Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Einreihung von Elektromobilen
Leitsatz (redaktionell)
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird folgende Frage zur Vorabentscheidung nach Art. 234 EG vorgelegt:
Fallen die im Beschluss näher beschriebenen Elektromobile (sog. „Mobility Scooter” mit Elektromotor, Lenksäule, Kippschutz, Höchstgeschwindigkeiten von 6 km/h bis 15 km/h und Reichweiten zwischen 12 und 65 km) aufgrund ihrer zur Beförderung von Behinderten geeigneten Bauart unter die Position 8713 oder – aufgrund ihrer hauptsächlichen Bestimmung zur Personenbeförderung – unter die Position 8703 KN i. d. F. der VO (EG) Nr. 1810/2004 vom 7. September 2004 (ABl. EU Nr. L 327/1)?
Normenkette
EG Art. 234; ZK Art. 20 Abs. 1, 3 Buchst. a, Art. 201 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 S. 1; KN i.d.F. der VO (EG) Nr. 1810/2004 Pos. 8703; KN i.d.F. der VO (EG) Nr. 1810/2004 Pos. 8713; UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1; Anlage 2 Nr. 51; RL 77/388/EWG Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 S. 2; RL 77/388/EWG Anhang H Abs. 2 Nr. 4; RL 2006/112/EG Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 1; RL 2006/112/EG Anhang III Nr. 4; IntWarenBezÜbk v. 14.6.1983 Art. 3 Abs. 1 Buchst. a, Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, c, Art. 8
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten sich über die Einreihung von Elektromobilen.
Die Klägerin ließ vom 11.07.2005 bis zum 10.10.2005 mit sieben Zollanmeldungen Elektromobile verschiedener, unten dargestellter Modelle aus Taiwan und China nach Anmeldung der Waren unter der Unterposition 8713 9000 der Kombinierten Nomenklatur (KN) in den zollrechtlich freien Verkehr überführen. Die Zollstelle fertigte die Waren antragsgemäß ohne Zollerhebung und unter Erhebung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes ab.
In den Handelsrechnungen wurden die Waren als „Mobility Scooter” bezeichnet. In den Zollanmeldungen beschrieb die Antragstellerin die Waren als „Rollstühle und andere Fahrzeuge für Behinderte, Elektromobile”.
Bei den Elektromobilen der Modelle ....., ....., ....., ..... ,....., ...., ....., ....., ....., .... und ..... handelte es sich um drei- oder vierrädrige Fahrzeuge zur Beförderung einer Person, die von einem batteriebetriebenen Elektromotor angetrieben werden. Sie erreichten meist Höchstgeschwindigkeiten von 6 km/h, seltener von 8 bis 15 km/h und Reichweiten zwischen 12 und 65 km mit einer Batterieladung. Die Fahrzeuge waren zwischen 100,6 und 152 cm lang und zwischen 47 und 67 cm breit und hatten ein Leergewicht von 36 bis 76 kg. Sie hatten Räder mit einem Durchmesser von 170 bis 320 mm und eine waagerechte Plattform, auf der die Füße des Fahrers abgestellt werden konnten. Die Lenksäule war mit Steuerelementen für das Fahren und Bremsen ausgestattet. An ihr befand sich ein Drahtkorb. Die Fahrzeuge waren für den Transport zerlegbar und verfügten im äußerst hinten gelegenen Fahrzeugbereich – teilweise mit der Hinterachse verbunden – über zwei weitere kleine Räder, die ein Umkippen verhindern sollten.
Bei den Modellen ...., .... und .... handelt es sich ebenfalls um vierrädrige Elektromobile, die trotz höheren Gewichts in Leistungen und Größen dem Modell..... vergleichbar waren, aber nicht über den dargestellten Kippschutz verfügten.
Aufgrund einer erst mit Bericht vom 08.12.2008 abgeschlossenen Außenprüfung durch das Hauptzollamt wurde dem Beklagten die Abwicklung der o.a. Einfuhren bekannt. Der Beklagte war der Auffassung, die Elektromobile mit Ausnahme der Modelle..... und ..... seien in die Position 8703 einzureihen und erhob mit Bescheid vom 02.07.2008 34.206,42 EUR Zoll und 36.014,20 EUR Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) nach.
Dabei blieb die Einreihung der zugleich eingeführten Modelle... und..... unstreitig in der Position 8713. Hierbei handelte es sich um mit Elektromotoren betriebene Rollstühle, die eine in einer der Armlehnen montierte Steuerung hatten. Beide Rollstühle wiesen individuell einstellbare Fußstützen auf und erreichten Höchstgeschwindigkeiten bis 6 km/h. Mit einer Batterieladung waren Reichweiten bis zu 20 oder 35 km zu erzielen.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein und verwies zur Begründung auf Entscheidungen des Gerichtshofs Amsterdam vom 8. April 2008, Aktenzeichen DK 06/77-79, die die Einreihung in ihren Zollanträgen bestätigten.
Mit Einspruchsentscheidung vom 14.05.2009 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück, da es sich bei den Elektromobilen um Fahrzeuge handele, die in die Unterposition 8703 1018 KN einzureihen seien. Sie dienten nämlich dem Transport einer Person und könnten auf Gehwegen, Radwegen, in Parkgeländen, in Fußgängerzonen oder an öffentlichen Orten beispielsweise beim Einkaufen, Angeln, Golfspielen verwendet werden. Insoweit werde auf die Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Position 87.03 (Erl. HS Pos. 87.03) Rzn. 01.0 bis 05.0 verwiesen. Auch seien derartige Fahrzeuge nach den Erl. HS Pos. 87.13 Rz. 07.0 nicht in die Position 8713 einzureihen. Das wäre nach dem Wortlaut der Position 8713, in der es „für Behinderte” heiße, nur möglich, wenn die Fahrzeuge speziell zum Befö...