Entscheidungsstichwort (Thema)
Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Einschränkung des Verlustausgleichs und des periodenübergreifenden Abzugs nach StEntlG 1999
Leitsatz (redaktionell)
An der Verfassungsmäßigkeit der durch das StEntlG 1999 ff. eingeführten Vorschriften über den eingeschränkten Verlustausgleich bei Einkünfteermittlung und periodenübergreifendem Abzug bestehen ernstliche Zweifel (Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip), die die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen (Anschluss an Beschlüsse des FG Münster vom 07.09.2000 und 15.11.2000 4 V 1612/00 und 1617/00 E).
Normenkette
EStG § 2 Abs. 3, § 10d Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Tatbestand
Die Antragsteller hatten in den Jahren 1998 und 1999 - neben Einkünften des Antragstellers aus selbständiger Arbeit und Einkünften der Antragstellerin aus nichtselbständiger Arbeit - Einkünfte aus Gewerbebetrieb (der Antragsteller in beiden Jahren negative, die Antragstellerin im Jahre 1999 positive Einkünfte) und Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung. Die Verluste bzw. Werbungskostenüberschüsse des Antragstellers aus Gewerbebetrieb und Vermietung und Verpachtung waren überwiegend aus Beteiligungen des Antragstellers entstanden. Die Werbungskostenüberschüsse der Antragstellerin aus Vermietung und Verpachtung waren überwiegend bei der Vermietung von drei Wohnhäusern in „A” bei „B-Stadt” entstanden.
Im zuletzt ergangenen Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 30.11.2001 wurden ebenso wie im zuvor für 1998 ergangenen Einkommensteuerbescheid vom 12.07.2001 alle negativen und positiven Einkünfte miteinander verrechnet und ein gemäß § 10 d Absatz 1 Einkommensteuergesetz in der ab 1999 geltenden Fassung (EStG) errechneter Verlustrücktrag aus dem Jahre 1999 in Höhe von 319 DM berücksichtigt; mit dem Bescheid vom 30.11.2001 forderte der Antragsgegner Einkommensteuer für 1998 von 2.657 DM nach.
In dem zuletzt für 1999 ergangenen Einkommensteuerbescheid vom 07.12.2001 ging der Antragsgegner bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens u. a. von folgenden Besteuerungsgrundlagen aus:
Mit Bescheid vom 07.12.2001 stellte der Antragsgegner gemäß § 10 d Abs. 4 EStG den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31.12.1999 für den Antragsteller - nach Abzug von Verlustrückträgen nach 1998 von 32 DM Einkünfte aus Gewerbebetrieb und 287 DM Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung - auf 598.174 DM (Einkünfte aus Gewerbebetrieb 59.949 DM; Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 538.225 DM) und für die Antragstellerin auf 319.953 DM (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) fest.
Nachdem der Antragsgegner die Einkommensteuervorauszahlungen für die Jahre ab 2000 zunächst durch Bescheid vom 09.10.2000 auf der Grundlage eines zu versteuernden Einkommens von 221.824 DM auf einen Jahresvorauszahlungsbetrag von 69.437 DM festgesetzt hatte, setzte er mit Bescheid vom 20.08.2001 die Einkommensteuervorauszahlungen unter Berücksichtigung der Werte des Einkommensteuerbescheids für 1999 vom 01.08.2001 auf der Grundlage eines zu versteuernden Einkommens von 105.394 DM auf einen Jahresvorauszahlungsbetrag von 20.350 DM fest. Ebenso wie in dem Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 07.12.2001 wurde auch in dem Bescheid vom 01.08.2001 der ausgleichsfähige Betrag gemäß § 2 Abs. 3 Sätze 2 ff. EStG errechnet.
Die Antragsteller haben gegen die Einkommensteuerbescheide für 1998 und 1999 sowie gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid für die Jahre ab 2000 Einsprüche eingelegt mit dem Antrag, entgegen der Vorschrift des § 2 Abs. 3 Sätze 2 ff. EStG die positiven und negativen Einkünfte des Jahres 1999 in vollem Umfang auszugleichen und verbleibende Verluste auf das Jahr 1998 zurückzutragen sowie auf die Jahre ab 2000 vorzutragen. Über die Einsprüche hat der Antragsgegner noch nicht entschieden.
Nachdem der Antragsgegner die zunächst ausgesprochene Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für 1998 und des Einkommensteuervorauszahlungsbescheids ab 2000 durch Bescheid vom 20.08.2001 aufgehoben und mit Schreiben vom 29.08.2001 den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für 1999 abgelehnt hatte, haben die Antragsteller mit im Wesentlichen folgender Begründung bei Gericht die Aussetzung der Vollziehung dieser Bescheide beantragt:
Entgegen der Vorschrift des § 2 Abs. 3 EStG müsse für das Jahr 1999 ein Verlustausgleich der positiven und negativen Einkünfte durchgeführt werden, da gegen die Vorschrift des § 2 Abs. 3 EStG erhebliche Bedenken bestünden (Hinweis auf dem Beschluss des Finanzgerichts Münster vom 07.09.2000 4 V 1612, 1617/00 E, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2000, 1253). Eine Verlustrechnung bei der Einkommensteuer für die Jahre 1998 und 1999 sowie bei den Einkommensteuervorauszahlungen für die Jahre 2000 und 2001 führte zu einer Steuerschuld von 0 DM. Da Steuernachzahlungen von 130.600 DM festgesetzt worden seien, liege auch eine erhebliche Härte vor.
Die streitgegenständlichen negativen Einkünfte im vorlieg...