Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlustabzug bei Mantelkauf: Beschwer durch Null-Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags – Anwendung der Konzernklausel des § 8c Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 KStG auf Personengruppen – Besonderes Interesse an der Aussetzung der Vollziehung wegen möglicher Verfassungswidrigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Beschwer durch eine Kürzung des verbleibenden vortragsfähigen Gewerbeverlustes nach § 8 c KStG kann nicht mit einem Rechtsbehelf gegen die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags auf Null Euro geltend gemacht werden.
2. Die Konzernklausel des § 8c Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 KStG kann nicht aufgrund der Annahme einer planwidrigen Regelungslücke entgegen ihrem Wortlaut auch auf eine zu gleichen Teilen am übertragenden und übernehmenden Rechtsträger beteiligte Personengruppe angewendet werden.
3. Das besondere berechtigte Interesse an der Aussetzung der Vollziehung einer Feststellung des verbleibenden Gewerbeverlustes wegen der möglichen Verfassungswidrigkeit des § 8 c Abs. 1 Satz 2 KStG (vgl. FG Hamburg, Beschluss v. 29.08.2017 -2 K 245/17, EFG 2017, 1906) ist in Abwägung mit dem gewichtigen Ausmaß der hiervon abhängigen Steuereinnahmen zu verneinen (a.A. FG Hamburg, Beschluss vom 11. April 2018 2 V 20/18, EFG 2018, 1128).
Normenkette
FGO § 40 Abs. 2; GewStG § 10 a S. 6, § 35 b Abs. 2 S. 2; AO § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 351 Abs. 2; KStG § 8 c Abs. 1 Sätze 2, 5 Nr. 3; FGO § 69
Streitjahr(e)
2010
Tatbestand
Die GmbH 1 war im Streitjahr 2010 Tochtergesellschaft (100 %) der GmbH 2, die Tochter (100 %) der B- GmbH, der Antragstellerin, war, die im Jahr 2017 auf ihren jetzigen Namen umfirmierte.
Alleinige Gesellschafter der Antragstellerin sind die Eheleute D je zur Hälfte. Mit Wirkung zum 3.12.2010 wurden die Anteile an der GmbH 1 und der GmbH 2 an die GmbH 3 veräußert, an der die Eheleute D ebenfalls zur Hälfe beteiligt waren. Mit Vertrag vom 16.8.2012 wurde die GmbH 3 auf die Antragstellerin verschmolzen. Mit Vertrag vom 11.8.2016 wurde die GmbH 1 auf die Antragstellerin verschmolzen. Die Antragstellerin macht als Gesamtrechtsnachfolgerin der GmbH 1 die Rechtswidrigkeit der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages und der Feststellung des auf den 31.12.2010 verbleibenden vortragsfähigen Gewerbeverlustes geltend.
Die GmbH 1 erzielte im Jahr 2010 ausweislich einer im Jahr 2015 für die Wirtschaftsjahre 2008 bis 2011 durchgeführten Betriebsprüfung einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 3.310.688 Euro, was nach Berücksichtigung von Hinzurechnungen und Kürzungen für die Gewerbesteuer zu einem verbleibenden (Verlust) - Betrag von 2.925.586 Euro und einer Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages mit Bescheid vom 24.5.2017 auf Null Euro führte. Der Prüfer und dem folgend der Antragsgegner ging ferner davon aus, dass die Veräußerung zum 3.12.2010 schädlich im Sinne von § 8 c Abs. 1 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) gewesen sei und infolgedessen der nichtausgleichsfähige Verlust des Jahres 2010 von 2.925.586 Euro in Höhe von 11/12 gem. § 10 a Satz 10 Gewerbesteuergesetz (GewStG) i.V.m § 8 c KStG untergegangen sei. Mit Bescheid vom 24.5.2017 wurde auf den 31.10.2010 ein verbleibender vortragsfähiger Gewerbeverlust in Höhe von 243.799 Euro (= 1/12 von 2.925.586 Euro) gesondert festgestellt.
Im Jahr 2011 wurde über das Vermögen der GmbH 1 das Insolvenzverfahren eröffnet. Durch Insolvenzplan vom 29.8.2012 wurde die GmbH 1 saniert. Die GmbH 1 setzte ihre werbende Tätigkeit fort. Auf den 31.12.2011 erhöhte sich der für sie gesondert festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust auf 762.313 Euro, auf den 31.12.2012 verminderte sich der festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust auf 505.828 Euro. Im Jahr 2013 erzielte die GmbH 1 einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von 2.713.554 Euro, von dem der auf den 31.12.2012 festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust in Höhe von 505.828 Euro in Abzug gebracht wurde. Mit Bescheiden vom 12.6.2017 wurde für das Jahr 2013 ein Gewerbesteuermessbetrag von 77.269 Euro und ein verbleibender vortragsfähiger Gewerbeverlust von 0 Euro festgestellt.
Gegen die Bescheide vom 24.5.2017 über den Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 2010 und die Feststellung des verbleibenden vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2010 wurden Einsprüche eingelegt, über die der Antragsgegner bisher nicht entschieden hat. Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung dieser Bescheide hat der Antragsgegner mit Verfügung vom 22.5.2018 abgelehnt.
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz durch das Gericht und begründet ihren Antrag im Wesentlichen wie folgt:
Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes sei inhaltlich an die im Gewerbesteuermessbescheid ausgewiesenen Besteuerungsgrundlagen gebunden, deshalb müsse der Messbescheid trotz eines Steuermessbetrages von Null Euro neben dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes angefochten werden.
Zugunsten der Eheleute D als Konzernspitze müsse die Konzern...