rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung einer für einen Mitunternehmer vorgesehenen Gewinnbegrenzung bei der Aufteilung des Gewerbesteuer-Messbetrags einer Mitunternehmerschaft nach § 35 Abs. 3 EStG 2002
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein nach § 35 Abs. 3 S. 2 EStG 2002 für die Ermittlung des Anteils eines Mitunternehmers am Gewerbsteuer-Messbetrag der Mitunternehmerschaft nicht zu berücksichtigender „Vorabgewinnanteil” liegt immer dann vor, wenn aufgrund gesellschaftsvertraglicher Abrede ein Gesellschafter (oder mehrere) einen Anteil am Gewinn erhält, bevor die übrigen Gesellschafter ihren Anteil erhalten, sich also der zu verteilende Restgewinn durch den Gewinnvorab reduziert (oder ein Verlust dadurch erhöht), wie dies etwa bei Sondervergütungen, bei Mindestgewinnabreden oder bei Gesellschafterkapitalkontenverzinsungen der Fall ist.
2. Dagegen sind Gewinnbegrenzungen für einzelne Mitunternehmer Gegenstand der allgemeinen Gewinnverteilung und daher bei der Aufteilung des Gewerbesteuer-Messbetrags einer Miunternehmerschaft auf die Mitunternehmer zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG 2002 § 35 Abs. 3 Sätze 1-2, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1; BGB § 722; HGB § 121
Tenor
1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, eine mit Gesellschaftsvertrag vom …1977 gegründete KG, betreibt eine … Komplementärin ist die …-GmbH (GmbH), die im Streitjahr am Gesellschaftskapital (14.316,17 EUR) mit 3/28 (1.533,88 EUR = 10,71 %) beteiligt war. Einziger Kommanditist ist der Beigeladene M mit einer Kommanditeinlage von 12.782,30 EUR (25.000 DM), das entspricht 25/28 (89,29 %) des Gesellschaftskapitals.
§ 9 des Gesellschaftsvertrags vom 3. Januar 1977 sah folgende Gewinnverteilung vor:
„Der nach Abzug des Verzinsung der Festkonten und Sonderkonten der Gesellschafter sowie der Vergütung nach § 8 verbleibende Gewinn wird wie folgt verteilt:
- Die persönlich haftende Gesellschafterin erhält zur Abgeltung ihres Haftrisikos eine Vorabvergütung in Höhe von 5 % des verbleibenden Gewinns, höchstens jedoch 15 % ihres Festkapitals.
- Die mitarbeitenden Kommanditisten erhalten vorweg eine Tätigkeitsvergütung nach laufenden Gesellschafterbeschlüssen.
- Der restliche verbleibende Gewinn wird unter die Gesellschafter im Verhältnis ihrer eingezahlten Festkapitaleinlagen (§ 4) verteilt…”
Nach der Anpassung vom 2. Januar 1990 lautete § 9 des Gesellschaftsvertrags nunmehr für das Streitjahr geltend wie folgt:
„Der Gewinnanteil des Herrn M wird auf maximal 100.000 DM beschränkt. Den Restbetrag erhält die …-GmbH. Weiterhin erhält der Kommanditist Herr M für seine Tätigkeit in der Gesellschaft vorweg eine Tätigkeitsvergütung in Form von Gehalt in Höhe von z.Zt. mtl. 1.500,- DM zuzüglich AG-Anteil zur Sozialversicherung.”
Die Klägerin erzielte 2003 einen Jahresüberschuss i.H.v. 303.323,11 EUR, den sie nach Abzug der Verzinsung der Kapitalkonten (auf M entfielen 20.316 EUR) und nach Abzug der Haftungsvergütung für die GmbH sowie nach Abzug des Vorabgewinns für den Beigeladenen in Form des KFZ-Privatanteils i.H.v. 4.221 EUR im Verhältnis der jeweiligen Anteile am Gesellschaftskapital aufteilte, allerdings unter Berücksichtigung der Gewinnbegrenzung auf 51.129 EUR (100.000 DM) für den Beigeladenen. Folglich rechnete sie dem Beigeladenen vom Restgewinn (242.561,11 EUR) lediglich 26.592 EUR zu (51.129 EUR abzgl. 20.316 EUR Zinsen und 4.221 EUR KFZ-Privatanteil vorab).
In der Feststellungserklärung für das Streitjahr rechnete die Klägerin den Gewerbesteuermessbetrag von 14.395 EUR dem Kommanditisten entsprechend seinem Anteil am Festkapital (89,29 %) mit 12.853,29 EUR zu.
Der Beklagte folgte dem nicht, sondern rechnete dem Beigeladenen in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) ergangenen Feststellungsbescheid vom 19. Mai 2006 einen Anteil am Gewerbesteuermessbetrag i.S.v. § 35 Abs. 2 EStG von zunächst 17,23 % (2.464,86 EUR) zu. Er ging hierbei vom handelsrechtlichen Gewinn i.H.v. 303.323 EUR zzgl. nicht abziehbarer Betriebsausgaben i.H.v. 1.200 EUR aus (insgesamt 304.443 EUR), von denen er dem Beigeladenen 51.129 EUR zzgl. anteiliger nicht abziehbarer Betriebsausgaben i.H.v. 1.000 EUR, insgesamt also 52.129 EUR (= 17,23 %) zurechnete. Die Haftungsvergütung, Zinsen und Privatanteile PKW pp. wurden hierbei außer Acht gelassen.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, den sie zurücknahm, nachdem das Finanzgericht des Saarlandes einen gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet zurückgewiesen hatte (Beschluss vom 24. August 2006 1 V 157/06).
Nachdem eine Betriebsprüfung stattgefunden hatte, stellte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 29. Februar 2008 einen auf den Beigeladenen entfallenden Gewerbesteuermessbetragsanteil gem. § 35 Abs. 2 GewStG i.H.v. 1.629,51 EUR fest. Diesen ermittelte er dadurch, dass er nicht den handelsrechtlichen Gewinn i.H.v. 303.323 EUR verteilte, sondern den nach Abzug von Vorabg...