Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eines Einfuhrabgabenbescheids für sog. Elektro-Scooter aus Taiwan und China

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Umstand, dass im Hauptsacheverfahren die Aussetzung des Verfahrens zur Vorabentscheidung durch den EuGH geboten erscheint, rechtfertigt für sich allein schon die Annahme begründeter Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Einfuhrabgabenbescheids (hier: Einordnung von Elektro-Scootern als Fahrzeuge für Behinderte).
  2. Von der Anforderung einer Sicherheitsleistung kann nicht abgesehen werden, wenn die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Antragstellerin nicht auf dem von der Vollziehung auszusetzenden Einfuhrabgabenbescheid, sondern auf anderweitigen Abgabenfestsetzungen beruhen.
 

Normenkette

ZK Art. 20, 201 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 S. 1, Art. 244 Abs. 2, 3 S. 2; KN Unterpos. 8703 9000; KN Unterpos. 8713 9000; Erl KN (HS) Pos. 8703 10 Rz. 01.0 ff.; Erl KN (HS) zu Pos. 8713 Rz. 01.1; UStG § 12 Abs. 2; EG Art. 234 Abs. 1; FGO § 69

 

Streitjahr(e)

2005

 

Tatbestand

Die Antragstellerin ließ vom 11.07.2005 bis zum 10.10.2005 mit sieben Zollanmeldungen sog. Elektro-Scooter verschiedener, unten dargestellter Modelle aus Taiwan und China nach Anmeldung der Waren unter der Unterposition 8713 9000 der Kombinierten Nomenklatur (KN) in den zollrechtlich freien Verkehr überführen. Die Zollstelle fertigte die Waren antragsgemäß ohne Zollerhebung und unter Erhebung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes ab.

In den Handelsrechnungen wurden die Waren als Mobility Scooter bezeichnet. In den Zollanmeldungen beschrieb die Antragstellerin die Waren als „Rollstühle und andere Fahrzeuge für Behinderte, Elektromobile”.

Bei den Elektro-Scootern der Modelle ........ handelte es sich um drei- oder vierrädrige Fahrzeuge zur Beförderung einer Person, die von einem batteriebetriebenen Elektromotor angetrieben werden. Sie erreichten Höchstgeschwindigkeiten zwischen 6 und 15 km/h und Reichweiten zwischen 12 und 65 km mit einer Batterieladung. Die Fahrzeuge waren zwischen 100,6 und 152 cm lang und zwischen 47 und 67 cm breit und hatten ein Leergewicht von 36 bis 76 kg. Sie hatten kleine Räder mit einem Durchmesser von 170 bis 320 mm und eine waagerechte Plattform, auf der die Füße des Fahrers abgestellt werden konnten. Die Lenksäule war mit Steuerelementen für das Fahren und Bremsen ausgestattet. An ihr befand sich ein Drahtkorb. Die Fahrzeuge waren für den Transport zerlegbar und verfügten an der Hinterachse über zwei weitere kleine Räder, die ein Umkippen verhindern sollten.

Die Modelle .... und ..... waren mit Elektromotoren betriebene Rollstühle, die eine in einer der Armlehnen montierte Steuerung hatten. Beide Rollstühle hatten individuell einstellbare Fußstützen und erreichten Höchstgeschwindigkeiten bis 6 km/h. Mit einer Batterieladung waren Reichweiten bis zu 20 oder 35 km zu erzielen.

Bei den Modellen ...., ..... und .... handelt es sich – nach Angaben aus dem Internet – ebenfalls um vierrädrige Elektro-Scooter, die trotz höheren Gewichts in Leistungen und Größen dem Modell..... vergleichbar waren, aber nicht über einen Kippschutz verfügten.

Aufgrund einer bislang noch nicht abgeschlossenen Außenprüfung wurde dem Antragsgegner die Abwicklung der o.a. Einfuhren bekannt. Der Antragsgegner war der Auffassung, die Electro-Scooter mit Ausnahme der Modelle... und..... seien in die Position 8703 einzureihen und erhob mit Bescheid vom 02.07.2008 34.206,42 EUR Zoll und 36.014,20 EUR Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) nach.

Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin fristgerecht Einspruch ein und verwies zur Begründung auf Entscheidungen des Gerichtshofs Amsterdam, Aktenzeichen DK 06/77-79, die die Einreihung in ihren Zollanträgen bestätigten.

Die zugleich beantragte Aussetzung der Vollziehung gewährte der Antragsgegner mit Verfügung vom 11.07.2008 gegen Sicherheitsleistung. Dagegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und führte aus, das Verlangen nach Sicherheitsleistung führe bei ihr zu ernsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher Art. Selbst wenn sie noch die Abgaben des Jahres 2005 durch Kredite begleichen könne, müsse sie wegen der Abgabenforderung der folgenden Jahre wohl Insolvenz anmelden.

Nach verwaltungsinterner Klärung der Einreihungsfrage widerrief der Antragsgegner mit Verfügung vom 02.10.2008 die Aussetzung der Vollziehung, da Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht bestünden. Zudem forderte er die Antragstellerin auf, wegen einer Stundung ihre Vermögens- und Liquiditätslage im Einzelnen unter Vorlage genau bezeichneter Unterlagen darzulegen.

Mit ihrem am 16.10.2008 beim Finanzgericht eingegangenen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter und trägt ergänzend vor, die eingeführten Elektro-Scooter erfüllten die Voraussetzungen der Position 8713, denn das Modell „.....” zeige exemplarisch, dass zu ihrem Zubehör Fußstützen und Gehhilfenhalter gehörten. Zudem sei dieses Modell einhändig bedienbar, verfüge über einen Ki...

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