Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufteilung der Gewerbesteuermessbeträge für Zwecke des § 35 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Bei der Aufteilung der Gewerbesteuermessbeträge für Zwecke des § 35 EStG für die Beteiligten einer Mitunternehmerschaft (hier: atypisch stille Gesellschaft) sind gewinnunabhängige Vorabgewinnanteile nicht zu berücksichtigen.
- Für die Annahme einer „Gewinnabhängigkeit” ist die Abhängigkeit vom Gesamtgewinn eines Unternehmens erforderlich; die Abhängigkeit vom Gewinn eines Unternehmensteils genügt nicht.
- Die Nichtberücksichtigung gewinnunabhängiger Vorabgewinnanteile ist nicht verfassungswidrig.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 35 Abs. 2 S. 2; FGO § 69; GG Art. 3
Streitjahr(e)
2003, 2004, 2005, 2006
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung (AdV) darüber, ob ernstliche Zweifel in Bezug auf die Aufteilung der Gewerbesteuermessbeträge 2003 bis 2006 (Streitjahre) der atypisch stillen Gesellschaft „A"GmbH, Steuerberatungsgesellschaft, Niederlassung „B” Stadt für Zwecke des § 35 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bestehen.
Die Gesellschaft gehört zu einer Unternehmensgruppe. Die in „C” ansässige Steuerberatungsgesellschaft „D"GmbH und deren Töchter, zu denen auch die in „E” ansässige Steuerberatungsgesellschaft „A"GmbH gehört, betreiben als Geschäftsinhaberinnen in den neuen Bundesländern ca. 360 Beratungsstellen (Niederlassungen), an denen jeweils Steuerberater und Steuerbevollmächtigte als atypisch stille Gesellschafter (Stille) beteiligt sind. Diesbezüglich wurden „Vertragsmuster” verwandt. Während früher (seit 1990) „Gesellschafts- und Anstellungsverträge” bestanden, fanden seit 1999 Gesellschaftsverträge Verwendung, wonach die Stillen für ihre auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage erbrachten Tätigkeiten einen „Vorabgewinn” erhielten.
Die Gesellschaft wurde von der „A"GmbH als Geschäftsinhaberin und der Antragstellerin (einer Steuerberaterin) als Stille bereits mit Gesellschaftsvertrag (GV) vom 7.11.1996 gegründet. Daneben bestand seinerzeit ein „Niederlassungsleiter-Anstellungsvertrag”.
Am 12.1.1999 schlossen die Gesellschafter einen neuen GV, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Die „A"GmbH räumte der Antragstellerin – wie bisher – eine Beteiligung nur an der auswärtigen Beratungsstelle ein, und zwar i.H. von 10 v.H. des Gesamtpraxiswertes einschließlich stiller Reserven und Praxiswert. Der von der Antragstellerin bar einzulegende Kapitalanteil betrug (wie bisher) 2.000 DM (= 10 v.H. des Festkapitals von 20.000 DM). Nunmehr war – abweichend vom GV vom 7.11.1996 – die Antragstellerin auch zur Erbringung ihrer vollen Arbeitskraft als Einlage verpflichtet. Für diese Tätigkeit sollte sie einen „Vorabgewinn gem. der als Vertragsbestandteil geltenden Tätigkeitsvereinbarung” erhalten (§ 2 GV). § 7 bis § 9 GV lauten:
„§ 7
Die Gesellschafter…sind am Ergebnis und Vermögen -einschließlich der stillen Reserven-…wie folgt beteiligt:
-Die GmbH 90 Prozent
-Der Gesellschafter 10 Prozent
Eine Beteiligung des Gesellschafters an Verlusten der auswärtigen Beratungsstelle über seine Vermögenseinlage hinaus ist gemäß § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB ausgeschlossen.
Sollten der GmbH wegen der Begrenzung des § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB höhere Verlustanteile zugerechnet werden, als es deren Beteiligung entspricht, werden ihr diese Differenzbeträge in folgenden Gewinnjahren als Vorabgewinn zugerechnet.
Die GmbH steht für die von ihr zu entrichtende Gewerbesteuer ein Ausgleich durch die auswärtige Beratungsstelle zu. Bemessungsgrundlage für die Forderung der GmbH ist die gemäß Handelsbilanzgewinn anfallende Gewerbesteuer der auswärtigen Beratungsstelle. Sie ist Betriebsausgabe der auswärtigen Beratungsstelle, jedoch erst nach einer eventuell getroffenen, ergebnisabhängigen Vergütungs- bzw. Tantiemevereinbarung.
Jeder zur Einlage seiner Arbeitskraft verpflichtete Gesellschafter erhält für seine Tätigkeit eine Tätigkeitsvergütung als Vorabgewinn, die jeweils durch Vereinbarung mit der GmbH festzulegen ist. Er darf auf diesen Vorabgewinn nach Absprache mit den anderen Gesellschaftern monatliche Entnahmen tätigen. Die Vorabvergütung stellt im Verhältnis der Gesellschafter zueinander Aufwand der Gesellschaft dar.
Reicht der tatsächlich erzielte Gewinn der Gesellschaft nicht aus, um die Tätigkeitsvergütung und die darauf getätigten Vorabentnahmen zu decken, so wird der über den tatsächlich erzielten Gewinn hinausgehende entnommene Betrag dem Kapitalkonto des Gesellschafters belastet.
Ist der Gesellschafter an der Ausübung seiner Tätigkeit durch Krankheit oder andere unverschuldete Ursachen vorübergehend gehindert, bleiben ihm seine Vorabgewinnansprüche für die Zeit der Behinderung bis zur Dauer von 3 Monaten erhalten. Die Weiterzahlung der Bezüge vermindert sich jedoch um den Betrag, der dem von einer Krankenkasse gezahlten Krankengeld entspricht.
§ 8
Gewinnanteile (soweit sie nicht gemäß Abs. 2 dieses Paragrap...