rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung zwischen leichtfertiger und vorsätzlicher Steuerverkürzung bei Versteuerung ausländischer Zinseinkünfte

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes muss als ernstlich zweifelhaft beurteilt werden, ob im Inland ansässige türkische Staatsangehörige durch die Nichterklärung von Zinserträgen von rd. 50.000,-- DM p.a. aus Anlagen in der Türkei mit Hinterziehungsvorsatz gehandelt haben, wenn sie durch Werbemaßnahmen des Anlageinstituts auf die Steuerfreiheit der Zinsen hingewiesen wurden und nicht festgestellt werden kann, dass sie die Erläuterungen in den Erklärungsvordrucken verstanden oder eine entsprechende Belehrung ihres steuerlichen Beraters erhalten haben.
  2. Bzgl. der erstmaligen Abgabe einer Vermögensteuererklärung kann bei dieser Sachlage auch keine leichtfertige Steuerverkürzung unterstellt werden.
  3. Im Hinblick auf die Belegenheit des Vermögens in der Türkei und der Rückkehrbereitschaft des Steuerpflichtigen kann die Anordnung einer Sicherheitsleistung geboten sein.
 

Normenkette

AO § 162 Abs. 1, § 169 Abs. 2 S. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1, § 171 Abs. 5, §§ 370, 378; StGB § 17 S. 2; FGO § 69 Abs. 2 S. 3

 

Streitjahr(e)

1990, 1991, 1992, 1993, 1994, 1995, 1996, 1997, 1998, 1999, 2000, 2001, 2002

 

Tatbestand

Die Antragsteller (Ast) sind 1972 als Gastarbeiter zum Zweck der Arbeitsaufnahme nach Deutschland eingereist. Der Antragsteller erzielte als Arbeiter bei der Firma „S” AG bis zum Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand am 01.11.2000 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die Antragstellerin ist Hausfrau und erzielte für einen kurzen Zeitraum Einkünfte aus geringfügiger Beschäftigung. Die Ast haben drei Kinder (1974, 1975 und 1979).

Im Rahmen eines durch die Staatsanwaltschaft beim Landgericht „G-Stadt” geführten steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen bekannte und unbekannte Anleger der „türkischen A-Bank” („A-Bank”) wurde bekannt, dass die Ast über die „E-Bank” diverse DM-Beträge zu Gunsten und zu Lasten ihrer Konten bei der „A-Bank” transferiert und Kreditbriefe erworben und veräußert hatten. Aufgrund der vorliegenden Ein- und Auszahlungsbelege, die als Kontrollmaterial übersandt worden waren, erließ das Amtsgericht „H-Stadt” einen Durchsuchungsbeschluss gegen die Ast, bei dessen Vollziehung in der Wohnung der Ast u.a. auch Unterlagen über Kapitalanlagen bei der „A-Bank” gefunden wurden. Prüfungsbeginn der Prüfung durch das FA für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung „E-Stadt” bei den Ast war der 19.09.2001. Im Verlauf der Prüfung machten die Ast keine Angaben und brachten auch keine weiteren Unterlagen bei, woraufhin das FA für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung die Kapitalerträge und das Vermögen der Ast für Zwecke der Einkommensteuer 1990 bis 2002 und Vermögensteuer 1990 bis 1995 schätzte. Auf Tz. 7 und 8 des Prüfungsberichts vom 11.06.2003 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Der Antragsgegner, das Finanzamt -FA-, legte die Feststellungen des FA für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung der Besteuerung zugrunde und erließ am 29.08.2003 erstmals Vermögensteuerbescheide auf den 01.01.1990 bis 01.01.1996:

Vermögensteuer

Kapitalvermögen in DM

Grundvermögen in DM

Vermögensteuer in Euro

Nachzahlung in Euro

Nachzahlung insgesamt in Euro

1.1.1990

280.000,--

250.000,--

319,56

319,56

391,56

1.1.1991

300.000,--

250.000,--

319,56

319,56

391,56

1.1.1992

350.000,--

250.000,--

319,56

319,56

391,56

1.1.1993

400.000,--

250.000,--

626,33

626,33

770,33

Zw.-Summe

1.580,01

1.945,01

1.1.1994

500.000,--

250.000,--

626,33

626,33

893,33

1.1.1995

700.000,--

250.000,--

1.508,31

1.508,31

2.085,31

1.1.1996

850.000,--

250.000,--

2.275,25

2.275,25

3.017,25

Gesamtsumme

6.004,90

7.940,90

Für Einkommensteuer 1990 bis 2002 erließ das FA am 25.08.2003 (für 2000) und 01.09.2003 (für 1990 bis 1999, 2001, 2002) Änderungsbescheide:

Einkommensteuer

Einkünfte aus Kapitalvermögen in DM

Einkommensteuer in Euro

Nachzahlung in Euro

Nachzahlung insgesamt in Euro

1990

37.360,--

9.298,35

5.021,91

6.272,53

1991

40.000,--

9.547,35

5.395,16

6.897,84

1992

43.333,--

10.795,42

6.276,62

8.020,17

1993

40.000,--

8.551,87

3.815,26

4.727,26

1994

55.914,--

10.712,59

6.324,17

9.127,17

Zw.-Summe

26.833,12

35.044,97

1995

50.000,--

8.545,22

5.028,55

7.330,69

1996

84.394,--

20.228,75

12.635,04

17.620,15

1997

60.000,--

15.738,59

7.992,52

10.662,76

1998

90.000,--

19.467,95

13.378,47

16.802,71

1999

70.000,--

17.542,42

10.503,98

12.567,88

2000

110.000,--

23.708,60

19.887,21

22.538,92

2001

80.000,--

9.527,41

9.515,14

10.215,88

2002

130.000,--

18.359,00

18.039,00

18.935,00

Gesamtsumme

123.813,03

151.718,96

Gegen die Bescheide haben die Ast am 24.09.2003 Einspruch eingelegt, über den das FA noch nicht entschieden hat. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat das FA am 21.10.2003 im Wesentlichen abgelehnt. Teilweise stattgegeben hat das FA dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung für das Streitjahr 1996; insoweit hatten die Ast im Einspruchsverfahren eine Erträgnisaufstellung der „A...

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