Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtweitergabe von Nebenkosten
Leitsatz (redaktionell)
- Überlässt der Arbeitgeber durch Nichtweitergabe von Nebenkosten Wohnungen in nicht unerheblichem Umfang auch an Betriebsfremde zu einem niedrigeren als dem ortsüblichen Mietpreis, so ist das ein Indiz für einen fehlenden Veranlassungszusammenhang der Verbilligung mit dem Dienstverhältnis.
- Ein deutlich unter 10 Prozent liegender Anteil an fremdvermieteten Objekten reicht hierfür nicht aus.
- In den Fremdvergleich sind nicht nur die in einem aktiven Beschäftigungsverhältnis stehenden Personen, sondern auch ehemalige Arbeitnehmer/Rentner und die im Todesfall das Mietverhältnis fortsetzenden Ehegatten einzubeziehen.
- § 177 AO ist auch auf einen Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid anwendbar, der einen in der ursprünglichen Lohnsteueranmeldung nicht erfassten Sachverhalt aufgreift.
- Umlagen an eine Zusatzversorgungskasse, die dem Arbeitnehmer einen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen die Kasse verschaffen, führen im Zahlungszeitpunkt zu Arbeitslohn (Anschluss an BFH-Urteil vom 7. Mai 2009 - VI R 8/07, BFH/NV 2009, 1504). Ein Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf das zu dieser Frage anhängige Revisionsverfahren VI R 36/09 ist nicht geboten.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2, § 19 Abs. 1 S. 1, § 24 Nr. 2, § 40 Abs. 1 Nr. 2; LStR 2003 R 31 Abs. 6 S. 6; AO § 177 Abs. 1
Streitjahr(e)
2001, 2002, 2003, 2004, 2005
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob ein nachzuversteuernder geldwerter Vorteil vorliegt und ob gezahlte Lohnsteuer auf die Umlage an die rheinische Zusatzversorgungskasse auf 0 Euro herabzusetzen ist.
Der Kläger ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Im Jahr 2005 fand bei ihm eine Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 1. Januar 2001 bis 28. Februar 2005 statt.
Wegen der Prüfungsfeststellungen wird auf den Prüfungsbericht vom 9. September 2005 des Finanzamtes A-Stadt Bezug genommen, der sich in der Lohnsteueraußenprüfungsakte befindet. Laut Textziffer 9 des Berichtes verfügte der Kläger über eine größere Anzahl von Wohnungen, die überwiegend an Arbeitnehmer des Klägers vermietet wurden. Zur Überprüfung der ortsüblichen Miete wird turnusmäßig ein öffentlich bestellter Gutachter beauftragt. Die Gutachten werden zeitnah ausgewertet und die dabei festgestellten Mietwerte ordnungsgemäß angepasst. Die Nebenleistungen sind in den Gutachten nicht berücksichtigt. Die meisten Nebenleistungen werden als Vorauszahlungen auf die Mieter umgelegt, teilweise werden die Kosten auch direkt vom Mieter an das Versorgungsunternehmen gezahlt.
Die Außenprüfung stellte unter anderem fest, dass die Kosten für Hausversicherungen, Grundsteuer und Straßenreinigung nur bei Mietverhältnissen erhoben und abgerechnet wurden, die ab 2005 mit Arbeitnehmern neu abgeschlossen wurden.
Die Außenprüfung sah hierin geldwerte Vorteile bei den Mietern von Dienstwohnungen und den anderen Arbeitnehmern des Klägers. Die Prüferin errechnete einen nachzuversteuernden Vorteil von 50.855,20 Euro. Da der Kläger im Laufe der Prüfung einen Antrag auf Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG gestellt hatte, berechnete sie die nachzufordernde Lohnsteuer mit einem zwischen den Beteiligten unstreitigen pauschalen Nettosteuersatz von 46,1 %. Dem folgend erließ der Beklagte mit Datum vom 21. September 2005 unter Auswertung der anderen nicht strittigen Prüfungsfeststellungen einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid. Die laut vorstehendem Sachverhalt nachzufordernden Lohnsteuerbeträge in Höhe von 23.444,25 Euro nebst 1.289,43 Euro für Solidaritätszuschlag, 895,05 Euro für ev. Kirchensteuer und 383,59 Euro für rk. Kirchensteuer wurden mit dem Nachforderungsbescheid geltend gemacht. Unter Berücksichtigung der übrigen nicht angegriffenen Prüfungsfeststellungen beläuft sich die Nachforderung insgesamt auf 43.269,99 Euro Lohnsteuer, 2.379,84 Euro Solidaritätszuschlag, 1.829,06 Euro evangelische Kirchensteuer und 783,90 Euro römisch-katholische Kirchensteuer.
In dem Bescheid vom 21. September 2005 hat der Beklagte außerdem für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis 28. Februar 2005 den Vorbehalt der Nachprüfung für die abgegebenen Lohnsteueranmeldungen des Klägers aufgehoben.
Der Kläger legte gegen den Bescheid rechtzeitig Einspruch ein.
Das Einspruchsschreiben vom 21. Oktober 2005 des Klägers lautet wie folgt:
„Einspruch gegen den Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer vom 21.09.2005, erhalten am 22.09.2005
Sehr geehrte Damen und Herren,
gegen den o.g. Haftungs- und Nachforderungsbescheid für den Prüfzeitraum 01.01.2001 bis 28.02.2005 legen wir zunächst zur Fristwahrung Einspruch ein. Eine Begründung werden wir ggf. nachreichen.
Mit freundlichen Grüßen
i.V. „neutralisierter Name”
Auf Nachfrage des Beklagten bestätigte der Kläger mit Schreiben vom 20. Oktober 2006 seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten, dass sein Einspruch lediglich den Nachforderungsteil des Bescheides betreffe und zwar in Bezug au...