vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung: Abrisskosten eines Gebäudes als sofort abzugsfähige nachträgliche Werbungskosten – Konkludente Einschränkung eines Vorläufigkeitsvermerks auf die Frage der Einkunftserzielungsabsicht – Einschränkung der Vorläufigkeit durch den Erlass von Teilabhilfebescheiden
Leitsatz (redaktionell)
- Die erst sechs Jahre nach Erwerb wegen Unwirtschaftlichkeit der Renovierung angefallenen Abrisskosten und die AfaA auf den Restwert eines Gebäudes stellen keine sofort abzugsfähigen nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar, wenn das Gebäude bereits nach den ursprünglichen Plänen des Erwerbers unter weitestgehender Aufgabe der noch vorhandenen Bausubstanz so grundlegend umgestaltet und baulich verändert werden sollte, dass dies wirtschaftlich einem Abbruch und anschließenden Neubau gleich kommt (vgl. BFH-Urteile vom 04.12.1984 IX R 5/79, BStBl II 1985, 208 und vom 15. 10.1996 IX R 2/93, BStBl II 1997, 325).
- Ein dem Wortlaut nach nur auf die Überschusserzielungsabsicht bezogener Vorläufigkeitsvermerk erstreckt sich auch auf die nachgelagerte Frage der Anerkennung derartiger Abrisskosten und AfaA als sofort abzugsfähige Werbungskosten, wenn für den Steuerpflichtigen nach den ihm bekannten Umständen hinreichend erkennbar war, dass das FA insoweit Ermittlungen und Nachprüfungen bis zur Klärung der Entscheidungserheblichkeit zurückzustellen wollte.
- Der Erlass von Teilabhilfebescheiden im Einspruchsverfahren führt unter diesen Umständen nicht dazu, dass sich die Reichweite des Vorläufigkeitsvermerks nur noch auf die Einkunftserzielungsabsicht erstreckt (Abgrenzung zu den Urteilen des FG Münster vom 27.03.2014 2 K 1208/12, DStR 2016, 242, und des FG Thüringen vom 14.06.2017 3 K 736/16 EFG 2017, 1233).
Normenkette
EStG § 7 Abs. 1 S. 7, Abs. 4 S. 3, § 9 Abs. 1 Sätze 1-2, 3 Nr. 7, § 11 Abs. 2 S. 1; AO § 165 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 1, § 367 Abs. 2 S. 2
Tatbestand
Die Kläger sind verheiratet, haben drei Kinder und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und Kapitalvermögen erklärten sie im Streitjahr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus zwei Grundstücken, u.a. dem hier streitigen gemischt genutzten Grundstück A in B.
Die beiden nebeneinander liegenden Grundstücke X und Y waren jeweils mit einem aneinander angrenzenden Gebäude bebaut.
Das Gebäude AX (Grundstücksgröße 300 qm) wurde 1875 errichtet und 1962 im EG mit einem Anbau versehen. Im Erdgeschoss (265qm = 80 qm + 185 qm Anbau) befand sich ein Ladenlokal; im 1. OG das dazugehörige Büro (80 qm). Im 2. OG befand sich eine Wohnung (80 qm). Das Dachgeschoss wurde im Jahr 1954 ebenfalls zu einer Wohnung ausgebaut (65 qm). Das Gebäude AY (Grundstücksgröße 206 qm) wurde vor 1895 errichtet. Im Erdgeschoss befand sich ein Ladenlokal (rd. 60 qm), im 1. OG eine (71 qm) und im 2. OG zwei Wohnungen (47 und 33 qm); 1962 wurde das Dachgeschoss zu einer weiteren Wohnung (70 qm) ausgebaut.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 15. März 2005 erwarb der Kläger die beiden Grundstücke zu einem Kaufpreis von insgesamt 330.000 €. Übergang von Nutzen und Lasten erfolgte mit Kaufpreiszahlung am 10. Mai 2005. Zu dieser Zeit standen beide Ladenlokale und das Büro in Haus X bereits längere Zeit leer. Im Haus X war bis Mai 2005 noch eine Wohnung vermietet; in Haus Y waren zwei der vier Wohnungen vermietet - eine bis April 2006 und eine bis Dezember 2008.
Der Kläger begann nach dem Erwerb des Grundstücks bereits mit der Durchführung genehmigungsfreier Sanierungsarbeiten an den Gebäuden.
Am 1. Juli 2005 wurde durch das damals zuständige Finanzamt () für Zwecke der Einheitsbewertung auf Antrag des Klägers eine Ortsbesichtigung des Grundstücks AX unter Anwesenheit des Klägers durchgeführt, nachdem dieser mitgeteilt hatte, eine Ladenfläche iHv 265 qm gebe es nicht mehr.
Dabei wurde lt. einem Aktenvermerk des FA über die Ortsbesichtigung (in Einheitswertakte des FA) festgestellt, dass das Ladenlokal () „nicht mehr vorhanden” gewesen sei; Innenausstattung, Heizung, sanitäre Anlagen seien entfernt worden. Die Räume befänden sich in einem schlechten Zustand und seien höchstens als Lager zu benutzen. Der Eigentümer habe vor, den hinteren Anbau abzureißen, um dort Platz für neue PKW-Stellplätze zu schaffen. Der vordere Teil des Gebäudes solle die Zufahrt zu den Stellplätzen werden. Die früheren Schaufenster seien bereits entfernt und durch ein Rolltor - spätere Toreinfahrt - ersetzt worden. Die Büroräume im 1. OG stünden leer und seien ebenfalls in einem schlechten Zustand. Sie sollten später zu Wohnraum umgebaut werden.
Im Juni 2006 fand eine Baustellenbegehung A durch einen Mitarbeiter des Bauamtes der Stadt () statt (Vermerk und Fotos in Bauakte der Stadt). Hierbei wurde festgestellt, dass in allen Geschossen die Fußbodenbretter von den Holzbalkendecken entfernt worden seien. In einem ...