Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorliegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG bei ausschließlicher grundsteuerlicher Begünstigung jüdischer Kultusgemeinden
Leitsatz (redaktionell)
- Einem der islamischen Religionsausübung dienenden Verein steht ohne eine Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechtes (KöR) die Grundsteuerbefreiung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 GrStG nicht zu.
- Die weder auslegungs- noch analogiefähige Privilegierung der jüdischen Kultusgemeinden in Bezug auf die Anerkennung als KöR durch § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 GrStG ist als sachgerechte Differenzierung verfassungsgemäß.
- Die im Übrigen geltende Beschränkung steuerlicher Privilegierungen auf in der Rechtsform einer KöR verfasste Religionsgesellschaften würde nur dann den Gleichheitssatz verletzen, wenn es anderen Religionsgesellschaften in unzumutbarer Weise erschwert würde, diesen Status zu erlangen, obwohl sie die materiellen Voraussetzungen hierfür erfüllen. Dafür bestehen keine Anhaltspunkte.
- Die Befreiung von der Grundsteuer kann auch durch Anfechtung des Einheitswertbescheides geltend gemacht werden, sofern die Finanzbehörde nicht ausdrücklich die Entscheidung über grundsteuerrechtliche Fragen dem Steuermessbetragsverfahren vorbehalten hat.
Normenkette
GrStG § 3 Abs. 1 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1, 3 S. 1, Art. 140; WRV Art. 137 Abs. 5 S. 2; AO § 184 Abs. 1
Streitjahr(e)
2004
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, der den in Deutschland lebenden oder sich in Deutschland aufhaltenden Menschen islamischen Glaubens die Möglichkeit zu ihrer Religionsausübung gibt.
...
Der Kläger erwarb durch notariell beurkundeten Kaufvertrag…die mit einer Gaststätte bebauten Grundstücke…in…und stellte zeitnah einen Antrag auf…Nutzungsänderung der vorhandenen Gebäude.
Am 27. Juni 2004 fragte der Kläger beim Beklagten an, ob Grundsteuer für die Vereinsräume erhoben würde. Zuvor hatte der Beklagte aufgrund der im August 2003 eingereichten Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts beim zuständigen Finanzamt…angefragt und die Auskunft erhalten, dass der Kläger als gemeinnützig anerkannt sei. Am 9. August 2004 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass der Grundbesitz gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 Grundsteuergesetz (GrStG) von der Grundsteuer befreit sei.
Mittels einer Kontrollmitteilung vom 27. Oktober 2006 setzte das Finanzamt…den Beklagten davon in Kenntnis, dass dem Kläger auf Grund der Ergebnisse einer Betriebsprüfung/Fahndungsprüfung die Gemeinnützigkeit rückwirkend ab 1997 aberkannt worden sei. Die Tatsachen, die zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit geführt haben, sind zwischen den Beteiligten unstreitig.
...
Der Beklagte erließ am 12. November 2007 einen Einheitswertbescheid, Nachfeststellung auf den 1. Januar 2003, in dem er den Einheitswert für ein unbebautes Grundstück…mit…EUR feststellte und dem Kläger zurechnete. Aufgrund der 2002 begonnenen und 2003 abgeschlossenen Baumaßnahmen erließ der Beklagte am 28. November 2007 einen weiteren Einheitswertbescheid, Wert- und Artfortschreibung auf den 1. Januar 2004. Darin stellte er für das Geschäftsgrundstück einen Einheitswert in Höhe von…EUR fest. Wegen der Einzelheiten der Ermittlung wird auf die Anlage zum Einheitswertbescheid und den in den Steuerakten des Beklagten abgehefteten Einheitswertbescheid Bezug genommen. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen den Wert- und Artfortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 2004 hat der Kläger Klage erhoben und trägt vor:
Der angefochtene Einheitswertbescheid hätte nicht erlassen werden dürfen, weil beim Erlass dieses Bescheids bereits Feststellungsverjährung eingetreten gewesen sei. Die regelmäßige Feststellungsfrist betrage vier Jahre und sei im Zeitpunkt des Erlasses bereits abgelaufen gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass hinsichtlich der Grundsteuer eine Steuerhinterziehung begangen worden sei und die Feststellungsfrist deshalb zehn Jahre betrage, lägen nicht vor. Aus der Kontrollmitteilung des für die Körperschaftsteuer zuständigen Finanzamtes…könne nur entnommen werden, dass ihm, dem Kläger, rückwirkend ab 1997 die Gemeinnützigkeit aberkannt worden sei. Eine Grundsteuerhinterziehung könne ihm nicht zu Last gelegt werden. Es fehle diesbezüglich an dem für die Steuerhinterziehung durch Unterlassen erforderlichen Vorsatz der verantwortlichen Personen.
Darüber hinaus sei ungeachtet der aberkannten Gemeinnützigkeit und der daher nicht mehr anzuwendenden Grundsteuerbefreiung gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 b GrStG zu seinen Gunsten die Grundsteuerbefreiung gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 i.V. mit Satz 2 GrStG im Wege der verfassungskonformen Auslegung anwendbar. Nach dieser Norm sei der Grundbesitz, der von einer Religionsgesellschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts sei, einem ihrer Orden, einer religiösen Genossenschaft oder einem ihrer Verbände für Zwecke der religiöse...