Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindungswirkung der gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
Leitsatz (redaktionell)
In der dem Betriebsstättenfinanzamt obliegenden gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) AO ist mit Bindungswirkung für die Einkommensteuerfestsetzung auch über die Anwendung der besonderen Steuersätze für Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen i.S.d. § 34b EStG zu entscheiden.
Normenkette
AO § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2b), § 182 Abs. 1 S. 1; EStG § 34b
Streitjahr(e)
2018
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger erzielte im Jahr 2018 (Streitjahr) u.a. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aus einem in Bundesland X belegenen Forstbetrieb. Das für die gesonderte Feststellung dieser Einkünfte zuständige Finanzamt A-Stadt erließ diesbezüglich am 24.07.2020 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2018. Festgestellt wurden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i.H.v. 118.226 Euro.
Der Beklagte übernahm diese Besteuerungsgrundlagen in den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 18.09.2020. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 23.09.2020 Einspruch ein. Den Einspruch begründete er damit, dass die besonderen Steuersätze für die Kalamitätsnutzung gemäß § 34b des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht angewendet worden seien. Von den Einkünften aus Forstwirtschaft seien 111.733,76 Euro aus windbruchbedingten Notverkäufen entstanden. Davon unterlägen 73,31 % dem halben Steuersatz und 26,69 % dem viertel Steuersatz.
Der Beklagte wies den Einspruch des Klägers mit Einspruchsentscheidung vom 03.12.2020 als unbegründet zurück. Es seien nur Einwendungen vorgetragen worden, die sich gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Einkünften richteten. Es handele sich hierbei um einen Grundlagenbescheid. In den angefochtenen Folgebescheid, den Einkommensteuerbescheid, würden die Beträge lediglich übertragen. Bei der Einkommensteuerfestsetzung im Folgebescheid seien Einwände gegen die Richtigkeit des Grundlagenbescheides ausgeschlossen.
Der Kläger verfolgt sein Begehren mit der am 16.12.2020 erhobenen Klage weiter.
Er trägt vor, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der besonderen Steuersätze gemäß § 34b EStG erfüllt seien, der Beklagte diese im angefochtenen Bescheid dennoch nicht anwende. Aus § 34b EStG ergebe sich nicht, dass sich die Erfüllung der Voraussetzungen aus einem Grundlagenbescheid ergeben müsse. Die Vorschrift sei durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1.11.2011 insgesamt neu gefasst worden, weshalb die BFH-Rechtsprechung aus der davor liegenden Zeit keine Relevanz mehr entfalte.
Die Prüfung und Ermittlung der Kalamitätsnutzungen obliege der zuständigen Finanzbehörde i.S.v. § 34b Abs. 4 Nr. 2 EStG. Dies sei der Forstsachverständige der Finanzverwaltung des Bundeslandes X, der beim Finanzamt B-Stadt zu erreichen sei. Dieser Behörde habe er die Schäden unverzüglich gemeldet. Dem Beklagten habe er die Angaben zu den Kalamitätsnutzungen und die darauf anzuwendenden Steuersätze bereits mit der Einreichung der Einkommensteuererklärung 2018 am 04.06.2020 mitgeteilt. Auch das Aktenzeichen des Klägers bei dem Forstsachverständigen liege dem Beklagten vor. Es sei nicht ersichtlich, warum das Ergebnis der Prüfung des Forstsachverständigen nicht direkt beim Wohnsitzfinanzamt verarbeitet werden und stattdessen noch den Umweg über das Finanzamt A-Stadt nehmen solle.
Der Beklagte habe die Einspruchsentscheidung nur mit § 180 der Abgabenordnung (AO) begründet, ohne dabei zwischen der einheitlichen und gesonderten Feststellung gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) AO und der einheitlichen und gesonderten Feststellung gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) AO zu differenzieren. Für ihn gelte der § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) AO. Der Beklagte hätte insofern nachfragen müssen. Während § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) AO nach dem Gesetzeswortlaut sowohl „Einkünfte” als auch „mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen” erfasse, beziehe sich § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) AO nur auf „Einkünfte”. Die Einkünfte seien vom Finanzamt A-Stadt auch zutreffend festgestellt worden, die Feststellung nach § 34b EStG sei als Besteuerungsgrundlage hingegen von § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) AO nicht erfasst.
Wegen des „Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens ab dem Veranlagungszeitraum 2017” habe er keine Kopie der Bescheinigung nach § 34b Abs. 4 EStG des Finanzamts B-Stadt eingereicht, sondern sie nur zur Vorlage bereitgehalten. Die Bearbeitung der Einkommensteuererklärung durch den Beklagten sei möglicherweise teilweise im Homeoffice des Sachbearbeiters erfolgt, woraus die fehlende Aufklärung resultieren könnte. Das „Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens ab dem Veranlagungszeitraum 2017” sowie die „Homeoffice-Anordnung” würden somit erheblich...