Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligung an „Zigarettenschmuggel”: Kenntnis vom vorschriftswidrigen Verbringen
Leitsatz (redaktionell)
- Auch wenn der Tatbeitrag eines Teilnehmers am vorschriftswidrigen Verbringen unverzollter und unversteuerter Zigaretten lediglich darin besteht, einen Kleintransporter anzumieten und die Zigaretten darin innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft zu befördern, kann er als Zoll- und Steuerschuldner in Anspruch genommen werden.
- Das Finanzgericht ist nicht gehindert, sich die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts zum Tatvorsatz zu Eigen zu machen, wenn gegen diese Feststellungen keine substantiierten Einwendungen erhoben werden.
- Bei der der Auswahl zwischen mehreren gesamtschuldnerisch verpflichteten Abgabenschuldnern ist eine Differenzierung nach der Rolle der jeweiligen Beteiligten im Tatgeschehen und dem aus der Tat gezogenen Nutzen nicht zwingend geboten.
Normenkette
ZK Art. 38 Abs. 1 Buchst. a; ZK Art. 40Art. 202 Abs. 1 Buchst. a; ZK Art. 202 Abs. 3 Anstrich 3, Art. 213; TabStG § 21; UStG § 21 Abs. 2; AO § 5
Streitjahr(e)
2002
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wurde am 14. April 2000 von Beamten des Zollfahndungsamts A als Fahrer eines Kleintransporters, auf dessen Ladefläche sich 2.400 Stangen unverzollter und unversteuerter Zigaretten befanden, auf der Bundesstraße B in C angetroffen. Die Zigaretten waren in 160 Paketen zu je 15 Stangen in transparenter Folie verpackt.
In seiner Vernehmung als Beschuldigter vom 15. April 2000 sagte der Kläger aus, er habe den Kleintransporter gegen Zahlung einer Kaution von 150 DM am 14. April 2000 angemietet. Für die Anmietung habe er 200 DM von einem ihm nicht näher bekannten Mann erhalten, der ihn auf dem Flohmarkt angesprochen habe, ob er sich etwas Geld verdienen wolle. Der Mann habe ihm erklärt, dass er für ihn Ersatzteile aus C habe abholen sollen. Er selbst könne den Transporter nicht anmieten, weil er kein deutscher Staatsangehöriger sei. Der Mann habe ihm 500 DM für die Fahrt versprochen, die er nach seiner Rückkehr habe erhalten sollen. Ferner habe er ihm auf dem Flohmarkt ein Handy übergeben, über das er ihm die Anweisung erteilt habe, den Transporter anzumieten. Er habe seine Schwäger, X und Y gebeten, ihn zu begleiten, weil er Angst gehabt habe, dass ihm etwas passiere. Er habe sich mit dem Transporter zu dem ihm bezeichneten Ort begeben, wo ein anderer Mann das Fahrzeug übernommen habe. Dieser Mann sei mit dem Transporter hinter eine Halle gefahren, wo er beladen worden sei. Auf Anweisung sei er sodann losgefahren.
Das Hauptzollamt M, dessen Zuständigkeit mittlerweile auf das beklagte Hauptzollamt übergegangen ist, setzte gegen den Kläger mit Bescheid vom 13. März 2002 12.369,17 EUR Zoll, 36.101,30 EUR Tabaksteuer und 10.896,65 EUR Einfuhrumsatzsteuer fest. Dabei ging es davon aus, dass der Kläger am 14. April 2000 480.000 Stück unverzollter und unversteuerter Zigaretten im Besitz gehabt habe.
Mit seinem hiergegen eingelegten Einspruch machte der Kläger geltend, das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren sei noch nicht abgeschlossen.
Das Amtsgericht D verurteilte den Kläger am 9. Februar 2006 wegen Steuerhehlerei und verwarnte ihn deshalb. Hinsichtlich der dieser Verurteilung zugrunde gelegten Feststellungen nahm es auf den Strafbefehl des Amtsgerichts D vom 10. Dezember 2001 Bezug, in dem ausgeführt wurde:
„... indem Sie für eine nicht näher bekannte in Aussicht genommene Entlohnung in einem von Ihnen…angemieteten Kleintransporter mit den amtlichen Kennzeichen ....... für den gesondert verfolgten X insgesamt 2.400 Stangen à 200 Zigaretten der Marke ,.....' transportierten, die, wie Sie wussten, geschmuggelt, mithin untersteuert und unverzollt…und unmittelbar zuvor zum Zweck des gewinnbringenden Weiterverkaufs von Z bzw. von Y erworben worden waren, um sie zu einem für den Erwerber sicheren Aufbewahrungsort zu transportieren...”
Das beklagte Hauptzollamt setzte mit Einspruchsentscheidung vom 29. März 2006 die Einfuhrabgaben auf 2.400 EUR Zoll, 7.200 EUR Tabaksteuer und 2.000 EUR Einfuhrumsatzsteuer neu fest. Zur Begründung führte es aus: Nach den vom Amtsgericht D getroffenen Feststellungen habe der Kläger die 480.000 Stück unverzollter und unversteuerter Zigaretten im Besitz gehabt. Er habe die strafgerichtlichen Feststellungen nicht substantiiert bestritten und keine entsprechenden Beweisanträge gestellt. Im Rahmen des der Finanzbehörde zustehenden Ermessens bei der Inanspruchnahme mehrerer Gesamtschuldner sei es angemessen, die Einfuhrabgaben auf 20 v.H. der ursprünglich festgesetzten Abgaben herabzusetzen. Der Tatbeitrag des Klägers habe lediglich darin bestanden, einen Kleintransporter anzumieten und die Zigaretten darin zu befördern.
Der Kläger hat am 7. April 2006 Klage erhoben, mit der er vorträgt: Er habe die Zigaretten nicht im Besitz gehabt, weil er nicht gewusst habe, womit der Kleintransporter beladen worden sei. Er sei mit dem Transporter bis vor di...