Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundlagen für die gerichtliche Festsetzung eines Streitwertes in einem Verfahren gegen einen Bescheid über die gesonderte Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlusts
Leitsatz (redaktionell)
- Für die Streitwertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung, die den Rechtszug einleitet, maßgebend.
- Ist zu diesem Zeitpunkt die tatsächliche konkrete steuerliche Auswirkung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes noch nicht leicht und einwandfrei feststellbar, ist der Streitwert einer Klage wegen gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts mit 10 % des streitigen Verlustes zu pauschalieren.
Normenkette
GKG §§ 40, 52 Abs. 1, 3; GewStG § 10a; EStG § 10d
Streitjahr(e)
1999, 2000, 2001
Tatbestand
I. Die Klägerin erhob am 18. Dezember 2001 Klage gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1999 vom 24. Oktober 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. November 2001, mit der sie eine Erhöhung des im Rahmen der Einspruchsentscheidung festgestellten Verlustes i.H.v. 130.333 DM auf 210.664 DM – mithin um 80.331 DM – begehrte.
Mit Senatsurteil vom 15. September 2005 wurde der vortragsfähige Gewerbeverlust mit 140.207 DM festgestellt; die Verfahrenskosten wurden der Klägerin zu 71 % und dem Beklagten zu 29 % auferlegt. Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit im anschließenden Revisionsverfahren (Az. IV R 59/05) in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, erklärte der Bundesfinanzhof – BFH – das Senatsurteil vom 15. September 2005 mit Beschluss vom 30. Oktober 2008 für gegenstandslos und legte dem Beklagten die Kosten des gesamten Verfahrens auf.
Im Rahmen des sich anschließenden Kostenfestsetzungsverfahrens gemäß § 149 der Finanzgerichtsordnung – FGO – streiten sich die Beteiligten nunmehr über die Höhe des Streitwerts, den die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit 4.107 EUR beziffert hat.
Die Klägerin begehrt, den Streitwert mit 9.241 EUR festzusetzen. Wie der BFH mit Beschluss vom 31. März 2008 (IX E 1/08, BFH/NV 2008, S. 1336) festgestellt habe, sei der Streitwert im Verlustfall soweit möglich nach den tatsächlichen, konkreten einkommensteuerlichen Auswirkungen zu bestimmen. Nur wenn dies nicht möglich sei, seien 10 % des streitigen Verlustes anzusetzen (BFH-Beschluss vom 26. Januar 2006 VIII E 6/05, BFH/NV 2006, 1112). Dies müsse entsprechend für den gewerbesteuerlichen Verlustvortrag gelten. Vorliegend sei der Verlustvortrag in voller Höhe mit Gewinnen der Klägerin verrechnet worden. Die steuerliche Auswirkung – d.h. die Gewerbesteuer, die ohne den Verlustvortrag festgesetzt worden wäre – sei daher wie folgt zu berechnen:
5 % (Steuermesszahl) x 80.331 DM (Gewerbeverlust) x 450 % (Hebesatz)
= 18.074 DM (9.241 EUR)
Demgegenüber ist der Beklagte der Auffassung, der Streitwert sei im Wege der Pauschalierung mit 10 % des streitigen Verlustes anzusetzen. Es stehe keinesfalls fest, ob überhaupt, wann und ggf. in welcher Höhe sich der festgestellte Gewerbeverlust steuerlich auswirken werde. Der Beklagte hat gerichtliche Streitwertfestsetzung beantragt.
Entscheidungsgründe
II. Der Streitwert des vorliegenden Verfahrens ist auf 4.107 EUR festzusetzen.
Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG – setzt das Prozessgericht – soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 GKG nicht ergeht oder nicht bindet – den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält (§ 63 Abs. 2 Satz 2 GKG). Im Hinblick auf den Antrag des Beklagten ist der Streitwert daher gerichtlich festzusetzen.
Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 EUR anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 GKG).
Der festzusetzende Streitwert beträgt 4.107 EUR. Dies entspricht der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache im Sinne von § 52 Abs. 1 GKG.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts gemäß § 10a des Gewerbesteuergesetzes – GewStG –. Hierbei handelt es sich mangels Steuerfestsetzung nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 52 Abs. 3 GKG, sondern um einen Verwaltungsakt, der sich nur (doppelt) mittelbar – über ...