem Maße berücksichtigt werden.
Normenkette
UStG 1991 § 22 Abs. 2 Nr. 1; UStG 1993 § 22 Abs. 2 Nr. 1; AO 1977 § 146 Abs. 1 S. 2, §§ 158, 162 Abs. 2 S. 2
Tenor
1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die vom Beklagten nach einer Außenprüfung vorgenommenen Hinzuschätzungen rechtmäßig sind.
Die Klägerin betrieb von Januar 1986 bis Dezember 1991 in H. und vom September 1991 bis Anfang April 1999 in E. eine Gaststätte. Die Gewinnermittlung erfolgte durch Einnahmen-Überschussrechnung. Für die Streitjahre wurden die Veranlagung zur Einkommensteuer und die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages sowie die Umsatzsteuerfestsetzung gemäß den von ihr eingereichten Steuererklärungen vorgenommen.
Eine vom Beklagten in den Jahren 1996 und 1997 für die Streitjahre durchgeführte Außenprüfung ergab, dass die Klägerin keine Aufzeichnungen über die Betriebseinnahmen vorgenommen, sondern lediglich den Wareneingang aufgezeichnet hatte. Die vom Betriebsprüfer ermittelten Rohgewinnaufschlagsätze, die den Steuererklärungen der Klägerin zugrunde lagen, lagen – wie der Beklagte vorträgt – nach dessen Auffassung erheblich niedriger als die untersten Richtsätze der amtlichen Richtsatzsammlung. Bei einer Nachkalkulation ging der Prüfer nach dem Vortrag des Beklagten zunächst von einem Rohgewinnaufschlagsatz von 110 v.H. für Küchenwaren aus, während die Klägerin einen durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagsatz hierfür von nur 70 v.H. annahm, und legte schließlich einen durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagsatz von 100 v.H. für Küchenwaren zugrunde, anhand dessen die Rohgewinnaufschläge für die Streitjahre ermittelt wurden. Der Beklagte schloss sich dem an und erließ am 17. Oktober 1997 entsprechende Änderungsbescheide über Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuermessbetrag. Die am 29. Oktober 1997 hiergegen eingelegten Einsprüche hat er unter teilweiser Abhilfe in seiner Einspruchsentscheidung vom 12. Februar 1998 im Übrigen – soweit die Feststellungen des Betriebsprüfers hinsichtlich der Rohgewinnaufschläge betroffen sind – als unbegründet zurückgewiesen.
Am 12. März 1998 erhob die Klägerin dagegen die vorliegende Klage.
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, sie habe – wie dem Beklagten von vornherein bekannt – die Einnahmen durch Anwendung von Rohgewinnaufschlagsätzen auf den Wareneinkauf ermittelt. Sinngemäß trägt sie vor, dass die im Rahmen der Außenprüfung ermittelten Rohgewinnaufschlagsätze überwiegend allenfalls marginal abwichen. Die vom Beklagten im Anschluss an die Außenprüfung herangezogene Richtsatzsammlung hätte im Rahmen der Außenprüfung nicht herangezogen werden dürfen. Sie habe detaillierte Aufzeichnungen des Wareneinsatzes vorgelegt. Außerdem seien die von ihr angebotenen Gerichte stets sehr reichhaltig und preisgünstig gewesen. Daraus ergebe sich, dass die von ihr angewandten Rohgewinnaufschlagsätze notwendigerweise unter denen der amtlichen Richtsatzsammlung hätten liegen müssen.
Sie beantragt,
die Änderungsbescheide für 1991 bis 1993 über Einkommensteuer, die Bescheide für 1991 bis 1993 über Umsatzsteuer sowie die Bescheide für 1992 und 1993 über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag, alle jeweils vom 17. Oktober 1997 und alle in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Februar 1998, insoweit aufzuheben, als darin geschätzte Brutto-Betriebseinnahmen in Höhe von 00.000 DM (1991), 00.000 DM (1992) und 0.000 DM (1993) berücksichtigt wurden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, die Klägerin habe es entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung unterlassen, Aufzeichnungen über ihre Betriebseinnahmen zu führen, und statt dessen die Umsätze lediglich kalkulatorisch ermittelt. Dadurch habe sie Anlass zu der vorgenommenen Schätzung gegeben. Die Nachkalkulation anhand der amtlichen Richtsätze sei eine geeignete und von der Rechtsprechung anerkannte Schätzungsmethode. Der Vortrag der Klägerin, wonach sie stets reichhaltige und preisgünstige Speisen angeboten habe, sei auch im Hinblick auf den Standort der Gaststätte hinreichend berücksichtigt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Str...