Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollwert: Einfuhrabgaben für passive Veredelungserzeugnisse – Hinzurechnung der Beförderungskosten
Leitsatz (redaktionell)
Die Einfuhrabgaben für passive Veredelungserzeugnisse sind auch unter Geltung des Art. 86 Abs. 5 UZK unter Hinzurechnung der Beförderungskosten für die eingeführten Veredelungserzeugnisse zum Zollwert zu ermitteln.
Normenkette
UZK Art. 5 Nr. 37, Art. 70 Abs. 1, Art. 71 Abs. 1 Buchst. e Ziff. i, Art. 74 Abs. 1 Unterabs. 1, Art. 86 Abs. 5; UZK-DelVO Art. 75; Gatt-Zollwert-Kodex 1994 Art. 8 Abs. 1; ZK Art. 153 Unterabs. 1; ZKDV Art. 591 Unterabs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Das beklagte Hauptzollamt bewilligte der Klägerin einen passiven Veredelungsverkehr.
Die Klägerin vertrat nach dem Beginn der vollständigen Anwendbarkeit der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (Unionszollkodex - UZK -) die Auffassung, dass die Einfuhrabgabenbeträge für Veredelungserzeugnisse nicht mehr unter Hinzurechnung der Beförderungskosten zu ermitteln seien. Das beklagte Hauptzollamt widersprach dieser Auffassung und bat die Klägerin, die seit dem 1. Mai 2016 nicht berücksichtigten Beförderungskosten nachträglich anzumelden. Demgemäß meldete die Klägerin mit Schreiben vom 5. Juli 2017 nachträglich Beförderungskosten für eingeführte Veredelungserzeugnisse von 86.533,01 € an. Daraufhin setzte das beklagte Hauptzollamt mit Bescheid vom 22. August 2017 für in dem Zeitraum vom 25. April bis zum 5. Juli 2017 zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldete Veredelungserzeugnisse 15.467,16 € Zoll fest.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch trug die Klägerin vor: Bis zum 30. April 2016 habe sich aus der Verweisung in Art. 591 Unterabs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZKDVO) auf die Art. 29 bis 35 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Zollkodex - ZK -) ergeben, dass Beförderungskosten im Rahmen der Mehrwertmethode dem Zollwert der Veredelungserzeugnisse hinzuzurechnen gewesen seien. Im Gegensatz hierzu enthalte Art. 86 Abs. 5 UZK keine Verweisung auf die Art. 70 ff. UZK. Eine Verbindung zu den Hinzurechnungstatbeständen des Art. 71 UZK gebe es deshalb nicht. Nach Art. 86 Abs. 5 UZK komme es nur noch auf die Kosten für den außerhalb des Zollgebiets der Union vorgenommenen Veredelungsvorgang an. Die Beförderung der Veredelungserzeugnisse gehöre gemäß Art. 5 Nr. 37 UZK nicht zu dem Veredelungsvorgang.
Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 9. August 2018 zurück und führte aus: Der Zollwert für Veredelungserzeugnisse sei nach Art. 70 UZK zu ermitteln. Dabei trete das Veredelungsentgelt nach Art. 86 Abs. 5 UZK lediglich an die Stelle des tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises, weil es diesen bei Veredelungsvorgängen nicht gebe. Nach Art. 86 Abs. 5 UZK sei das Veredelungsentgelt nur die Grundlage für die Bemessung des Einfuhrabgabenbetrags und nicht der Zollwert selbst. Der Zollwert müsse den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert einer Ware widerspiegeln und alle Elemente berücksichtigen, die einen wirtschaftlichen Wert hätten. Daher seien dem Veredelungsentgelt die in Art. 71 UZK genannten Aufwendungen und Kosten hinzuzurechnen. Die Auffassung der Klägerin führe dazu, dass sämtliche in Art. 71 UZK genannte Aufwendungen und Kosten nicht mehr dem Veredelungsentgelt hinzugerechnet werden dürften. Dies widerspreche Art. 8 Abs. 1 des Übereinkommens zur Durchführung des Art. VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (Gatt-Zollwert-Kodex 1994; ABl. EG vom 23. Dezember 1994 Nr. L 336/119).
Die Klägerin trägt mit ihrer Klage vor: Art. 86 Abs. 5 UZK enthalte im Gegensatz zu Art. 591 Unterabs. 3 ZKDVO keine klare und eindeutige Regelung des Inhalts mehr, dass Beförderungskosten dem Veredelungsentgelt hinzuzurechnen seien. Anders als in Art. 86 Abs. 1 und 3 UZK werde in Art. 86 Abs. 5 UZK nicht der Begriff des Zollwerts verwendet und damit keine Verbindung zu den Art. 69 ff. UZK hergestellt. Aus Art. 75 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom 28. Juli 2015 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union (UZK-DelVO) ergebe sich nichts Abweichendes, weil es sich hierbei um eine Sonderregelung für besondere Einfuhrabgaben handele. Die deutsche Zollverwaltung vertrete zudem selbst die Auffassung, dass der Wert von Beistellungen nicht gemäß Art. 71 Abs. 1 Buchstabe b Ziff. i UZK dem Veredelungsentgelt hinzuzurechnen seien. Im Übrigen seien nach Art. 153 Unterabs. 1 ZK in den Fällen der Ausbesserung von Waren der vorübergehenden Ausfuhr nur die Ausbesserung...