Entscheidungsstichwort (Thema)
Unentgeltliche Übertragung einer wesentlichen Beteiligung auf eine Familien-GbR. Werthaltigkeit und Bewertung nichtnotierter Anteile an einer Kapitalgesellschaft. Ungeeignetheit des Stuttgarter Verfahrens
Leitsatz (redaktionell)
1. Die unentgeltliche Übertragung einer wesentlichen Beteiligung auf eine aus dem Übergeber, seiner Ehefrau und seinen Kindern bestehenden GbR ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht als Veräußerungsvorgang i. S. des § 17 EStG anzusehen, wenn der Wortlaut des Vertrages, der Verzicht auf eine Wertermittlung der Anteile, vom Übergeber auf Grund einer Sanierungsvereinbarung noch zu erbringende erhebliche Investitionen sowie die Werthaltigkeit der Anteile gegen ein entgeltliches Geschäft sprechen. Im Streitfall ist vielmehr von einer unentgeltlichen, einkommensteuerlich unbeachtlichen privaten Vermögensumschichtung auszugehen.
2. Der Anteilswert kann nicht aus einem anderen, zeitnah erfolgten Anteilsverkauf abgeleitet werden, wenn der Kaufpreis in der jenem Geschäft zugrunde liegenden Vereinbarung ausdrücklich als symbolisch bezeichnet worden ist.
3. Das Stuttgarter Verfahren ist zur Wertermittlung nichtnotierter Kapitalgesellschaftsanteile ungeeignet, wenn der Geschäftsbetrieb der Gesellschaft in den zugrunde zu legenden Jahren in dem Sinne nicht homogen war, dass die Höhe der Umsätze und des ausgewiesenen Verlusts in einem Jahr (vor Sanierung der Gesellschaft) mit den übrigen Zeiträumen (nach der Sanierung) nicht vergleichbar ist.
4. Im Streitfall sprachen die nach der Sanierung erheblich verbesserte Vermögenssituation der Gesellschaft, Bilanzentwicklung, Geschäftsentwicklung und nicht zuletzt auch das an den übertragenden Gesellschafter gezahlte Geschäftsführergehalt für die Werthaltigkeit der Anteile.
Normenkette
EStG 1990 §§ 17, 12; EStG 1987 §§ 17, 12; BewG 1974 § 11 Abs. 2
Tenor
1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Berücksichtigung eines Verlustes aus der Veräußerung der Beteiligung an der S-GmbH (im Folgenden: GmbH).
Die Kläger wurden vom Beklagten in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war an dem Stammkapital der GmbH (500.000 DM) bis Dezember 1987 in Höhe von 300.000 DM beteiligt. Er erzielte in den Jahren 1987 bis 1990 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Geschäftsführer der GmbH, und zwar 1987: 182.047 DM (steuerliche Berücksichtigung teilweise erst in 1988), 1988: 105.361 DM, 1989: 257.152 DM und 1990: 262.947 DM. Daneben waren als weitere Gesellschafter Herr B und die B-GmbH jeweils in Höhe von 100.000 DM beteiligt. Die GmbH war im Jahr 1979 zunächst unter der Firma N. gegründet worden, im Februar 1983 in S-GmbH” und im September 1988 in „S-T-GmbH” umbenannt worden. Unternehmensgegenstand war der Import und Vertrieb von … Seit 1985 hatte die GmbH zwei Tochtergesellschaften, die E-GmbH und die E.S.-GmbH.
Mit Vertrag vom 23. Dezember 1987 (Bl. 7 ff. Rechtsbehelfsakte, Rbh-A) übertrug der Kläger seine Beteiligung an der GmbH auf die neu errichtete S-GbR (im Folgenden: GbR), deren Gesellschafter neben dem Kläger (52%) auch die Klägerin (16%) sowie die beiden Töchter (jeweils 16 %) waren. Gesellschaftszweck der GbR war nach § 2 des Gesellschaftsvertrags (Bl. 81 ff., Rbh-A) der Erwerb, das Halten, Verwalten und Verwerten von Beteiligungen und sonstigem Vermögen. Eine Gegenleistung war nicht vereinbart und auch nicht erbracht worden.
Ebenfalls mit Vertrag vom 23. Dezember 1987 verkauften und übertrugen auch die Mitgesellschafter der GmbH ihre Beteiligungen an die GbR und zwar zu einem Kaufpreis von 1 DM (Bl. 93 ff. Rbh-A). Sie hatten sich bereits mit nicht notariell beurkundetem Vertrag vom 5. Mai 1985 verpflichtet, die Anteile jederzeit an einen von dem Kläger persönlich benannten Dritten zu einem „symbolischen” Kaufpreis von 1 DM zu übertragen (Bl. 97 ff. Rbh-A). Der Vertrag vom 5. Mai 1985 war vorrangig eine Vereinbarung über die Sanierung der GmbH, in der sich der Kläger, nicht aber die übrigen Mitgesellschafter der GmbH, verpflichtete, Dritt-Verbindlichkeiten der GmbH i.H.v. ca. 2.750.000 DM zuzüglich Zinsen zu übernehmen; letztere sollten durch Ratenzahlung des Klägers von monatlich 5.000 DM (beginnend ab 1. Juli 1985), insgesamt allerdings nur 1.000.000 DM, als vollständig getilgt gelten (wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 5. Mai 1985 verwiesen (Bl. 97 ff. Rbh-A).
In der gemeinsamen Einkommensteuererklärung 1987 machte der Kläger einen Verlust aus der Veräußerung seiner GmbH-Anteile nach § 17 EStG in Höhe von 1.536.000 DM geltend (Bl. 2, 10 Einkommensteuerakte – ESt-A). Diesen berechnete er wie folgt:
Verkaufserlös der GmbH-Anteile |
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0,00 DM |
Abzgl. Anschaffungskosten |
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▹Stammkapital |
300.000 DM |
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▹ Gesellschafternachschuss |
2.900.000 DM |
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3.200.000 DM |
-3.200.000 DM |
Veräußerungsverlust (100%) |
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-3.200.000 DM |
davon 48 % (soweit der Kläger |
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nicht an der GbR beteiligt war) |
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-1.532.000 DM |
Zu dem o.g. Nachschus...