rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerliche Behandlung der Umsätze einer Privatklinik für ästhetisch-plastische Chirurgie

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Es erscheint ernstlich zweifelhaft, ob ausschließlich ästhetisch motivierte Schönheitsoperationen unter die Umsatzsteuerbefreiung für heilberufliche Tätigkeit fallen.
  2. Bei summarischer Prüfung erscheint weiterhin unsicher, ob für den Nachweis der medizinischen Indikation von Leistungen auf dem Gebiet der ästhetisch-plastischen Chirurgie die Kostenübernahme durch Sozialversicherungsträger/Krankenkassen gefordert werden kann.
 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 14

 

Streitjahr(e)

2003

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin betreibt „...” Privatkliniken für ästhetisch-plastische Chirurgie”, ...” zur Erbringung medizinischer Dienstleistungen, insbesondere auf den Gebieten der plastischen Chirurgie, der refraktiven Augenchirurgie (operative Behandlung von Kurz- und Weitsichtigkeit), der ästhetischen Zahnmedizin, des Antiaging und aller sonstigen medizinischen Aufgabenfelder sowie alle übrigen, dem Gesellschaftszweck dienenden Tätigkeiten. Im wesentlichen führt die Antragstellerin durch ausgebildete ästhetisch-plastische Chirurgen ambulante Operationen wie z.B. Liposuction, Haartransplantation, Nasenkorrekturen, Bruststraffung, Brustvergrößerung, Brustverkleinerung, Faltenbehandlung Botox und in geringem Umfang Augenlasern durch.

Die Antragstellerin behandelte ihre gesamten Umsätze seit Beginn der Tätigkeit im Jahre 2001 gemäß § 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) als steuerfrei. Im Rahmen einer Ende 2003 für den Besteuerungszeitraum 2001 sowie die Voranmeldungszeiträume I.-IV./2002 und I., II./2003 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung kam der Antragsgegner zu dem Ergebnis, dass es sich vorliegend um ärztliche Leistungen handele, die nicht nach § 4 Nr. 14 UStG als steuerfrei zu qualifizieren seien, da mit den durchgeführten Behandlungen kein therapeutisches Ziel verfolgt würde. Unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 27.06.2003 an die Antragstellerin vertrat der Antragsgegner die Auffassung, dass Leistungen eines Arztes unter Berücksichtigung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 14.09.2000 - Rs.C-384/98 -, Umsatzsteuerrundschau (UR) 2000, 432 nur dann nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe c) der 6. EG-Richtlinie umsatzsteuerfrei seien, wenn sie der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen dienten. Daraus schloss das BMF und diesem folgend der Antragsgegner, dass auch „Schönheitsoperationen” - wie alle anderen ärztlichen Leistungen - nur dann nach § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei seien, wenn ein therapeutisches Ziel im Vordergrund stehe. Als Indiz für die Steuerfreiheit einer Leistung könne die regelmäßige Übernahme der Kosten durch die Krankenversicherungen dienen.

Dementsprechend wurde lediglich in einem Fall, in dem die Kostenübernahme durch die Krankenkasse durch die Antragstellerin nachgewiesen worden war, die Steuerbefreiung durch die Prüfung anerkannt. Die im Übrigen steuerpflichtigen Umsätze für den Vorauszahlungszeitraum II./2003 wurden mit 2.321.914,00 €, die demgemäß anzusetzenden Vorsteuern mit 293.020,95 € ermittelt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht vom 24.11.2003 verwiesen.

Unter dem 29.01.2004 erließ der Antragsgegner einen entsprechend geänderten Bescheid über Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das II. Kalendervierteljahr 2003. Festgesetzt wurden 78.485,29 €. Der Nachzahlungsbetrag betrug 70.452,72 €.

Über den dagegen eingelegten Einspruch hat der Antragsgegner noch nicht entschieden. Vielmehr hat er mit Schreiben vom 19.02.2004 das Ruhen des Einspruchsverfahrens gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 Abgabenordnung (AO) bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Revisionsverfahren V R 27/03 angeordnet. Gleichzeitig hat er den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung unter Verweis auf das Schreiben des BMF vom 27.06.2003 abgelehnt.

Mit dem vorliegenden Antrag begehrt die Antragstellerin Aussetzung der Vollziehung durch das Gericht.

Sie trägt vor:

Insbesondere unter Berücksichtigung der aktuellen Urteile des EuGH vom 06.11.2003 - Rs.C-45/01, UR 2003, 584 -; vom 20.11.2003 - Rs.C-212/01, UR 2004, 70 - seien ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides begründet. Zwar habe sich das Finanzgericht Berlin mit Urteil vom 12.11.2002 - 7 K 7264/02, DStRE 2003, 376 - erstmals mit der Umsatzsteuerbefreiung von sogenannten Schönheitsoperationen beschäftigt und diese als umsatzsteuerpflichtig qualifiziert. Dies allerdings unter Bezugnahme auf die Verwaltungsmeinung und das Urteil des EuGH vom 14.09.2000 - Rs.C-384/98, a.a.O. -, in dem es jedoch lediglich um die Qualifizierung von gutachterlichen Tätigkeiten und nicht von ärztlichen Heilbehandlungen gegangen sei. Es sei zweifelhaft, ob das Finanzgericht Berlin sein Urteil in Kenntnis der aktuellen EuGH-Rechtsprechung gefällt hätte. Der BFH habe ebenfalls ...

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