Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilwert einer 15 Jahre nach Anschaffung aus dem Betriebsvermögen entnommenen Eigentumswohnung; Teilwert; Eigentumswohnung; Verkehrswertschätzung; Sachwertverfahren; Bodenrichtwerte; Preisindex; Herstellungskosten; Wertminderung wegen Alters
Leitsatz (redaktionell)
- Der Teilwert einer 15 Jahre nach Anschaffung aus dem Betriebsvermögen entnommenen Eigentumswohnung deckt sich mit den Wiederbeschaffungskosten, die sich wiederum aus dem im Sachwertverfahren zu ermittelnden Verkehrswert ableiten lassen.
- Liegt keine ausreichende Zahl repräsentativer Vergleichswerte vor, sind für den Wert des Bodenanteils die ggfs. durch Zu- oder Abschläge anzupassenden Richtwerte des örtlichen Gutachterausschusses für Grundstsückswerte maßgebend.
- Bei der Ermittlung des Gebäudeswertes ist die Indexbasis für den Raummeterpreis ggfs. um den Umsatzsteueranteil und Baunebenkosten i. H. v. 15 % zu erhöhen.
- Eine Restnutzungsdauer der Wohnung von 86,5 Jahren rechtfertigt erfahrungsgemäß einen Wertabschlag wegen Alters von 8%.
Normenkette
FGO § 96 Abs. 1 S. 1; EStG 1986 § 4 Abs. 1 S. 2, § 5 Abs. 5, § 6 Abs. 1 S. 3, Abs. 1 Nr. 4 S. 1; WertV § 7 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1, §§ 14, 21 Abs. 2, §§ 22, 23 Abs. 1, § 24, WertR Anlage 23
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Teilwerts einer zum 30 November 1986 aus dem Betriebsvermögen entnommenen Eigentumswohnung
Die Klägerin war Inhaberin eines von ihrem am 19. November 1978 verstorbenen Ehemann übernommenen Groß- und Außenhandels mit Schmuck. Das Unternehmen wurde bis zum 9. November 1983 ausschließlich in den Räumen der Eigentumswohnung Nr. 33 in A-Stadt betrieben. Am 10. November 1983 eröffnete die Klägerin eine weitere Betriebsstätte in B-Stadt.
Bei der Wohnung Nr. 33 handelt es sich um eine von insgesamt sechs Wohnungen, die der Ehemann der Klägerin 1971 erworben hatte. Die Wohnung Nr. 33 ist 142,28 qm groß. Der für sie gezahlte Kaufpreis belief sich auf 328.700 DM. Die Wohnung war am 13. Juli 1973 bezugsfertig. Die Wohnungseigentumsrechte an den Wohnungen Nr. 30 (Größe: 52,51 qm; Kaufpreis: 126.200 DM) und Nr. 31 (Größe: 114,82 qm; Kaufpreis: 278.700 DM), zu denen je ein Stellplatz gehört, wurden nach dem Erwerb vereinigt; die Wohnungen wurden bis zum 31. Dezember 1980 zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Die Wohnung Nr. 30 wurde sodann vom 1. Januar 1983 an bis zum 30. November 1986 vermietet; die Wohnung Nr. 31 wurde weiterhin von der Klägerin bewohnt. Seit dem 1. Dezember 1986 diente die Wohnung Nr. 30 als Betriebsstätte für den Schmuckhandel. Die Wohnung Nr. 33 ist seit dem 15. Dezember 1986 fremdvermietet. Die 142,28 qm große Wohnung Nr, 54 hat die Klägerin durch Vertrag vom 14. Januar 1981 für 370.000 DM (einschließlich Garage) an Frau X verkauft.
Der Ehemann der Klägerin bezifferte die Anschaffungskosten für die Wohnung Nr, 33 einschließlich der Anschaffungsnebenkosten in einer Anlage zur Einkommensteuererklärung für 1973 (BP-Handakte BI. 28) auf 332.465,73 DM, die er in Höhe von 66.129 DM dem Bodenanteil und in Hohe von 266.336,73 DM dem Gebäudeanteil zuordnete. Der Buchwert des Gebäudeanteils belief sich nach der Bilanz zum 31. Dezember 1985 auf 199.305 DM. Anläßlich der Verlegung des Betriebs in die Wohnung Ni. 30 buchte die Klägerin den Bodenanteil sowie den Gebäudeanteil, dessen Buchwert sie unter Vornahme der Absetzung für Abnutzung bis zum 30. November 1986 (266.336,73 DM x 0,02 x 11/12 = 4.883 DM) mit einem Betrag von (199.305 DM ./. 4.883 DM =) 194.422 DM ermittelte, aus. Einen Entnahmegewinn erklärte sie nicht. Auf eine diesbezugliche Anfrage des Beklagten teilte sie mit Schreiben vom 20 Juni 1988 mit, daß die Wohnung bei der Entnahme mit dem Teilweit angesetzt worden sei. Der Buchwert in Hohe von 260.551 DM entspreche einem qm-Preis voll ca. 2.000 DM Dieser Wert entspreche den Verhältnissen auf dem Wohnungsmarkt
Der Beklagte setzte daraufhin im Einkommensteuerbescheid vom 19. Juli 1988 und im Gewerbesteuermeßbescheid den Gewinn aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß an. Beide Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Die Einkommensteuerfestsetzung erfolgte unter Hinweis auf eine noch ausstehende Wertermittlung durch den Bausachverständigen zusätzlich nach § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) teilweise vorläufig hinsichtlich der Entnahme und der Einlage der Wohnungen. Die Bescheide wurden nicht angefochten.
Der Beklagte begann aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 3. Februar 1992 im Jahr 1992 bei der Klägerin mit einer steuerlichen Betriebsprüfung für die Jahre 1988 bis 1990. Die Prüferin sah nach einem Aktenvermerk vom 30. März 1992 sämtliche Einheitswertakten für die Eigentumswohnungen im Haus in A-Stadt durch, um anhand von Mitteilungen zu Wohnungsverkäufen in den Jahren 1985 bis 1987 Vergleichspreise für die entnommene Wohnung zu ermitteln. Nach dem Vermerk ist es in diesem Zeitraum nichtzu Verkäufen gekommen (BP-Handakte Bl. 33). Hinsichtlich des Ergebnisses der Aktendurchsicht wird auf Bl. 34-36 der BP-Handakte Bezug genommen....