vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages bei Grundstücksunternehmen
Leitsatz (redaktionell)
- Die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages bei einer Grundstücks-KG wird durch § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 a GewStG auch hinsichtlich der von einem nicht gewerbesteuerpflichtigen Kommanditisten als Sondervergütungen bezogenen Darlehenszinsen ausgeschlossen.
- Eine Einschränkung des Geltungsbereichs des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 a GewStG im Wege der teleologischen Reduktion auf gewerbesteuerpflichtige Gesellschafter widerspräche dem mit dem JStG 2009 zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 Sätze 2, 5 Nr. 1 a; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1
Streitjahr(e)
2016
Nachgehend
Tatbestand
Gegenstand der am 27.11.2018 erhobenen Klage sind die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages 2016 und die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.2016 mit Bescheiden vom 20.7.2018 und vom 12.7.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.11.2018.
Streitig ist, ob Sondervergütungen in Gestalt von Zinsen zur erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages bei der Klägerin berechtigen.
Die Klägerin, eine GmbH und Co KG, befasste sich mit der Verwaltung eigener Immobilien. Ihre…Grundstücke hatte sie mit Vertrag vom ...2008 zu einem Kaufpreis von insgesamt ca. 8,2 Mio. € von ihrem Mehrheitskommanditisten erworben. Der Kaufpreis wurde (ohne Aufgliederung im Einzelnen) zum ganz überwiegenden Teil durch die Übernahme bestehender, durch die Grundstücke besicherter Verbindlichkeiten beglichen. Der verbliebene Restbetrag i.H.v. 1.070.000 € wurde ”bis auf Widerruf“ zinslos gestundet und in den folgenden Jahren durch Privatentnahmen des Kommanditisten ”verbraucht“.
Bis zum Streitjahr entstanden aus dem ”Stehenlassen“ von entnahmefähigen Gewinnanteilen der Gesellschafter positive zu verzinsende Konten. In dem für 2016 aufgestellten Jahresabschluss sind im ”Kontennachweis zur Steuerbilanz“ unter ”sonstige Verbindlichkeiten“ die Konten Nr. 2070 und Nr. 2071 ”Gesellschafter-Darlehen“ ”mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr“ i.H.v. 633.772,98 € und 71.869,84 € ausgewiesen. Außerdem wurden im Konto 9570 ”Anteil für Konto 2070“ und im Konto 9571 ”Anteil für Konto 2071“ weitere Beträge i.H.v. 106.894,80 € und 6.823,08 € als sonstige Verbindlichkeiten dargestellt. In der Gewinn- und Verlustrechnung wurden die darauf entfallenden Zinsen nicht gesondert ausgewiesen, sondern sind in den Zinsaufwendungen i.H.v. 267.760,93 € enthalten.
Zu den Konten ”Verzinsung Gesellschafterdarlehen“ 2071 und 2070 wurden als ”Sonderbetriebseinnahmen/-ausgaben gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG“ Zinsen i.H.v. 66.173,22 € (Mehrheitskommanditist B) und i.H.v. 4.448,78 € (Kommanditistin C-GmbH) erfasst und in ”Sonderbilanzen“ dargestellt. Hinsichtlich der D-GmbH, der Komplementärin der Klägerin, wurde eine ”Ergänzungsbilanz“ aufgestellt, in der unter ”SBE Zinsen“ die hier im Streit stehenden Zinsen i.H.v. 1.504,98 € erfasst wurden.
Über die Höhe der Beträge besteht kein Streit.
Nach dem Gesellschaftsvertrag war für jeden Gesellschafter ein Kapitalkonto und ein ”Darlehenskonto“ zu führen (§ 4 Abs. 1). Auf dem ”Darlehenskonto“ sollten entnahmefähige Gewinnanteile, Entnahmen, Zinsen, der Ausgaben- und Aufwendungsersatz, die Vorabvergütung sowie der sonstige Zahlungsverkehr der Gesellschaft und dem Gesellschafter gebucht werden (§ 4 Abs. 2). Tatsächlich wurden darauf ausschließlich die entnahmefähigen Gewinne (entsprechend § 9 Abs. 2) und Privatentnahmen aufgezeichnet. Die Entnahmen waren auf Beträge beschränkt, die zur Zahlung der persönlichen Steuern und öffentlicher Abgaben benötigt würden, soweit diese Steuern und Abgaben auf die Beteiligung an der Klägerin entfallen (§ 10). Weitergehende Entnahmen standen unter dem Vorbehalt der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung.
Daneben sollte ein unverzinsliches Verlustvortragskonto separat gebildet werden (§ 4 Abs. 4). Verluste waren vorzutragen und mit späteren Gewinnen auszugleichen und erst dann wieder die Gewinne den Darlehenskonten bzw. dem ebenfalls zu führenden Rücklagenkonto zuzuschreiben (§ 9 Abs. 3). Das Rücklagenkonto war nach § 4 Abs. 3 und § 9 Abs. 4 als gemeinsames unverzinsliches Konto für nicht entnahmefähige Gewinne vorgesehen, dessen Guthaben ggf. nach Gesellschafterbeschluss auf die Darlehenskonten umzubuchen war.
Für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters war bestimmt, dass das Darlehenskonto bei der Berechnung einer im Einzelnen in § 15 Abs. 2 beschriebenen Abfindung außer Betracht bleibt und auf den Tag des Ausscheidens auszugleichen ist (§ 15 Abs. 3).
Die Verzinsung der Darlehenskonten (zusammen 72.126 € Zinsen) bezog der Beklagte nicht in die Kürzung des Gewinnes und der Hinzurechnungen gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ein, sondern qualifizierte sie als Vergütungen i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 a GewStG ...