Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung der Verwaltungsübung bis 1985 bei fehlerbeseitigender Artfortschreibung zum Einfamilienhaus
Leitsatz (redaktionell)
- Bei einer fehlerbeseitigenden Artfortschreibung eines 1981 fertiggestellten Wohnhauses zum Einfamilienhaus muss die Finanzbehörde nach § 20 Satz 2, 2. Halbsatz BewG in der seit dem 13.11.1992 geltenden Fassung i. V. m. den gleichlautenden Ländererlassen vom 15.05.1995 (BStBl I 1995, 201) in ermessensgerechter Weise prüfen, ob das Gebäude im Wege einer Billigkeitsmaßnahme entsprechend der Verwaltungsübung bis zum Jahr 1985 weiterhin als Zweifamilienhaus bewertet werden kann.
- Diese bewertungsrechtliche Billigkeitsregelung ist unabhängig von der Ausstattung des Hauses, den Baukosten und dem Aufwand für die Schaffung getrennter Wohnungen anzuwenden.
Normenkette
BewG § 20 S. 2 2. Halbsatz, § 75 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 6; AO § 163 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob das Wohnhaus der Kläger in . . ., . . . auf den 01.01.1995 gemäß § 20 Satz 2 2. Halbsatz Bewertungsgesetz (BewG) in Verbindung mit den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder betreffend die Einheitsbewertung des Grundvermögens vom 15. Mai 1985, BStBl I 1985, 201 als Zweifamilienhaus im Sinne des § 75 Abs. 1 Nr. 5 in Verbindung mit § 75 Abs. 6 BewG zu bewerten ist.
Die Kläger sind seit 1986 Eigentümer des oben genannten Wohnhauses. Das Haus wurde im Jahre 1981 fertig gestellt. Es ist an einem Hang gebaut und hat drei Ebenen, die auf Grund der Hanglage versetzt sind. Das Haus ist auf Grund der Hanglage nur teilweise unterkellert und der Eingangsbereich befindet sich auf der zweiten Ebene. Auf der Ebene des Eingangsbereiches befinden sich auf der vom Eingang her gesehenen linken Seite ein 13,18 qm großer Wohnraum und ein 2,41 qm großer Abstellraum. Auf der rechten Seite des Eingangs befindet sich ein 1,94 qm großer Flur, eine 6,91 qm große Küche und eine 4,76 qm große Dusche. Zusammen mit dem Eingangsflur mit einer Größe von 2,04 qm beträgt die gesamte Wohnfläche dieser so genannten Einliegerwohnung 31,24 qm. An diesen Eingangsflur schließen die Treppenstufen an, die in die zum Tal hin gelegene erste Ebene hinab und in die zum Tal hin gelegene zweite Ebene hinauf führen. Ursprünglich war dieser Treppenbereich nicht durch eine Tür abgeschlossen. Auf Grund einer Ortsbesichtigung stellten Vertreter des Beklagten fest, dass das Gebäude ein Einfamilienhaus sei und diese Grundstücksart wurde auch durch einen entsprechenden Bescheid festgestellt. Daraufhin trennte der Voreigentümer der Kläger den Treppenbereich durch eine massive Türkonstruktion von dem Eingangsflur ab. Auf Grund einer am 28.01.1983 durch die Vertreter des Beklagten . . . und . . . durchgeführten Ortsbesichtigung erfolgte eine Anerkennung des Gebäudes als Zweifamilienhaus. Über die Ortsbesichtigung fertigten die Vertreter des Beklagten einen Aktenvermerk, auf den Bezug genommen wird (vgl. Blatt 13 der Bewertungsakte Rückseite). Mit Einheitswertbescheid (Wert- und Artfortschreibung auf den 01.01.1983) vom 15.10.1984 wurde der Einheitswert für das Grundstück in . . ., . . . auf 93.800,00 DM und die Grundstücksart Zweifamilienhaus festgestellt.
Durch Einheitswertbescheid (Zurechnungsfortschreibung auf den 01.01.1987) vom 11.05.1987 wurde das Grundstück in . . . den Klägern zu je 1/2 zugerechnet. Ferner wurde ihnen nachrichtlich mitgeteilt, dass der Einheitswert wie bisher 93.800,00 DM betrage und die Grundstücksart Zweifamilienhaus sei.
Am 11.12.1995 wurde bei den Klägern eine Ortsbesichtigung durch Vertreter des Beklagten durchgeführt, um zu ermitteln, ob es sich bei dem Gebäude der Kläger um ein Ein- oder Zweifamilienhaus handelte. Bei dieser Ortsbesichtigung wurde unter anderem festgestellt, dass die Einliegerwohnung an die Mutter bzw. Schwiegermutter der Kläger vermietet war, die in . . . nur mit zweitem Wohnsitz gemeldet war und sich nach Auskunft der Kläger auch nicht ständig in dieser Wohnung in . . . aufhielt. Bezüglich der Tür, die die Hauptwohnung von der Einliegerwohnung trennt, wurde festgestellt, dass sie nicht geeignet sei, zwei abgeschlossene Wohnungen zu schaffen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vermerkes über die Ortsbesichtigung wird auf den Vermerk Blatt 71 der Bewertungsakte Bezug genommen. Mit Einheitswertbescheid (Wert- und Artfortschreibung auf den 01.01.1995) vom 21.12.1995 wurde für das Gebäude der Kläger im Rahmen einer fehlerbeseitigenden Fortschreibung der Einheitswert auf 141.300,00 DM und die Grundstücksart Einfamilienhaus festgestellt. Die Kläger legten gegen den Einheitswertbescheid fristgerecht Einspruch ein, der durch Einspruchsentscheidung vom 24.07.1997 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Die Kläger haben am 20.08.1997 Klage erhoben.
Sie sind der Ansicht, dass ihr Hausgrundstück in . . . ein Zweifamilienhaus im Sinne des Bewertungsgesetzes sei. Das Hausgrundstück sei von den Klägern als Zweifamilienhaus erworben worden, um die einkommensteuerrechtlichen Vorteile der Nutzungswertbesteuerung ...