Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitsbewertung eines Grundstücks im Sachwertverfahren: Wertminderung wegen Fluglärm – Gebäudenormalherstellungswert eines Grundstücks in Flughafennähe – Terminverlegung wegen Corona-Pandemie
Leitsatz (redaktionell)
- Bei der Einheitsbewertung im Sachwertverfahren wird die Wertminderung eines in der Tag-Schutzzone 2 eines Flughafens [Lärmbelastung über 60 dB(A) bis 65 dB(A)] belegenen Grundstücks durch die Gewährung eines Abschlags von 5 % sachgerecht erfasst.
- Die Ermittlung des Gebäudenormalherstellungswerts auf der Grundlage von durchschnittlichen Herstellungskosten wird durch die Lage des Grundstücks in Flughafennähe nicht beeinflusst.
- Die erst am Sitzungstag vorgebrachte Sorge vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus wegen der Zugehörigkeit zu einer nach dem Lebensalter abgegrenzten Risikogruppe rechtfertigt keine Terminverlegung.
Normenkette
BewG § 85 Sätze 1, 4, § 88 Abs. 1-2; FluLärmG § 4; FGO § 91 Abs. 2, § 155 S. 1; ZPO § 227 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind Miteigentümer des Grundstücks A-Straße in Düsseldorf.... Das Grundstück liegt innerhalb der für die Umgebung des Düsseldorfer Flughafens nach den §§ 2 und 4 i.V.m. Anlage 2 der Fluglärmschutzverordnung Düsseldorf (FluLärmDüsseldV) vom 25.10.2011 festgesetzten Tag-Schutzzone 2. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (FluLärmG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.10.2007 übersteigt dort der durch Fluglärm hervorgerufene äquivalente Dauerschallpegel L(tief)Aeq den Wert von 60 dB(A), nicht aber den Wert von 65 dB(A). Nach Abriss des alten Einfamilienhauses errichteten die Kläger im Jahr 2012 ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung, Schwimmbad (im Keller), Sauna und zwei Garagen.
In ihrer Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts auf den 01.01.2013 gaben die Kläger an, der Fluglärm sei seit Baubeginn massiv gestiegen. Wegen des Lärms und aufgrund von Kerosinausdünstungen sei eine Benutzung des Gartens praktisch unmöglich. Lärmschutzmaßnahmen hätten die Baukosten erheblich erhöht. Weiter erklärten sie, die Wasserfläche des Schwimmbads betrage 36 m2. Sie übersandten einen Grundriss, in dem die Seitenlängen des Beckens mit 4 m und 10 m ausgewiesen waren.
Im Rahmen einer Ortsbesichtigung traf der Beklagte (das Finanzamt --FA--) zur Ermittlung des Raummeterpreises auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.1964 für die Bewertung des Einfamilienhauses im Sachwertverfahren folgende Feststellungen: Die Ausführung des Daches rechtfertige einen Raummeterpreis von bis zu 25,20 DM (Massivflachdach mit mehreren Isolierungen; ...); anzusetzen seien 18,90 DM. Die Ausführung der Fassade…sei mit 12,60 DM zu berücksichtigen. Die Ausführung des Außenmauerwerks rechtfertige einen Raummeterpreis von bis zu 30,80 DM ...; anzusetzen seien 23,10 DM. Für die Ausführung des Innenmauerwerks einschließlich des Putzes könne ein Raummeterpreis von bis zu 22,40 DM (Ziegelsteine in der Hauptsache 24 cm, Gipsputz) angesetzt werden; zu berücksichtigen seien 17,85 DM. Für den Kellerausbau seien 10 % des Gesamtraummeterpreises (mehrere Räume ausgebaut als Wohnräume oder gut ausgestattete Bar und dergleichen) in Ansatz zu bringen. Zudem sei der Einheitswert aufgrund eines 40 m2 großen Schwimmbeckens im Gebäude um 40.000 DM (40 m2 x 1.000 DM) zu erhöhen. Die Außenanlagen seien pauschal mit 3 % des Gesamtgebäudewerts zu berücksichtigen.
Mit Bescheid vom 29.10.2014 stellte das FA den Einheitswert (Art- und Wertfortschreibung) auf den 01.01.2013 für die wirtschaftliche Einheit der Kläger im Sachwertverfahren mit 321.449 € (628.700 DM) fest. Dabei berücksichtigte es einen Abschlag vom Gebäudewert wegen der Lage von 5 % (33.498 DM) und einen Zuschlag für das Schwimmbecken i.H.v. 40.000 DM. Den Gesamtwert der Außenanlagen ermittelte es mit 19.093 DM (3 % des bereits wegen der Lage geminderten Gesamtgebäudewerts). Auf das Ergebnis der Ortsbesichtigung wurde Bezug genommen.
Mit Bescheid vom gleichen Tag setzte das FA den Grundsteuermessbetrag auf den 01.01.2013 mit 1.090,55 € fest.
Mit Einsprüchen machten die Kläger u.a. geltend, der Abschlag von 5 % wegen der Lage reflektiere nicht annähernd die Wertminderung durch den Fluglärm, die Kerosinausdünstungen und die sonstigen mit dem Flugverkehr verbundenen Belastungen. Bei einem Verkauf der Immobilie könnten allenfalls 70 % der Anschaffungs- und Herstellungskosten erzielt werden. In den letzten Jahren seien die Flugrouten geändert worden und hätten die Flugbewegungen zugenommen. Zudem sei eine Erweiterung der Kapazität des Flughafens geplant. Schon heute sei es praktisch unmöglich, sich ohne massive Gesundheitsbeeinträchtigung im Garten aufzuhalten. Das Öffnen der Fenster müsse nach Möglichkeit vermieden werden. Der Abschlag wegen der Lage sei daher mit mindestens 30 % zu bemessen. Bei der heutigen Lärmbelästigung handele es sich um einen tatsächlichen Umstand, der ungeachtet der Maßgeblichkeit der Wertverhältnisse...